Interview: Wichtige Maßnahme gegen Armut

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Für WIFO-Chef Christoph Badelt ist die Anpassung der Mindestlöhne eine sozialpolitische Notwendigkeit - und er sieht Bedarf für weitere Entlastungen.

Reichen dafür 1.500 Euro oder wären die vom ÖGB angepeilten 1.700 Euro erforderlich?

Ich halte es für klug, mit 1.500 Euro zu beginnen und in den darauffolgenden Jahren zu schauen, wie es weitergeht.

Welche negativen Auswirkungen könnte die Einführung von 1.500 Euro Mindestlohn nach sich ziehen?

Wie gesagt, im Grunde gibt es in Österreich ja schon einen Mindestlohn, genau genommen handelt es sich also nur um die Erhöhung des kollektivvertraglichen Mindestlohns überall dort, wo dieser unter 1.500 Euro liegt. Was die Beschäftigung betrifft, sind sowohl positive als auch negative Auswirkungen möglich. Natürlich ist es denkbar, dass in manchen Bereichen Jobs verloren gehen. Andererseits könnte es durch die Anhebung auch dazu kommen, dass Menschen, die vorher gedacht haben: „Um das Geld geh ich nicht arbeiten“, nach der Erhöhung eher auf den Arbeitsmarkt wollen.

Insgesamt erwarte ich, dass die Effekte auf den Arbeitsmarkt nicht sehr stark sein werden. Eine exakte Quantifizierung ist aber nicht möglich. Man muss es jetzt einfach angehen – in Kollektivvertragsform und auf der üblichen Sozialpartner-Ebene maßvoll ausgehandelt.

Oft werden in der Debatte Parallelen zu Deutschland gezogen, wo die Einführung des Mindestlohns 2015 zu einer Ausweitung des Niedriglohnsektors geführt hat. Meiner Meinung nach sind solche Schlüsse nicht zulässig, da die Ausgangslage eine andere war: In Deutschland ist die Abdeckung durch Kollektivverträge wesentlich niedriger als hierzulande. Da passierte überall dort viel durch den Mindestlohn, wo es vorher gar keinen Kollektivvertrag gegeben hat. Auch irreguläre Beschäftigungsverhältnisse und Schwarzarbeit wurden in reguläre Jobs übergeführt. Kurz gesagt: Ich erwarte in Österreich keine großen Beschäftigungseffekte. Für mich steht eindeutig das sozialpolitische Ziel im Vordergrund.

Eines der Hauptargumente gegen die allgemeine Erhöhung des Mindestlohns auf 1.500 Euro ist, dass Jobs verloren gehen könnten. Agenda Austria sieht u.a. „mehr Probleme als Lösungen“ und rechnet mit einem Minus von 20.000 Jobs.

Ich kann nicht beurteilen, wie das berechnet wurde, aber ich erwarte keine derartigen Auswirkungen.

Manche sehen die Negativsteuer als Alternative zum Mindestlohn. Wie stehen Sie dazu?

Das würde bedeuten, dass nicht die Arbeitgeber, sondern der Staat die Entlastung der unteren Einkommensschichten finanziert. Kann sich der Staat das wirklich leisten?

Foto (C) Michael Mazohl
Für Christoph Badelt sind 1.500 Euro ­Mindestlohn „eine ganz wichtige Sache“: „Dass Menschen trotz Vollzeittätigkeit ­armutsgefährdet sind: Dem sollte man
in einer Art und Weise entgegenwirken, dass eventuelle Nachteile des Mindestlohns minimiert werden und die Vorteile sofort greifen.

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