Inflation liegt bei 11,1 Prozent: Überreiche schlafen trotzdem gut

Eine Frau zahlt an der Kasse vom Supermarkt. Die Inflation steigt auf 11,1 Prozent.
Der Gang zur Supermarktkasse wird immer teurer: Doch längst nicht alle sind davon betroffen. | © Adobestock/Halfpoint
Die Inflation ist im Jänner wieder gestiegen. Die Preise für Waren des täglichen Bedarfs bleiben weiter hoch. Normale Bürger:innen müssen den Gürtel enger schnallen. Ihre Chefs nicht.
Die Inflation kommt weiter nicht zur Ruhe. Wie die Statistik Austria am Mittwoch in ihrer Schnellschätzung mitteilte, steigt die Inflation auf 11,1 Prozent. Damit erreicht sie den höchsten Wert in der aktuellen Teuerungswelle, nach 11,0 Prozent im Oktober 2022. Vor allem günstige Lebensmittel des täglichen Bedarfs sind davon betroffen. Doch längst nicht alle müssen sich um die Preissteigerung sorgen. ATX-Vorstandsvorsitzende konnten im abgelaufenen Jahr ihr Gehalt um 34 Prozent erhöhen. Sie verdienen mittlerweile das 80fache ihrer eigenen Angestellten.

Preissteigerung trifft nicht alle gleich

Die Inflation in Österreich war bereits im Dezember zweistellig. Statistik Austria gab sie mit 10,2 Prozent an. Entsprechend dramatisch haben sich seit September 2021 – als der kontinuierliche Preisanstieg begann – die Verbrauchpreise entwickelt. Die Arbeiterkammer (AK) kontrolliert sie mit einem eigenen Preismonitor, der stark an der Lebenswirklichkeit orientiert. Darauf sind 40 Lebens- und Reinigungsmittel gelistet. Für den Vergleich zieht die AK außerdem das preiswerteste Produkt heran, das in Wiener Supermärkten zu bekommen ist (dazu zählen auch Diskonter).

Noch im Dezember 2021 hätte der Warenkorb 54 Euro gekostet. Er repräsentiert einen Wocheneinkauf (mit den günstigsten Produkten, die erhältlich sind). Im vergangenen Monat hätte der gleiche Warenkorb 72,53 Euro gekostet. Also satte 34,3 Prozent mehr. Galten lange Zeit die Preissteigerungen bei Gas und Öl als die Inflationstreiber, sind es jetzt grundlegende Güter des täglichen Bedarfs. Im Betrachtungszeit (September 2021 bis Dezember 2022) haben folgende zehn Waren die größten Preissprünge gemacht.

  1. Sonnenblumenöl – plus 167,3 %
  2. Mehl – plus 111,1 %
  3. Penne-Nudeln – plus 91 %
  4. Feinkristallzucker – plus 81 %
  5. Teebutter – plus 77,2 %
  6. Cola-Getränk – plus 77,1 %
  7. Zahnpasta – plus 68,1 %
  8. Tomaten – plus 58 %
  9. WC-Papier – plus 54,3 %
  10. Katzenfutter – plus 51,1 %

Naheliegende Lösungen gegen Preissteigerung

Um gegen den Schock an der Supermarktkasse vorzugehen, liegen bereits Lösungen gegen die Preissteigerung auf dem Tisch. So schlägt die SPÖ beispielsweise vor, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel auszusetzen. Auch die Einführung einer Anti-Teuerungskommission ist im Gespräch. Sie soll Preiskontrollen durchführen (wie sie etwa Ökonomin Isabella Weber fordert) und vor allem im Bereich Energie und Lebensmittel auch Sanktionen aussprechen können. „Im Unterschied zu heute, braucht es eine Anti-Teuerungskommission mit Zähnen, die der Regierung und den Konzernen auf die Finger schaut“, ordnet Josef Muchitsch, SPÖ-Sozialsprecher, den Vorschlag ein. Im Interview mit Arbeit&Wirtschaft haben sich auch AK-Präsidenten Renate Anderl und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian für nachhaltige Anti-Teuerungsmaßnahmen ausgesprochen.

Die wirksamste Hilfe für die Menschen, um mit der Inflation klarzukommen, sind Lohnsteigerungen. Die Gewerkschaften erzielten in einer sehr komplexen Herbstlohnrunde Abschlüsse, die allesamt oberhalb der rollierenden Inflation lagen. Also höher waren als die Preissteigerungen der vorangegangenen zwölf Monate. Große Signalwirkung hatte natürlich der Abschluss der Metaller:innen. Doch solche Lohnabschlüsse verblassen schnell im Vergleich zu den Topverdienern im Land.

Im Jahr 2021 lag die durchschnittliche Vergütung der ATX-Vorstandsvorsitzenden bei 2,8 Millionen Euro. Das ist eine Steigerung um 33,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zum Vergleich: Das Medianeinkommen in Österreich betrug im Jahr 2020 genau 34.092 Euro. Im Jahr 2021 waren es 34.776 Euro. Das entspricht einer Steigerung von gerade einmal zwei Prozent.

Fat Cat Day

Im Jahr 2020 hat ein ATX-Vorstandsvorsitzender noch das 61fache des Medieneinkommens verdient. Im Jahr 2021 war es bereits das 80fache. Um auf diesen enormen Unterschied aufmerksam zu machen, gibt es den Fat Cat Day. Es ist der Tag im Jahr, an dem ein ATX-Vorstandsvorsitzender bereits so viel verdient hat, wie ein durchschnittlicher Bürger im ganzen Jahr. Im Jahr 2022 war das am 5. Januar der Fall. Und auch das nur, weil der 1. Jänner ein Feiertag ist. Wegen ihres Stundenlohns von 729 Euro müssen sie gerade einmal 48 Stunden arbeiten, um das österreichische Medianeinkommen zu verdienen.

Wobei es auch bei den Spitzenverdienern enorme Einkommensunterschiede gibt. Entsprechend brauchen sie auch mehr oder weniger Arbeitstage, um das österreichische Medianeinkommen zu verdienen. Die fünf größten Fat Cats in den ATX-Unternehmen (laut Vergütung im Jahr 2021).

  1. Anas Abuzaakouk – Bawag Group AG – 10.519.000 Euro – 1,1 Arbeitstage
  2. Heimo Scheuch – Wienerberger AG – 6.951.531 Euro – 1,6 Arbeitstage
  3. Peter Oswald – Mayr Meinhof AG – 5.860.541 Euro – 1,9 Arbeitstage
  4. Wolfgang Leitner – Andritz AG – 4.633.641 Euro – 2,4 Arbeitstage
  5. Herbert Eibensteiner – Voestalpine AG – 4.139.555 Euro – 2,7 Arbeitstage

Am anderen Ende der Liste finden sich Stefan Szyszkowitz (EVN AG, 628.400 Euro, 17,7 Tage) und Cord Prinzhorn (Lenzing AG, 490.000 Euro, 22,7 Arbeitstage).

Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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