Politik der Entsolidarisierung

Foto (C) Roland Mühlanger/picturedesk.com

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  1. Seite 1 - Abbau des Schutzniveaus
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Die Pläne der Regierung für ein "Arbeitslosengeld neu" lassen sich auf einen Punkt bringen: auf die Arbeitslosen zielen, die Beschäftigten treffen.
Die neue Bundesregierung hat sich mit dem sogenannten „Arbeitslosengeld neu“ eine tiefgreifende Umgestaltung der Arbeitslosenversicherung in Österreich vorgenommen. Diese Absicht hat gleich zu Beginn der Legislaturperiode zu ersten Meinungsverschiedenheiten in der Regierung selbst und zu recht heftiger Ablehnung in der Öffentlichkeit geführt. Am Ende steht ein Appell der Regierungsspitzen, man möge sie doch jetzt einmal in Ruhe bis Ende des Jahres daran arbeiten lassen. Ob man diesem Wunsch der Regierung entsprechen sollte, ist fraglich. Denn obwohl das Regierungsübereinkommen wenig Konkretes enthält, ist doch eine grundlegende Änderung der existenziellen Absicherung von erwerbsarbeitslosen Menschen zu erwarten. Das betrifft zunächst Menschen, die ohne Erwerbsarbeit sind. Die Auswirkungen der angekündigten Einschnitte in die Arbeitslosenversicherung werden aber auch die Beschäftigten deutlich zu spüren bekommen.

Abbau des Schutzniveaus

Zunächst soll ein degressiv gestaltetes Arbeitslosengeld geschaffen werden, in das die Notstandshilfe integriert wird. Diese Festlegung durch die Regierungsspitzen am Ende ihrer Regierungsklausur am 5. Jänner 2018 beseitigt jeden Zweifel: Die Notstandshilfe soll abgeschafft und durch die Mindestsicherung ersetzt werden. Die Wirkungen eines solchen Abbaus der Schutzniveaus der Arbeitslosenversicherung lassen sich in Deutschland an den Folgen der sogenannten Hartz-IV-Reform gut ablesen. Zusammengefasst laufen sie auf eine deutlich erhöhte Armutsgefahr für Arbeitsuchende hinaus und auf die Abkoppelung der Langzeitarbeitslosen vom sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt – in Österreich immerhin rund 160.000 Betroffene und ihre Familien. Denn Mindestsicherung beziehen zu wollen bedeutet, Erspartes bis zu einem Betrag von rund 4.300 Euro aufbrauchen zu müssen. Es bedeutet den Zugriff der Bundesländer auf das mühsam erarbeitete Eigenheim. Und es bedeutet in den meisten Fällen den Zwangsverkauf des Autos.

Zu BittstellerInnen degradiert

Menschen, die entweder am Beginn ihrer Erwerbstätigkeit stehen und es – wie etwa die „Generation Praktikum“ – schwer haben, eine stabile Beschäftigung zu finden, oder unter Umständen Menschen nach jahrzehntelanger Erwerbsarbeit würden nach 20 bis 52 Wochen Arbeitslosengeldbezug Rechtsansprüche gegenüber der Sozialversicherung verlieren. Sie würden zu Bittstellerinnen und Bittstellern in einem Fürsorgesystem degradiert. Dieser Statusverlust wiederum hat erhebliche negative soziale und gesundheitliche Folgen für die Betroffenen – doch nicht nur für sie, sondern auch für die gesamte Gesellschaft. Denn steigende Armut bedeutet auch steigende Kinderarmut, die langfristig größte Nachteile für die gesamte soziale und wirtschaftliche Entwicklung in einem Land hat – von den Schäden für den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch Entfremdung und Radikalisierung gar nicht zu reden.

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