Interview: Die Transparenzdatenbank ist ein Waterloo

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Werner Muhm, Steuerexperte und bis 2016 Direktor der AK Wien, über den Strukturwandel in der Landwirtschaft, hypertrophe Förderungen, fleißige Bauern und moderne AgrarunternehmerInnen.

Gibt es in der EU eigentlich potenzielle Partner, die ähnliche Interessen wie Österreich verfolgen?

Das ist ein schwieriges Feld. Franz Fischler hat sich ja sehr für die biologische Landwirtschaft engagiert. Doch die ist in manchen Ländern nicht sehr beliebt. Eine wichtige Strategie ist die Entwicklung des ländlichen Raumes, von diesen Geldern ging ja lange Zeit in Österreich sehr viel in die Landwirtschaft. Die AK war aber immer der Ansicht, dass diese Mittel für den Ausbau von Infrastruktur, den Tourismus oder für Gewerbebetriebe verwendet werden sollten, um die ländliche Entwicklung voranzutreiben und auch Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft zu schaffen. Hier gibt es auch bereits Erfolge, etwa in Oberösterreich, wo viele Mittelbetriebe angesiedelt sind.

Das Landwirtschaftsministerium veröffentlicht jedes Jahr den Grünen Bericht. Wie ist Ihre Stellungnahme zum aktuellen Bericht, der Anfang Herbst veröffentlicht wurde?

Die Einkommen in der Landwirtschaft sind 2016 um mehr als 13 Prozent gestiegen, aber da muss man fairerweise auch dazusagen, dass es die drei Jahre davor Rückgänge gab. In der Landwirtschaft, die so sehr vom Wetter abhängig ist, muss man immer den Durchschnitt von mehreren Jahren berechnen. Die größeren Vollerwerbsbetriebe haben in Österreich schon ein gutes Auskommen, daher sollten sie auch entsprechend Steuer zahlen.

Foto (C) Michael Mazohl
„Interessant ist zum Beispiel, dass bei der Diskussion über die Pflichtmitgliedschaft bisher die Landwirtschaftskammern nicht erwähnt wurden, obwohl dorthin auch einiges Geld aus dem Budget fließt.“

Und die Transparenzdatenbank, wird sie irgendwann ihren Zweck erfüllen?

An sich könnte man auch aus dem recht umfangreichen Grünen Bericht einiges herauslesen. Doch manches bleibt nach wie vor wenig transparent. Interessant ist zum Beispiel, dass bei der Diskussion über die Pflichtmitgliedschaft bisher die Landwirtschaftskammern nicht erwähnt wurden, obwohl dorthin auch einiges Geld aus dem Budget fließt. Manche sprechen davon, dass bis zu 40 Prozent des Budgets der neun Landwirtschaftskammern und der Landwirtschaftskammer Österreich aus öffentlichen Geldern stammen!

Sonst kann ich dem Rechnungshof nur Recht geben, die Transparenzdatenbank hat soviel ich weiß einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet und ist ein wahres Waterloo. Dabei wäre es durchaus wichtig, dass man weiß, wofür Gelder aufgewendet werden, wo es Doppelförderungen und Ähnliches gibt.

Wenn Sie für die Zukunft ein Bild der idealen Landwirtschaft entwerfen könnten, wie sähe das aus?

Bei aller Kritik, dass Veränderungen nur langsam möglich sind, muss man doch konstatieren, dass der heimische Agrarsektor im Großen und Ganzen gut aufgestellt ist. Anlässlich des EU-Beitritts gab es ja doch massive Befürchtungen, dass unsere landwirtschaftlichen Produkte, aber etwa auch die Weinbauern von der internationalen Konkurrenz überrollt würden. Tatsächlich sieht man sogar, dass es durch die gestiegenen Betriebsgrößen heute wieder mehr unselbstständig Beschäftigte in der Landwirtschaft gibt. Derzeit sind es mehr als 72.000, Tendenz steigend. Ich glaube daher, man muss weiterhin auf Spezialisierung, Nachhaltigkeit und hohe Qualität setzen.

Um die Landwirte vor existenzbedrohenden Problemen in Zusammenhang mit der Klimaveränderung zu schützen, wäre eine Regelung nach dem Prinzip der Hagelversicherung zu überlegen. Die Finanzierung solcher Neuerungen dürfte natürlich nicht additiv erfolgen, sondern durch Umschichtung der vorhandenen Mittel. Und Förderungen sollten verstärkt dafür eingesetzt werden, um den Strukturwandel zu begleiten. Was in nächster Zeit auch ein großes Thema sein wird, ist die erneuerbare Energie und das Zurückfahren der hypertrophen Förderung von Biomasse.

Als Arbeiterkammer liegt uns sehr wohl an einer funktionierenden Landwirtschaft und daran, dass die nachgeordneten Betriebe florieren. Auch hier gibt es einige tolle Beispiele, wenn ich etwa daran denke, wie kleinstrukturiert früher die Mühlen in Österreich waren – jetzt gibt es hier einen beachtlichen Konzern. Die Zuckerindustrie ist mit der Agrana ebenfalls sehr gut unterwegs, auch die Weinwirtschaft. Und sogar die nach wie vor kleinstrukturierte Molkereiwirtschaft schlägt sich sehr gut auf dem internationalen Markt.

Das Interview führte
Astrid Fadler

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 9/17.

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