Inflation macht Österreich zum viertteuersten EU-Land

Ein Kind legt Fischstäbchen auf ein Backblech. Die Inflation in Österreich hat deren Preise aber mehr als verdoppelt.
Fischstäbchen werden zunehmend zum Luxus. Die Preise haben sich mehr als verdoppelt. | © Adobestock/pascalskwara
Die Inflation bleibt hoch und entwertet das Geld. Es bleibt immer weniger Kaufkraft für notwendige Einkäufe. Miete, Wohnnebenkosten und Betriebskosten führt zu massiven Zahlungsschwierigkeiten.
Im April 2023 lag die Inflation in Österreich bei 9,8 Prozent. Die Teuerung steigt also auf hohem Niveau noch weiter an. Im März lag sie noch bei 9,2 Prozent. Aktuell sind Freizeit, Reisen und Dienstleistungen die großen Preistreiber. Doch längst haben die Menschen in Österreich ganz andere Sorgen. Ihnen geht die Kaufkraft aus. Die hohe Inflation führt zunehmend zu Zahlungsausfällen und Problemen, die laufenden Ausgaben zu decken, wie Zahlen von Statistik Austria und eine Umfrage der Johannes-Kepler-Uni zeigen. Mittlerweile ist Österreich das viertteuerste Land in der Eurozone.

Inflation in Österreich: Zahlungsausfälle und Lohnverlust

Die Zahlen zeichnen ein bedrohliches Bild. Jeder dritte Mensch in Österreich muss aktuell mit Einkommensverlusten klarkommen, was für jeden Vierten eine schwere finanzielle Belastung darstellt. 27 Prozent der Österreicher:innen rechnen innerhalb der kommenden drei Monaten mit Zahlungsschwierigkeiten bei Miete, Wohnkredit, Wohnnebenkosten oder Betriebskosten. Statistik Austria rechnet vor, dass etwa 500.000 Österreicher:innen vor diesem Problem stehen. Eine Zahl, die sich in den vergangenen zwölf Monaten verdoppelt hat.

Menschen stehen in der MAriahilfer Straße in Wien Schlange vor einem Geschäft. Symbolbild für die Inflation Österreich.
Immer mehr Menschen haben Zahlungsschwierigkeiten. Immer weniger Geld bleibt zum Einkaufen. | © Adobestock/Spitzi-Foto

Das hat auch Auswirkungen auf den Konsum. Das verfügbare Einkommen für Einkäufe ist bei der Hälfte aller Österreich:innen gesunken. 53 Prozent wollen auf größere Anschaffungen im Jahr 2023 nach Möglichkeit verzichten oder sie zumindest hinauszögern.

Preise in den Supermärkte ziehen stark an

Wie stark die Preise derzeit steigen, zeigt auch der Preismonitor der Arbeiterkammer (AK), der ganz konkrete Beispiele anführt.

  • Fischstäbchen von Clever (450 Gramm) hatten Billa und Billa Plus im März 2022 um 1,99 Euro, im März 2023 kosteten die preiswertesten verfügbaren Fischstäbchen der Marke Billa (450 Gramm) 4,49 Euro – das ist ein Plus von 125,8 Prozent.“
  • „Für das Sonnenblumenöl von Bellasan verlangte Hofer im März 2022 1,50 Euro pro Liter, im März 2022 3,25 Euro pro Liter – das ist eine fette Preissteigerung von 116,7 Prozent.“
  • „Um 0,14 Euro gab es das Haarshampoo von S-Budget (pro 100 Milliliter) bei Spar und Interspar im Geschäft im März 2022, im März 2023 kostete das preiswerteste verfügbare Shampoo von Beauty Kiss 0,40 Euro (pro 100 Milliliter) – das ist eine haarsträubende Erhöhung von 185,7 Prozent.“
  • „Für ein Kilogramm Wiener Feinkristallzucker von Agrana veranschlagte der Billa und Interspar Online-Shop im April 2022 noch 0,99 Euro, im April 2023 bereits 1,59 Euro – das ist ein Plus von 60,6 Prozent.

Gabriele Zgubic, Konsument:innenschützerin bei der AK, mahnt: „Bei vielen Menschen ist es eng mit den ganzen monatlichen Zahlungen. Daher greifen sie beim Einkauf oft zu billigeren Produkten oder achten auf Aktionen. Schlimm ist, dass selbst vormals preisgünstige Produkte schon seit längerer Zeit viel mehr kosten.“

In den vergangenen zwölf Monaten seien die Preise für Lebens- und Reinigungsmittel derart gestiegen, dass sogar Einkäufe im Hofer durchschnittlich um 22,3 Prozent teurer geworden sind, rechnet der Preismonitor vor. Damit ist der Discount immer noch der günstigste Anbieter. Denn die Mitbewerber wie Lidl (+ 26,8 Prozent), Penny (+ 22,8 Prozent), Spar (+ 32,5 Prozent) und Billa (+ 34,6 Prozent) hätten die Preise noch stärker angehoben.

Wer von der Inflation in Österreich profitiert

Nicht nur die Inflation bleibt hoch, auch die Unternehmensgewinne sprudeln. OMV, Verbund und Erste Group zahlten die höchste Unternehmensdividende ihrer Firmengeschichte. Die 20 Unternehmen auf dem Wiener Leitindex ATX knackten zusammen sogar die Marke von 6 Milliarden Euro, wie der AK Dividendenreport vorrechnet.

Viele der 20 ATX-Konzerne scheinen die Inflation genutzt zu haben, um die Gewinnmargen nach oben zu schrauben. Dieses Bild zeichnen zumindest die ausgewiesenen Gewinne. „Aktuell liegen wir bei den 17 analysierten Unternehmen bei 14,7 Milliarden Euro, nach 2021 ein neuerliches Rekordjahr. Erstmals in der Geschichte des ATX dürften wir aber bei Vorlage aller Ergebnisse sogar die 15-Milliarden-Euro-Grenze überspringen“, rechnet Markus Oberrauter, Betriebswirt in der AK Wien und Studienautor des Dividendenreport, vor. Eine Gewinn-Preis-Spirale liegt nahe.

Inflation macht Österreich zum viertteuersten EU-Land

Was angesichts der aktuellen Preisexplosion in Vergessenheit gerät, ist, dass die Preise in Österreich schon seit dem Jahr 1996 stärker steigen als beispielsweise in Deutschland, wie eine Auswertung des Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung Wien (WIFO) zeigt. Seit dem Jahr 2007 geht die Schere deutlich stärker auseinander. Mittlerweile ist Österreich das viertteuerste Land der Eurozone. Lediglich in Luxemburg, Finnland und Irland sind die Lebenshaltungskosten höher. Nachbar Deutschland liegt auf Rang acht.

Vor allem die Lebensmittelpreise machen die Preissteigerungen deutlich. Noch vor zwanzig Jahren waren die in Deutschland etwa 3 bis 5 Prozent billiger. Mittlerweile müssen Österreicher:innen im Supermarkt 20 Prozent mehr zahlen als die deutschen Nachbarn.

Im April 2023 lag die Inflation in Deutschland bei 7,2 Prozent. Also etwa 2,5 Prozentpunkte niedriger als in Österreich. Kein Wunder. In Österreich hat der Tourismus im Warenkorb ein größeres Gewicht als in Deutschland. Genau hier steigen aktuell die Preise. „Die Teuerung nimmt zunehmend in den Bereichen Freizeit, Reisen und Dienstleistungen an Fahrt auf“, führte Statistik-Austria-Chef Tobias Thoma bei der Präsentation der Inflationszahlen aus.

Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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