Malika Mataeva und die richtige Zeit für Träume

Portrait von Malika Mataeva, die erste Frau in der Cyber Security-Abteilung der WKO Inhouse GmbH.
„Man sollte Dinge, die einen interessieren, immer probieren“, rät Malika Mataeva. Sie ist die erste Frau in der Cyber Security-Abteilung der WKO Inhouse GmbH. | © Diana Khasuyeva
Malika Mataeva wuchs während des Krieges in Tschetschenien auf. Dort gab es nicht viel Platz für Zukunftsträume. Heute ist sie die erste Frau in der Cyber Security-Abteilung der WKO Inhouse GmbH.

Schon als Kind wusste Malika Mataeva, dass in ihr großes Potenzial schlummerte. Das sagten ihre Eltern und gute Noten und Auszeichnungen bestätigten es. Wirklich anstrengen musste sie sich für ihre Erfolge nicht. Und obwohl sie gerne zur Schule ging, sehnte sie sich nach mehr. „Mir hat immer diese Herausforderung gefehlt. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich noch so viel mehr erreichen kann und ich gerne mal gefordert wäre“, sagt die heute 38-jährige Cyber Security Expertin bei der WKO Inhouse.

Malika Mataeva und die Zeit des Wartens

Doch Malika Mataeva wuchs in Tschetschenien auf, in einer Zeit voller Krieg und Unruhen. Dort war kein Platz für große Träume oder Zukunftspläne. Über ein Jahr lebte sie im Haus der Familie ohne Strom. Die Priorität lag in der Zeit während und nach dem Krieg auf dem Überleben und nicht auf Schulbildung. Doch genau in dieser Zeit besuchte sie auch ihren ersten Computerkurs. „Das war Anfang der 2000er-Jahre und obwohl Computer in der restlichen Welt keine Neuheit waren, waren sie bei uns eine Sensation. Das Land war durch den Krieg einige Jahre wie eingefroren gewesen“, erzählt sie. Sie hält es heute für ironisch, dass diese Erfahrung ihren späteren Weg zeichnen würde. Doch bevor es so weit war, musste sie aufgrund des Kriegs aus Tschetschenien flüchten. Sie war 18 Jahre alt, als sie und ihr Mann sich auf den Weg nach Deutschland machten. Dort kamen sie nie an.

Ich war ein junger Mensch
mit so viel Motivation und Wissensdurst
und keiner Möglichkeit diese auszuleben. 

Monatelang waren sie unterwegs, bis sie zu Fuß die Grenze nach Österreich überquerten und hier festgenommen wurden. Wenn sie heute daran zurückdenkt, muss sie kopfschüttelnd schmunzeln: „Ich war damals jung genug, um mir einzureden, dass es ein großes Abenteuer war. Aber das war es natürlich nicht. Die Zeiten waren unglaublich hart. Ich war ein junger Mensch mit so viel Motivation und Wissensdurst und keiner Möglichkeit diese auszuleben.“ Drei Jahre lang wartete Malika Mataeva mit ihrem Mann in Österreich auf die Information zu ihrem Aufenthaltsstatus. In dieser Zeit wurden ihnen keine Deutschkurse zur Verfügung gestellt, also begannen sie mit der Heim-Lehre, um die Sprache ihrer neuen Heimat zu lernen.

Zeit des Tuns

Malika Mataevas Kinder sind heute 18, 17 und 15 Jahre alt. Als ihr jüngster Sohn in den Kindergarten kam, schrieb sie sich an der Uni für Informatik ein. Eigentlich hätte sie einen einfacheren, vernünftigeren Plan wählen wollen, doch der wurde ihr verwehrt. „Ich ging damals zum AMS und fragte um einen Webdesign-Kurs an. Ich wollte etwas mit Computer machen und das wäre die einfachere Möglichkeit gewesen.“ Doch der Kurs wurde abgelehnt, da der Berater überzeugt war, sie würde ihn wegen der Sprachbarriere nicht schaffen und hätte nicht genug Potenzial. „Diese Herausforderung stachelte mich an. Also schrieb ich mich an der Uni ein und sagte mir selbst: Du probierst es jetzt ein Semester und schaust dann weiter. Ich musste das tun, sonst hätte ich mich mein Leben lang gefragt, ob ich es geschafft hätte.“

Als die 25-jährige Mutter im ersten Semester eine Programmier-Prüfung mit 50 Prozent Drop-Out-Rate bestand, war für sie klar, dass sie jetzt nicht mehr aufhören konnte. Neben der Erziehung von drei Kindern schloss sie ihr Studium ab. Ihr Mann unterstützte sie dabei so gut er konnte, um ihren Traum möglich zu machen. „Er hat wirklich viel im Haushalt und in der Kindererziehung gemacht. Nur kochen kann er nicht. Aber dann gab es eben Käsesemmeln.“ Malika lernte häufig bis weit nach Mitternacht, stand dann wenige Stunden später mit den Kindern schon wieder auf.

Die Mutmacherin

Wie sie das damals geschafft hat, kann sie heute gar nicht mehr genau sagen. Sie hat aber einen Rat. „Ich finde, man sollte Dinge, die einen interessieren, immer probieren. Wir können selbst nicht abschätzen, wie viel wir schaffen können. Wenn wir es probieren, dann wissen wir es. Wenn es nicht klappt, klappt es eben nicht.“ Kurz nach dem Studium bekam sie ihren ersten IT-Job bei Bosch, der ihr Sprungbrett war.

Heute ist sie die erste Frau im Cyber Security Operations Center bei der WKO Inhouse und kümmert sich um die Sicherheit der österreichischen Wirtschaftskammer, forscht Lücken aus und geht Spuren nach. Ihre Erfahrungen teilt sie vor allem mit jungen Frauen und möchte diesen Mut machen. Sie engagiert sich zum Beispiel bei „FIT (FEM* in Tech) Sprungbrett“, hält Workshops und spricht auf Messen vor jungen Frauen, um sie für technische Berufe zu begeistern. Denn ihrer Meinung nach sind IT-Berufe besonders für Frauen hervorragend geeignet. „Ich hatte sehr schwierige Bedingungen, um an diesen Punkt in meinem Leben zu kommen. Als Flüchtende bist du in der Hierarchie ganz unten. Aber ich hatte das große Glück, dass mich immer Menschen begleitet und mein Potenzial erkannt haben. So jemand möchte ich auch sein.“

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Über den/die Autor:in

Sandra Gloning

Sandra Gloning ist freie Online- und Print-Journalistin in Wien mit einem breiten Themenfeld rund um Frauen, Lifestyle und Minderheiten und dem Ziel, Geschichten aus dem echten Leben zu erzählen.

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