Im Namen der KleinbäuerInnen

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Oder: Wie Agrarförderungen meist begründet und wie sie tatsächlich verteilt werden.

Je mehr Fläche, desto mehr Geld

Der Großteil der Agrarförderungen wird noch immer nach Größe der bewirtschafteten Flächen verteilt. Daher gilt generell: Je mehr Fläche, desto größer der Subventionsbetrag. Solange diese Regel gilt, wird sich an der schiefen Verteilung dieser öffentlichen Gelder wenig verbessern. Im Gegenteil, da Agrarbetriebe „wachsen“, werden hohe Förderungen an Einzelbetriebe zunehmen. Noch eine weitere Zahl: Die Zahlungen an die oberste Gruppe der Unternehmen aus den EU- und national finanzierten Fördermaßnahmen (1. und 2. Säule) betragen im Durchschnitt jeweils fast 100.000 Euro. Die untere Gruppe hingegen, zu der immerhin fast ein Drittel der Förderwerber (31,9 Prozent) gehört, erhält im Durchschnitt lediglich 2.317 Euro.

Eine gute Datenquelle, um die Situation der kleineren landwirtschaftlichen Betriebe zu analysieren, sind die Einkommensdaten aus dem jährlich publizierten Bericht über die Situation der Österreichischen Landwirtschaft, auch als Grüner Bericht bekannt. Darin ist die Gruppe der „kleineren Betriebe“ neben den mittleren und größeren Betrieben dargestellt. Die „ganz Kleinen“ fehlen im Übrigen, denn die Gruppe der „kleineren Betriebe“ beginnt bei einem Standardoutput von 15.000 Euro.

Der Vergleich zeigt deutlich: Im Jahr 2016 erhielten diese „Kleineren“ deutlich geringere Agrarförderungen als die anderen beiden Gruppen. Im Vergleich mit den größeren Betrieben beträgt die Differenz bei den Agrarförderungen 53 Prozent. Die Kleinen erzielen auch ungleich niedrigere Einkünfte aus der Landwirtschaft als die zwei anderen Gruppen. Erstaunlich ist jedoch, dass ihr gesamtes Erwerbseinkommen inklusive unselbstständiger Tätigkeiten mit großem Abstand unter dem der „Größeren“ liegt. Denn die größeren Betriebe haben aufgrund ihrer bedeutenden Einkünfte aus der Landwirtschaft in Summe ein doppelt so hohes Erwerbseinkommen wie die „Kleineren“. Ein Vergleich mit den ganz Großen ist aufgrund fehlender Daten nicht möglich.

Finanziert werden diese Agrarförderungen – ob für klein oder groß – zu einem beträchtlichen Teil aus dem EU-Haushalt. Für die Finanzperiode 2014 bis 2020 wurden dafür 420 Milliarden Euro veranschlagt, das sind immerhin 39 Prozent der Gesamtausgaben der EU. Im Jahr 2016 lagen die EU-Agrarausgaben bei 55 Milliarden Euro. Für Großbetriebe sind besonders die flächenbezogenen Direktzahlungen (1. Säule) maßgeblich, die mit 39,9 Milliarden Euro dotiert sind. Den Agrarmarktausgaben werden 3,2 Milliarden Euro zugeteilt. Die restlichen 11,9 Milliarden Euro gehen an das Programm für den Ländlichen Raum (LE 1420), mit dem ebenfalls flächenbezogene Maßnahmen finanziert werden können. Die Mitgliedstaaten hätten damit jedoch einen großen Gestaltungsspielraum, mehr Aktivitäten im gesamten ländlichen Raum zu fördern – sozusagen über den Tellerrand der engeren Agrarpolitik hinaus. Daher gilt hier im Besonderen: Es ist nicht immer „die EU“ schuld, wenn etwas schiefläuft.

Kein echter Reformwille

Trotz umfassender Kritik an der Verteilung und Verwendung der Agrarfördermittel, die insbesondere von Kontrollinstanzen wie dem Rechnungshof und aus der Wissenschaft kommt, entsteht kein echter Reformwille. Bewegung im Fördersystem könnte daher am ehesten eine „Anpassung“ des EU-Agrarbudgets bringen. Ein Argument für ein reduziertes Agrarbudget wäre die sinkende Zahl der Arbeitsplätze und Betriebe im Agrarsektor. Denn den hohen Agrarförderungen zum Trotz gehen die Beschäftigten in der Landwirtschaft deutlich zurück.

In Österreich ist seit dem EU-Beitritt des Landes ein Rückgang um 36 Prozent (von 209.256 auf 134.452 Arbeitskräfte in Vollzeitäquivalent gerechnet) zu verzeichnen. In manchen neuen EU-Mitgliedstaaten sind bekanntlich ganze Landstriche verwaist. Aber solange die EU-Agrarförderungen fast ausschließlich auf die Flächen aufgeteilt werden, ist nur wenigen geholfen. Denn Flächen brauchen keine Förderungen, um zu bleiben. Menschen und Arbeitsplätze manchmal schon.

Reflexionspapier der EU-Kommission:
tinyurl.com/y894k6pv
Transparenzdatenbank EU:
www.transparenzdatenbank.at
Grüner Bericht:
gruenerbericht.at/cm4

Von
Maria Burgstaller
Abteilung Wirtschaftspolitik der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 9/17.

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maria.burgstaller@akwien.at
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aw@oegb.at

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