Hintergrund: Flexibilisierung gescheitert, Sozialpartnerschaft lebt

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Die große Lösung bei der Arbeitszeit gibt es vorerst nicht, denn sie müsste den ArbeitnehmerInnen mehr Selbstbestimmung und Planbarkeit bringen.

Beschäftigte müssen profitieren

Seit 1997 definiert das Gesetz also den Normalzustand, erlaubt aber den Kollektivvertragspartnern – und nur diesen – weitgehende Flexibilisierung. Für diese Flexibilisierung definiert das Gesetz aber selbstverständlich ein Höchstausmaß, damit die Beschäftigten vor Ausbeutung geschützt werden: im Wesentlichen zehn Stunden am Tag, 48 Stunden pro Woche, Durchrechnungszeitraum maximal ein Jahr. Damit können beispielsweise Industriebetriebe mit schwankenden Auftragslagen oder saisonalen Schwankungen mit konstantem Beschäftigungsstand die Aufträge abarbeiten. So wird verhindert, dass Unternehmen bei saisonalen Schwankungen kurzfristig mehr Menschen einstellen, nur um sie bald wieder auf die Straße zu setzen, wenn weniger zu tun ist. Mit Mehrarbeit, wenn viel, und Zeitausgleich, wenn weniger zu tun ist, können die ArbeitnehmerInnen konstant beschäftigt bleiben, anstatt sie beim AMS zwischenzuparken. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass ArbeitnehmerInnen dann mehr arbeiten, wenn es für sie günstiger ist, und sich längere Freizeitphasen nehmen, wenn sie sie gerade brauchen.

Theoretisch klingt das wunderbar, nach einer Win-win-Situation. In der Praxis muss man aber die Rahmenbedingungen sehr genau definieren, denn sonst richtet sich die Arbeitszeit ausschließlich nach den Bedürfnissen des Arbeitgebers, und die einzige Auswirkung der Flexibilisierung für die ArbeitnehmerInnen wäre, dass sie nach Hause geschickt werden, wenn sie gerade gar keine Freizeit brauchen oder wollen – und dass sie am Monatsende weniger Geld bekommen, weil Überstundenentlohnung samt Zuschlägen wegfallen würden.

Daher ist der Ansatz, dass die Rahmenbedingungen für jede einzelne Branche auf Kollektivvertragsebene definiert werden, aus gewerkschaftlicher Sicht der richtige, weil flexibel auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber und der ArbeitnehmerInnen der Branche eingegangen werden kann. Trotzdem oder gerade deswegen kommen in regelmäßigen Abständen Einwände von der Arbeitgeberseite: Das Arbeitszeitrecht wäre viel zu unflexibel, zehn Stunden Tagesarbeitszeit wären viel zu wenig, und kollektivvertragliche Regelungen wären viel zu schwer auszuhandeln bzw. dort, wo sie bestehen, zu administrieren. Die Gewerkschaften haben diese Einwände immer ernst genommen, deshalb wurde 2007 auch die Möglichkeit geschaffen, in Ausnahmefällen sogar zwölf Stunden pro Tag zu arbeiten. Damit auch die Beschäftigten davon profitieren, sind diese überlangen Arbeitszeiten aber natürlich als Überstunden samt Zuschlägen zu bezahlen.

Foto (C) Michael Mazhol
DAS ARBEITS­ZEITGESETZ IST AUCH EIN SCHUTZGESETZ

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