Coverstory: Das ist ja wohl das Mindeste

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Gerechte Entlohnung der untersten Einkommen kurbelt die Wirtschaft an. Der Mindestlohn ist kein Geschenk der Arbeitgeber, und es lohnt sich, dafür zu kämpfen.
In Österreich gibt es keinen gesetzlich verankerten Mindestlohn. Allerdings verfügen beinahe alle Branchen durch die Kollektivverträge de facto über Mindestlöhne, die nicht unterschritten werden dürfen. Damit die unteren Einkommensschichten faire Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben ohne Armut haben, besteht weiterhin Handlungsbedarf. Nun hat Bundeskanzler Christian Kern die Sozialpartner aufgefordert, den Mindestlohn (oder die Lohnuntergrenze) von 1.500 Euro in allen Branchen umzusetzen. Wenn sich die Sozialpartner nicht einigen, soll eine gesetzliche Lösung geschaffen werden, die es dem Sozialminister per Verordnung ermöglichen würde, den Mindestlohn von 1.500 Euro festzulegen.

Bloß kein Lohn-Stillstand

Den Mindestlohn in einem Gesetz verankern? Gewerkschaften und Arbeiterkammer lehnen dies ab (siehe dazu „Wir können’s besser!“). Durch die verpflichtende Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer gelten für Unternehmen die von ihrer Fachorganisation abgeschlossenen Kollektivverträge. Damit werden heute in Österreich rund 98 Prozent der Dienstverhältnisse von kollektivvertraglichen oder ähnlichen Regelungen erfasst. Um zu erreichen, dass der Mindestlohn für alle ArbeitnehmerInnen gilt, will der ÖGB eine Generalvereinbarung für schrittweise höhere Mindestlöhne mit der Wirtschaftskammer abschließen. Bereits im Jahr 2007 gab es die sogenannte Grundsatzvereinbarung. Alle kollektivvertraglichen Mindestlöhne wurden damals in einem Zeitraum von zwei Jahren auf mindestens 1.000 Euro pro Monat angehoben. Da die Arbeitgeber seither nicht mehr bereit waren, die Rahmenvereinbarung für einen nationalen Mindestlohn weiter anzupassen, ist der ÖGB wieder dazu übergegangen, eigene Zielvorgaben für eine Lohnuntergrenze zu formulieren und sie im Rahmen der Kollektivverträge auszuhandeln.

Ziel des ÖGB ist ein Mindestlohn von 1.700 Euro brutto, und zwar 14-mal im Jahr. Das würde einen Stundenlohn von knapp zehn Euro ergeben und soll ein Leben bei Vollzeitarbeit oberhalb der Armutsgrenze ermöglichen. Umgesetzt werden soll dieses Ziel schrittweise: Die erste Stufe soll dabei die Generalvereinbarung über 1.500 Euro Mindestlohn sein, die der ÖGB noch heuer mit der Wirtschaftskammer abschließen möchte. Mittelfristig soll dieser Wert auf 1.700 Euro steigen. Derzeit gilt in den meisten Kollektivverträgen bereits ein Mindestlohn von 1.500 Euro, die Generalvereinbarung soll garantieren, dass diese Lohnuntergrenze für alle ArbeitnehmerInnen gilt. Denn in manchen Branchen gibt es Nachholbedarf: Bei den FriseurInnen etwa wird der Mindestlohn für gelernte Kräfte erst 2019 auf 1.500 Euro angehoben, bei den Angelernten gilt dies erst ab dem Jahr 2020.

Karger Lohn trotz Vollzeit

„Nur in Ausnahmefällen sollte der Mindestlohn als absolute Untergrenze gelten. Eigentlich müsste sich das Lohnniveau aber in jedem Land am gesamten Wohlstands- und Produktivitätsniveau orientieren“, erklärt Bettina Csoka, Referentin in der Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik der AK Oberösterreich. Wer Vollzeit arbeitet, muss auch genug zum Leben haben. Der Mindestlohn sollte daher nicht nur das Existenzminimum sichern – er muss für ein würdiges Leben reichen und die Teilnahme am sozialen Leben ermöglichen. Noch gibt es in Österreich genug Menschen, die trotz Vollzeitarbeit ihr Alltagsleben gerade noch meistern können. Dieses Faktum bleibt nicht nur auf das Arbeitsleben beschränkt, es setzt sich im Alter fort: Wer in seiner Arbeit nur wenig verdient und daher wenig in die Sozialversicherung einzahlt, muss später mit einer bescheidenen Pension (oder Rente) auskommen.

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