Lösungsansätze für den Fachkräftemangel

Fachkräftemangel
Fortbildung soll für möglichst viele Menschen zugänglich und leistbar sein.
Das Problem der fehlenden Fachkräfte liegt nicht an der Bereitschaft der Arbeitnehmer:innen sich weiterzubilden, sondern vielmehr an den Rahmenbedingen – hier muss man ansetzen.
Seit langem schlägt die Wirtschaft in Bezug auf Fachkräftemangel Alarm. Aktuell können 272.000 offene Stellen nicht besetzt werden. Laut einer WKO-Umfrage vom Frühling 2008 hatten damals 83 Prozent der Betriebe Schwierigkeiten, gut ausgebildetes Personal zu finden. Bei der Arbeitskräfteradar-Befragung im April 2022 gaben 73 Prozent der Betriebe an, vom Fachkräftemangel betroffen zu sein. Im IT-Sektor und im Bereich Green Jobs fehlen tatsächlich Experten. Hingegen sind Bereiche wie Pflege, Tourismus und Gastronomie von derart schlechten Rahmenbedingungen geprägt, dass viele in diesem Job nicht länger tätig sein wollen. Niedrige Löhne, schlechte Work-Life-Balance, geringe soziale Anerkennung – all das lässt die Arbeitnehmer:innen in andere Branchen abwandern. Erst kürzlich wurde der Beruf des Kellners / der Kellnerin auf die österreichweite Mangelberufsliste gesetzt, die mittlerweile 67 Berufe umfasst. Um das Problem an der Wurzel zu packen, ist es notwendig, strukturelle Maßnahmen zu setzen.

Lücke auf dem Arbeitsmarkt

In Oberösterreich ist ein echter Mangel an Arbeitskräften bereits Realität, berichtet Gerhard Straßer, Geschäftsführer AMS Oberösterreich. 34.000 offene Stellen standen Anfang Juni 24.000 Arbeitssuchenden gegenüber. Und diese Lücke bringt Arbeitgeber immer öfter dazu, auch Bewerber:innen in Betracht zu ziehen, die sonst kaum Aussicht auf eine Stelle hätten. Langzeitarbeitslose sind ein zu wenig genutztes Potential. Den Erfolg beweist das AMS-Konzept der „Arbeitserprobung“. 58 Prozent der Arbeitnehmer:innen konnten sich 2021 nach „Probeeinsätzen“ über eine fixe Stelle freuen. Angesichts der prekären Lage gehen Unternehmen auch vermehrt dazu über, die Konditionen für Arbeitnehmer:innen anzupassen: angemessene Gehälter, gute Karrieremöglichkeiten und Zusatzleistungen wie Prämien, Budgets für Abteilungsessen, Betriebsausflüge oder eben auch Weiterbildungsmöglichkeiten. Allerdings gibt es bei genau diesem Punkt noch Luft nach oben.

Qualifizierungsmaßnahmen als Lösung

Ein zentraler Hebel, um dem Fachkräftemangel Herr zu werden, sind neben der Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen und Benefits für die Arbeitnehmer:innen auch Qualifizierungen der Mitarbeiter:innen. Dabei zeigt eine Umfrage der Arbeiterkammer, dass der Anteil der Unternehmen an den Schulungskosten zwischen 2009 und 2018 von 41 auf 31 Prozent gesunken ist. Hingegen liegt in Deutschland die Quote bei 44 Prozent. Und auch in Schweden (39 Prozent) und Finnland (37 Prozent) leisten die Betriebe einen höheren Beitrag. In Österreich zahlen sich Arbeitnehmer:innen ihre Fortbildung vermehrt selbst: Ihr Anteil an den Weiterbildungskosten ist im Untersuchungszeitraum von 29 auf 42 Prozent gestiegen.

©Arbeit&Wirtschaft

Der Arbeiterkammer-Masterplan

Geeignete Rahmenbedingungen müssen sicherstellen, dass Fortbildung für möglichst viele zugänglich und leistbar ist. So können offene Stellen besetzt und Menschen für den Job zukunftsfit gemacht werden. Der Arbeiterkammer-Masterplan zeigt, wie es geht:

1 / Neues Fonds-Modell

Ein Booster für die Weiterbildung: Die AK fordert die Schaffung eines Weiterbildungsfonds, in den alle Arbeitgeber:innen einzahlen. Bei 0,2 Prozent der Jahres-Bruttolohnsumme ergibt das 220 Millionen Euro pro Jahr. Arbeitnehmer:innen sollen aus diesem Topf 500 Euro pro Jahr für Fortbildungsmaßnahmen erhalten. Bis zu 440.000 Arbeitnehmer:innen profitieren davon.

2 / Recht auf Weiterbildung

Alle Arbeitnehmer:innen sollen Anspruch auf eine Woche Weiterbildung pro Jahr bekommen. In der Arbeitszeit! Damit setzte Österreich endlich die Resolution der Internationalen Arbeitsorganisation ILO aus dem Jahr 1974 für eine bezahlte Bildungsfreistellung um!

3 / Qualifizierungsgeld

Alle Arbeitnehmer:innen über 25 Jahren sollen das Recht auf monatlich 1.500 Euro für insgesamt drei Jahre Aus- und Weiterbildung im Lauf von 15 Jahren bekommen. Finanziert wird das Qualifizierungsgeld aus dem Budget der Bundesregierung. Insbesondere Menschen mit niedrigen und mittleren Qualifikationen sollen davon profitieren.

Eine Übersicht über die Arbeitslosigkeit und den Fachkräftemangel in Österreich gibt es hier.

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