Vermögensungleichheit in Österreich
Österreich steht in Europa an der Spitze in Sachen Vermögensungleichheit. Während die hundert reichsten Österreicher:innen zwischen 2020 und 2021 ihr Vermögen um 15 Prozent erhöht haben, sind 1,29 Millionen Menschen armutsgefährdet. Ohne Hilfen vom Sozialstaat können viele ihren Alltag nicht mehr finanzieren. Die Coronakrise und die extreme Inflation verstärken die Situation noch weiter. Lohnrunden, aktuell die Metaller KV-Verhandlungen 2022, sollen die Lage etwas entspann.

Dazu kommt, dass sich das Bild davon, wer zur Mittelschicht gehört, völlig verzerrt hat. Die Musterfamilie mit Haus, Garten, Auto und zwei Kindern gehört längst zum reichsten Drittel. Statistisch betrachtet besitzt die Mittelschicht ein Vermögen von gerade einmal 83.000 Euro. Das sind meist Rücklage für die Pension und ein Auto. Aber sicherlich kein Haus mit Garten. Wer zum reichsten Prozent gehört, besitzt im Schnitt 12,5 Millionen Euro. Also das 150-Fache des Durchschnitts. Die ärmsten 50 Prozent Österreichs – also die Hälfte aller Bürger:innen, um das zu betonen – hat keinerlei nennenswertes Vermögen.
Hat sich die Vermögensungleichheit verfestigt?
Bezieht man durch Schätzungen die Milliardär:innen in diese Rechnung mit ein, besitzen die reichsten 320 Menschen (!) genauso viel, wie die ärmsten 7,2 Millionen Menschen. Wobei diese Zahlen lediglich eine vorsichtige Schätzung sind. Denn während Menschen, die Hilfen vom Staat bekommen, alle Vermögenswerte bis ins kleinste Detail offenlegen müssen, genießen Überreiche sehr viel Diskretion. So ist vollkommen unklar, wie viel Vermögen diese Menschen tatsächlich haben.
Die Situation wird sich in Österreich in absehbarer Zeit nicht ändern. Dafür ist das System nicht gemacht. Vermögen generiert Vermögen. Wer Geld hat, kann eine Wohnung kaufen. Ohne Mietausgaben kann Geld in Aktion investiert werden. Wer Kapitalerträge hat, muss weniger Steuern zahlen als jemand, der sein Geld mit Arbeit verdient. Wer diese Sicherheiten hat, traut sich eher eine Firma zu gründen.
Öffentlicher Druck wächst: Vermögensungleichheit muss verringert werden
Auch fehlt es am politischen Willen und öffentlich Druck, die Vermögensverteilung in Österreich fairer zu gestalten. Denn wer viel Vermögen hat, kann sich politisch leichter Gehör verschaffen. „In Österreich verzichten im ökonomisch stärksten Drittel ihren Berechnungen zufolge nur 17 Prozent auf ihr Wahlrecht, im ökonomisch schwächsten Drittel sind es aber bereits 41 Prozent, die nicht zur Wahlurne gehen“, schreibt Hofmann. Dazu kommen Möglichkeiten wie Lobbying, Parteispenden und das Ausnutzen privater und beruflicher Netzwerke. Markus Marterbauer und Martin Schürz haben die Funktionsweise im Doppelinterview zusammengefasst.
Immerhin haben Coronakrise und Inflation zu einem Umdenken in der Gesellschaft geführt. „Über 80 Prozent der Bevölkerung empfinden die Unterschiede zwischen Arm und Reich mittlerweile als zu groß“, führt Hofmann aus. Längst wird auch vehement die Einführung einer Abgabe auf Übergewinne gefordert. Weitere Lösungen und Strategien soll die 4. Reichtumskonferenz liefern. Das ist auch im Sinne der Bürger. „Über 80 Prozent der Bevölkerung empfinden die Unterschiede zwischen Arm und Reich mittlerweile als zu groß“, schreibt Hofmann.
Weil heute #Vermögensungleichheit ein großes Thema ist (#Reichtumskonferenz) –> schaut euch doch mal diese Seite an, die darstellt, wie ungleich Vermögen in Österreich verteilt ist. #SoreichistÖsterreich #FAIRsteuern #SomussSozialstaat https://t.co/1mktGQHxmb
— AK Österreich (@Arbeiterkammer) October 17, 2022
Konkrete Lösungen gegen die Vermögensungleichheit
Auf der Reichtumskonferenz werden konkrete Lösungen für ganz spezifische Problemfelder diskutiert. Dazu gehören beispielsweise Medien, Wohnen, Umwelt, Bildung und Pflege. Für den Sozialstaat ist all das eine kritische Infrastruktur, deren Sicherheit aktuell durch private Investoren gefährdet wird. Hoffnung mache, „dass Ungleichheitsentwicklungen keineswegs naturgegeben sind“, schließt Hofmann. Sie seien immer das Ergebnis politischer Entscheidungen.
Österreich ist dafür das beste Beispiel. Hierzulande gab es bis zum Jahr 1994 bereits eine Erbschafts- und Vermögenssteuer. Die auf Vermögen wurde 1994 abgeschafft, die auf Erbschaften 2008. Seitdem speisen sich 80 Prozent der Staatseinnahmen aus Löhnen und Gehältern. Das bedeute, dass sich der Wohlstand auch gerechter verteilen lasse. Mit den passenden Wahlergebnissen und politischem Willen.