Coverstory: Das ist ja wohl das Mindeste

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Gerechte Entlohnung der untersten Einkommen kurbelt die Wirtschaft an. Der Mindestlohn ist kein Geschenk der Arbeitgeber, und es lohnt sich, dafür zu kämpfen.

Recht ohne Mascherl

Der Mindestlohn ist kein Geschenk, denn in der Regel schafft ein/e ArbeitnehmerIn einen größeren Wert, als er/sie Lohn und Sozialabgaben „kostet“. Doch die Wohlstandsverteilung wird immer ungerechter – besonders in den letzten Jahren ist die durchschnittliche Entlohnung bei Weitem langsamer als der durchschnittliche Produktivitätszuwachs gestiegen. AKOÖ-Expertin Csoka: „Ein adäquater Mindestlohn ist ein Baustein, der etwas an der ungerechten Verteilungsentwicklung ändern kann.“

Nach aktuellen Erhebungen der AK Oberösterreich arbeiteten im Jahr 2015 rund 316.500 Menschen das ganze Jahr über Vollzeit und verdienten dabei monatlich weniger als 1.700 Euro brutto. Die Mehrheit dieser Beschäftigten – 219.300 Menschen – erhielten sogar weniger als 1.500 Euro brutto. Dazu kommt, dass bei Weitem nicht alle Beschäftigten Vollzeit arbeiten: Nur knapp etwas mehr als die Hälfte aller österreichischen Erwerbstätigen übt das ganze Jahr hindurch einen Vollzeitberuf aus. Die anderen ArbeitnehmerInnen sind Teilzeit oder saisonal beschäftigt – vorsichtig hochgerechnet sind das weitere 300.000 Menschen, die weniger als zehn Euro brutto pro Stunde verdienen. In Summe würden daher mehr als 600.000 Beschäftigte von dem flächendeckenden Mindestlohn von 1.700 Euro profitieren. Geht es nach der Verdienst-Strukturerhebung der Statistik Austria, ist die Zahl der Betroffenen allerdings noch höher: Im Herbst 2014 haben ihr zufolge sogar 20 Prozent der Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Unternehmen mit zehn oder mehr ArbeitnehmerInnen maximal zehn Euro brutto pro Stunde verdient.

Eine leider allgemeingültige Tendenz lässt sich auch bei der Lohnuntergrenze feststellen: Frauen bekommen häufiger einen Niedriglohn als Männer. Während im Jahr 2015 österreichweit mehr als jede fünfte weibliche Vollzeitbeschäftigte (21,9 Prozent) monatlich weniger als 1.700 Euro brutto verdiente, war es bei den Männern rund jeder zehnte (10,4 Prozent). Bettina Csoka: „Ein höherer Mindestlohn ist nicht nur gerecht, er ist auch wichtig für die Gleichstellung.“

Mehr als die Hälfte aller ganzjährig Vollzeitbeschäftigten mit einem Monatseinkommen unter 1.700 Euro arbeitet entweder im Handel, in der Warenherstellung oder im Hotel- und Gastgewerbe. Die Branche mit der höchsten Prozentzahl an niedrig entlohnten ArbeitnehmerInnen – gemessen an allen Vollzeitbeschäftigten – ist das Hotel- und Gastgewerbe: Österreichweit verdiente 2015 mehr als jede/r zweite Vollzeitbeschäftigte (56 Prozent) in diesem Bereich weniger als 1.700 Euro monatlich. „Aber genau in diesen Branchen wird sehr hart gearbeitet“, hält Bettina Csoka fest. Die Anforderungen dieser Jobs gehen auch bei geringem Verdienst an die Substanz: langes Stehen, schweres Tragen, lange Arbeitszeiten, ständige Verfügbarkeit. Besonders im Dienstleistungsgewerbe ist noch dazu Freundlichkeit zu den KundInnen gefragt, auch wenn es privat schlecht geht.

Foto (C) Michael Mazohl
Der Mindestlohn sollte bei Vollzeitarbeit nicht nur das Existenzminimum sichern. Das meist hart verdiente Geld muss für ein würdiges Leben reichen und die Teilnahme am sozialen Leben ermöglichen. Doch mehr als 300.000 Menschen in Österreich, die Vollzeit arbeiten, verdienen weniger als 1.700 Euro brutto im Monat. Es ist höchste Zeit, dass sich da etwas ändert.

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