D wie Demagogie

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Von Establishment über Gesinnungsterror bis Systemparteien: Begriffe von und über PopulistInnen.

Genderwahnsinn

Im feministischen Sprachgebrauch bedeutet Gender das soziale im Unterschied zum biologischen Geschlecht. Damit wird hervorgehoben, dass viele Eigenschaften, die als biologisch eingestuft werden, in Wahrheit durch die Gesellschaft vorgegeben werden. Oder um es mit Simone de Beauvoir zu sagen: Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht.

Um den Ausschluss von Frauen aus der deutschen Sprache, in der mit dem männlichen Begriff Frauen „mitgemeint werden“, zu beenden, gibt es inzwischen eine Reihe von verschiedenen Vorschlägen für eine geschlechtergerechte oder eben gendergerechte Sprache.

Gender-Mainstreaming wiederum bedeutet, dass Frauenpolitik nicht als abgehobenes Aktionsfeld gesehen wird, vielmehr wird gefordert, frauenpolitische Dimensionen in allen Politikfeldern zu berücksichtigen. Dieser Zugang stößt verständlicherweise auf wenig Zustimmung bei PopulistInnen, die selten eine emanzipatorische Programmatik haben. Mit dem Schlagwort „Genderwahnsinn“ versuchen sie feministische Politiken zu diffamieren. In der rechtspopulistischen Vorstellungswelt ist dieser Wahnsinn so weit fortgeschritten, dass Männer inzwischen diskriminiert werden.

Gesinnungsterror

RechtpopulistInnen inszenieren sich gerne als Opfer des politischen Diskurses. Die Freiheitlichen beispielsweise beklagen seit inzwischen Jahrzehnten, sie seien Opfer einer Ausgrenzungspolitik. So plakatierte die FPÖ das Foto von Parteichef Strache mit dem Slogan: „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Gerne wird auch die angeblich übertriebene „Political Correctness“ beklagt, die analog zur Zensur verbieten würde, dass „man sagen darf, was man denkt“. Die PopulistInnen aber würden sich trauen, gegen dieses „Diktat“ vorzugehen. „Wir sagen die Wahrheit, wir lassen uns nicht den Mund verbieten“, erklärte etwa FP-Chef Strache.

Korruption

Ein beliebtes Thema von RechtspopulistInnen ist die Korruption. Selbstverständlich ist nicht jede Partei, die der Korruption den Kampf angesagt hat, automatisch eine populistische Partei. Vielmehr passt das Thema Korruption geradezu perfekt zu der von PopulistInnen konstruierten zweigeteilten Welt, in der sie nicht nur gegen angebliche Bedrohungen von außen auftreten, sondern auch gegen eine „korrupte Elite“.

Mainstream-Medien

An sich wird dieser Begriff nicht nur von Rechten verwendet, um jene Medien zu kritisieren, die vom Mainstream gelesen werden. Darunter stellt man sich die Mehrheit der Bevölkerung vor, die nicht an widersprüchlichen und kritischen Informationen interessiert ist. Auch FeministInnen oder Linke prangern an, dass diese Medien zu wenig kritisch mit Informationen umgehen und anderen Sichtweisen zu wenig Raum ließen. Es wird angenommen, dass die JournalistInnen der Mainstream-Medien zu wenig recherchieren, nur Informationen verbreiten würden, die in eine bestimmte Gedankenwelt passen.

So berechtigt die Kritik an sich sein mag, so anfällig ist diese These für Verschwörungstheorien. Im rechten Vokabular haben sich die Begriffe Lügenpresse oder Lügenpropaganda inzwischen etabliert. Um diesen angeblichen Falschinformationen etwas entgegenzusetzen, haben rechte Gruppierungen und Parteien inzwischen eigene Plattformen ins Leben gerufen. „Diese sogenannten „alternativen Medien“ versprechen oft, die „Wahrheit“ zu liefern oder eine „Gegenöffentlichkeit“ herzustellen“, schreibt die österreichische Journalistin Ingrid Brodnig in ihrem Buch „Lügen im Netz“. Sie fügt hinzu: „Allerdings fällt ihre Berichterstattung weniger mit faktenorientierter Ausgewogenheit als mit besonderer Einseitigkeit auf.“ Von Journalismus könne in diesem Zusammenhang allerdings keine Rede sein, sondern es ist vielmehr eine „politisch motivierte Berichterstattung“, wie Brodnig festhält. Diese schreckt auch nicht davor zurück, Gerüchte, Halbwahrheiten oder gar Falschmeldungen zu verbreiten. Ziel ist es, Wut zu schüren oder allgemein zu emotionalisieren.

In den USA am bekanntesten sind die Breitbart-News, deren Chef Stephen Bannon eine Zeit lang Chefstratege von US-Präsident Donald Trump war. Auch betreibt die FPÖ eine Reihe von Medien. Dazu zählt neben Zeitungen wie der „Neuen Freien Zeitung“, „Zur Zeit“ oder die „Aula“ auch ein eigener YouTube-Kanal. Hinzu kommt die Plattform unzensuriert.at, die von FPÖlern aus dem Umfeld des früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf gegründet wurde. Der frühere Geschäftsführer der Betreiberfirma war sein Büroleiter, Chefredakteur ist der frühere Pressesprecher von Graf.

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Über den/die Autor:in

Sonja Fercher

Sonja Fercher ist freie Journalistin und Moderatorin. Für ihre Coverstory im A&W Printmagazin zum Thema Start-ups erhielt sie im Juni 2018 den Journalistenpreis von Techno-Z. Sie hat in zahlreichen Medien publiziert, unter anderem in Die Zeit, Die Presse und Der Standard. Von 2002 bis 2008 war sie Politik-Redakteurin bei derStandard.at. Für ihren Blog über die französische Präsidentschaftswahl wurde sie im Jahr 2008 mit dem CNN Journalist Award - Europe ausgezeichnet.

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