Das beschäftigt Arbeitnehmer:innen in Österreich wirklich

Inhalt

  1. Seite 1 - Es gibt viele Baustellen
  2. Seite 2 - Michaela Schön: Ohne Busse keine Lehrlinge
  3. Seite 3 - Harald Steer: Krokodile raus aus der Pflege
  4. Seite 4 - Heidemarie Supper: Arbeit darf nicht krank machen
  5. Auf einer Seite lesen >
Arbeit&Wirtschaft hat bei drei Betriebsratsmitgliedern nachgefragt, wie man in ihren Branchen die Arbeitsbedingungen verbessern und personelle Probleme lösen kann.

Michaela Schön: Ohne Busse keine Lehrlinge

Als Michaela Schön Anfang der 1990er-Jahre in Niederösterreich ihre Lehrausbildung als Werkzeugmacherin startete, gehörte sie zu den ersten Frauen in dem Berufsfeld. Frauen in der Technik waren damals eine Ausnahmeerscheinung. Ihren Platz in der Branche mussten sie sich erst erkämpfen. Zumindest bei Pollmann International, einem Autozulieferer im niederösterreichischen Karlstein an der Thaya, ist das gelungen – und Michaela Schön war ein Teil dieser Entwicklung.

Dort hat die gebürtige Waldviertlerin 1996 begonnen. „Es ist ein Wahnsinn, wie sich der Betrieb seither entwickelt hat“, sagt sie. „Als ich vor 28 Jahren hier angefangen habe, gab es nur den Standort in Tschechien. Heute sind auch Mexiko und China dabei.“ Pollmann International hat momentan 570 Beschäftigte in Österreich, ein Drittel davon ist weiblich. Seit 2008 ist die 54-jährige Schön Mitglied im Betriebsrat. Die Mitarbeiter:innen wenden sich zu vielen Themen an sie. Eine oft gestellte Frage: Wie lässt sich die Arbeit im Schichtbetrieb mit der Pflege von Angehörigen vereinbaren? Unterstützung gibt es auch von der Arbeiterkammer, die einmal im Monat vor Ort Beratungen anbietet. Auch die Teuerung sei ein großes Thema. „Für mich ist das Zuhören und Reden mit allen Beteiligten sehr wichtig“, sagt Schön. „Ich versuche, meinen Kolleg:innen den Arbeitsalltag zu erleichtern, muss aber auch die Geschäftsführung überzeugen.“ Es brauche Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten.

Pollmann International ist seit 135 Jahren in Familienbesitz. Lehrlinge bildet man dort in sieben Berufsfeldern aus, Behaltequote und Aufstiegschancen seien hoch. Dennoch beginnen heuer nur sehr wenig neue Lehrlinge. Unter anderem sei es laut Schön die mangelnde Infrastruktur, die im Waldviertel die Suche nach Arbeitskräften erschwere. „Im Sommer fahren nur sehr wenige Busse nach Karlstein“, sagt sie. „Viele Lehrlinge wissen nicht, wie sie in die Firma und nach Schichtende wieder nach Hause kommen sollen. Sie müssen oft von ihren Eltern gefahren werden.“ Schön fordert deshalb einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Personal im Wandel

„Viele junge Leute wollen zudem keine Nachtschichten mehr machen, weil diese körperlich sehr anstrengend sind“, sagt sie. Andere würden wiederum in die Städte abwandern, worunter alle Betriebe in der Region leiden würden. Auch die Rezession mache der Branche zu schaffen. Es seien bereits Stellen abgebaut worden, wobei man meistens versucht habe, Kündigungen zu vermeiden und bei Pensionierungen nicht nachzubesetzen.

Michaela Schön, die heute auch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitz innehat, ist die Frauenförderung beim Personal weiterhin ein besonderes Anliegen. Damit noch mehr junge Frauen für die Technik begeistert werden, lädt Pollmann International im Rahmen eines „Girls Day“ Schülerinnen der dritten Hauptschulklasse zu sich ein. „Unser Betriebsrat besteht zu 50 Prozent aus Frauen“, erklärt Michaela Schön stolz. „Nächsten April geht unser Vorsitzender in den verdienten Ruhestand. Dann bekommen wir vielleicht sogar eine weibliche Doppelspitze.“

Inhalt

  1. Seite 1 - Es gibt viele Baustellen
  2. Seite 2 - Michaela Schön: Ohne Busse keine Lehrlinge
  3. Seite 3 - Harald Steer: Krokodile raus aus der Pflege
  4. Seite 4 - Heidemarie Supper: Arbeit darf nicht krank machen
  5. Auf einer Seite lesen >

Über den/die Autor:in

Sandra Knopp und Udo Seelhofer

Sandra Knopp ist freie Journalistin für verschiedene Radio und Printmedien, und hat die Themen Arbeitsmarkt, Soziales und Gesellschaftspolitik als Schwerpunkte. Udo Seelhofer war früher Lehrer und arbeitet seit 2012 als freier Journalist. Seine Schwerpunkte sind Gesellschaft, soziale Themen und Religion. Im Team wurden sie beim Journalismuspreis „Von unten“ 2017 für ihre Arbeit&Wirtschaft Reportage „Im Schatten der Armut“ ausgezeichnet.

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.