Warnstreik bei der Bahn: Reallohnverlust nicht hinnehmbar

Mitglieder der Gewerkschaft vida bei der ÖBB während eines Warnstreiks bei der Bahn.
Das Angebot der Arbeitgeber:innen hätte dazu geführt, dass die Beschäftigten Reallohnverluste haben. Es kommt zum Warnstreik. | © Barbara Gindl/APA/picturedesk.com
Weil das Angebot der Arbeitgeberinnen einen Reallohnverlust bedeutet, wollen die Beschäftigten der Bahn streiken. Am Montag, 28. November 2022, stehen die Züge 24 Stunden still.
Am Montag, 28. November 2022, werden die Eisenbahner:innen streiken. Nicht an irgendwelchen Randzeiten, sondern 24 Stunden am Stück. Damit reagiert die Gewerkschaft vida und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) auf ein unzureichendes Angebot der Arbeitgeber:innen. Die hatten im Rahmen der Herbstlohnrunde ein Paket offeriert, das einen Reallohnverlust für die Angestellten der Branche bedeutet hätte. Ein Warnstreik war unumgänglich.

Warnstreik bei der Bahn nach Angebot mit Reallohnverlust

Die KV-Verhandlungen bei der Bahn sind eskaliert. Die Arbeitgeber:innen haben sogar den Verhandlungstisch verlassen. Das mag eine undiplomatische Lösung sein, doch auch die Gewerkschaft vida sah die Gespräche an einem toten Punkt. „Wir mussten mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen, dass die Arbeitgeber gestern nach einem nur kosmetisch geschönten Angebot die Bahn-KV-Verhandlungen ohne ersichtlichen Grund abgebrochen haben und die heutigen Verhandlungen verweigern“, sagt Gerhard Tauchner. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida und Leiter des vida-KV-Verhandlungsteams.

Peter Eder, Präsident der Arbeiterkammer Salzburg, beim Warnstreik bei der Bahn mit Mitgliedern der Gewerkschaft vida.
Schon 2018 kam es zu einem Warnstreik bei der ÖBB. | © Barbara Gindl/APA/picturedesk.com

Als Reaktion darauf hat der ÖGB die Streikfreigabe erteilt. „Nach den heutigen Beratungen in den Gremien hat sich klar herausgestellt, dass dieser Mangel an Wertschätzung für die Leistungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner inakzeptabel ist“, so Tauchner weiter. Am Montag, 28. November 2022, stehen von 0 bis 24 Uhr die Züge still.

Streitpunkt ist in erster Linie der Lohn für Menschen, mit einem geringen Einkommen. Aufgrund der Inflation müsse das besonders stark steigen, sagt vida. Denn diese Menschen hätten aufgrund der enormen Preissteigerungen Probleme Miete, Heizung und Lebensmittel zu bezahlen. Und das trotz Vollzeitjob. Deswegen fordert vida, die Löhne um 400 Euro monatlich anzuheben. Schon dieser Betrag ist ein Entgegenkommen der Gewerkschaft.

Arbeitgeber:innen mit Mini-Angebot für Bahn-Beschäftigte

Die Industrie glaubt, ein gutes Angebot gemacht zu haben. Setzt dabei aber auf eine Einmalzahlung. Die lehnen ÖGB und die Gewerkschaften aber grundsätzlich ab, da sie nicht zu einer nachhaltigen Lösung der Teuerungskrise beitragen. Daneben sind die Arbeitgeber:innen bereit, den Lohn um 200 Euro pro Monat zu erhöhen. Ein Betrag, der angesichts der neuen Lebenswirklichkeit nicht ausreicht. „Mit Löhnen unter 2.000 Euro brutto im Monat – wie etwa im boomenden Nachtzuggeschäft – wird sich der Personalmangel nicht beheben lassen. Nicht umsonst haben sich einzelne Bahnbetriebe wie etwa die ÖBB dazu bereit erklärt, freiwillig 2.000 Euro Mindestlohn im Unternehmen einzuführen“, führt Tauchner aus. Ein Problem, dass es auch beim Sicherheitspersonal und bei den Ordensspitälern gab.

uro sein.

Auf unsere Forderung nach einer Abgeltung der nachweislich erfolgten Produktivitätszugewinne sind die Arbeitgeber nach fünf Verhandlungsrunden noch immer mit keinem einzigen Wort eingegangen.

Gerhard Tauchner, stellvertretender Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida.

Schon vor Beginn der Verhandlungen sei klar gewesen, dass die Herbstlohnrunde bei der Bahn schwierig würden. Die Forderung nach einer Anhebung der Lohn um (ursprünglich) 500 Euro sei vonseiten der Arbeitgeber:innen als unverschämt betrachtet worden. Auch deswegen, weil damit alle Beschäftigten die gleiche Summe bekommen hätten. Sowohl die Führungskraft als auch das Reinigungspersonal. Für die Arbeitgeber:innen sei dies undenkbar gewesen, erklärte damals schon Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft Vida und stellvertretender Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn.

Warnstreik bei der Bahn: Mit Fachkräftemangel in die Verkehrswende

Die Bahn hat – wie viele andere Branchen auch ­­– das Problem, dass die Babyboomer-Generation in Rente geht. Diese Menschen haben oft gut dotierte Verträge. Die nachfolgenden Beschäftigten arbeiten unter deutlich schlechteren Bedingungen. Nicht nur finanziell. So steigt die Nachfrage nach den Leistungen der Bahn kontinuierlich an. Das liegt an der Klimakatastrophe genauso wie an den Preisen für Diesel und Benzin. Doch Fachkräfte sind rar, denn es fehlt an Aus- und Weiterbildung genauso wie an einer angemessenen Bezahlung. Die Herbstlohnrunde ist also auch ein Fingerzeig, was die Zukunft der Branche angeht.

Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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