Sich das Wohnen leisten können

Eine Wohnung in Wien. Zwei ältere Frauen sitzen an einem Tisch. Symbolbild für Unterstützungsleistungen im Bereich Wohnen.
Die Ausgaben fürs Wohnen steigen weiter. Welche Unterstützungsleistungen können dagegen helfen? | © viennaslide/picturedesk.com
Mieten, Energieausgaben, aber auch Zinsen für Wohnkredite – sie alle steigen, teils erheblich. Immer mehr Menschen wissen nicht mehr, wie sie ihr Dach über dem Kopf zahlen können. Welche Unterstützungsleistungen gibt es? Und wie müsste Politik hier gegensteuern?
Wohnkosten, die aufs Gemüt drücken: Fast jeder und jede Zweite empfindet derzeit die nötigen Aufwendungen für Wohnung oder Haus als belastend, ein Fünftel sogar als sehr belastend. Und dabei sind Mieter:innen bereits besonders unter Druck, wie eine aktuelle Integral-Umfrage unter 1.000 Befragten zeigt. 60 Prozent von ihnen stöhnen angesichts der gestiegenen Vorschreibungen. Und je geringer das Einkommen, desto enger wird es: Von jenen Menschen, die bis zu 2.000 Euro brutto verdienen, werden die Wohnausgaben sogar zu 66 Prozent als belastend empfunden. Unterstützungsleistungen fürs Wohnen werden immer wichtiger.

Die Belastung abfedern könnte eine Mietpreisbremse, doch am Mittwoch der Paukenschlag. Eine türkis-grüne Mietpreisbremse wird es nicht geben, sondern stattdessen eine Wohnkostenbeihilfe – die ÖVP setzte sich durch. 250 Millionen Euro nimmt die Regierung dafür in die Hand (25 Millionen davon wandern zum Wohnschirm). Betroffene bekommen hier eine Einmalzahlung (die sie beantragen müssen) – pro Haushalt werde sich die Beihilfe auf etwa 200 Euro belaufen. Die Regierung geht von einer Million Anspruchsberechtigten aus.

Damit steht nun auch fest: Am 1. April werden die Richtwertmieten um weitere 8,6 Prozent erhöht. Betroffen sind davon rund 776.000 Mieter:innen österreichweit. Wohn-Experte Thomas Ritt von der AK Wien hat ausgerechnet, dass auf sie dadurch Mehrkosten von im Schnitt 450 Euro im Jahr zukämen.

Unterstützungsleistungen fürs Wohnen gegen hohe Preise

Dabei sind, laut den neuesten Zahlen der Statistik Austria, die Mieten in ganz Österreich im Jahresvergleich (4. Quartal 2021 zu 4. Quartal 2022) bereits um sieben Prozent gestiegen. Und, wie Lukas Tockner, Referent für Wohnpolitik in der AK Wien, hervorstreicht: Haushalte, deren Miete an den Verbraucherpreisindex gebunden ist, hatten vergangenes Jahr bereits zwischen einer und drei Mieterhöhungen. „Und weitere Erhöhungen stehen schon wieder bevor.“

Konkret führt Tockner dazu aus: Die Richtwertmieten wurden vergangenes Jahr um rund 5,9 Prozent erhöht. Jetzt steht eben mit April eine weitere massive Anhebung an. Die Kategorie-Mieten wurden vergangenes Jahr dreimal erhöht, die Erhöhungen beliefen sich insgesamt auf 17,5 Prozent. Im Juli könnte es erneut teurer werden. „Nachdem hier eine fünfprozentige Schwelle bei den Verbraucherpreisen maßgeblich ist, wären das dann vier Erhöhungen in 15 Monaten von in Summe über 23 Prozent.“ Bei den freien Mieten gebe es laut Auskunft der Mietervereinigung Indexierungen gemäß dreiprozentiger und fünfprozentiger Schwellenwerte gleich häufig. „Im zweijährigen Vergleich sind Verbraucherpreise mittlerweile um über 18 Prozent gestiegen“. Tockner rechnet daher vor: „Das heißt, Mieter:innen mit freiem Mietzins und Drei-Prozent-Klausel hatten in diesem Zeitraum bereits fünf Mieterhöhungen.“ Und der AK-Experte warnt: „Wenn die Inflation weiter hoch bleibt, wird es auch in diesem Bereich zeitnah weiter Erhöhungen geben.“

Jeder Dritte erwartet Zahlungsschwierigkeiten

Extreme Anstiege gab es aber vor allem bei den Energiekosten: Haushaltsenergie verteuerte sich im Jänner 2023 um 40,8 Prozent, sagt Angela Pfister vom Volkswirtschaftlichen Referat des ÖGB. Wer mit Gas heizt, sieht sich mit einer Verteuerung von 104 Prozent konfrontiert. „Manch einer muss sogar das Drei- bis Siebenfache zahlen.“ Und dann sind da noch die gestiegenen Zinsen für Kredite, die zur Errichtung oder dem Kauf eines Eigenheims aufgenommen wurden. Bei variabel verzinsten Bankkrediten hat sich das Zinsniveau innerhalb eines Jahres um bis zu 3,25 Prozent erhöht, sagt Augustin Gerhard, Experte für Kredite in der AK Oberösterreich. Bei variabel verzinsten Bauspardarlehen betrage der Zinsanstieg sogar bis zu 3,5 Prozent.

Geldscheine und Münzen liegen auf einem Tisch, darauf zwei Stromstecker. Symbolbild für die hohen Strompreise.
Die hohen Energiekosten sind nicht mehr für alle leistbar. | ©Adobestock/nevodka.com

Da verwundert es nicht, dass sich im Vorjahr mehr als jeder Dritte Zahlungsschwierigkeiten bei Miete, Wohnkredit, Wohnnebenkosten oder Betriebskosten erwartete, wie eine Umfrage der Statistik Austria im dritten Quartal 2022 zeigte. Und die Kosten sind seitdem nicht gesunken, im Gegenteil.

Nicht den Kopf in den Sand stecken

Was aber tun, wenn es sich hinten und vorne nicht mehr ausgeht mit dem Geld? Nicht den Kopf in den Sand stecken, so Ritt. „Menschen tendieren dann dazu, Briefe vom Vermieter oder dem Gericht aus Angst nicht zu öffnen.“ Wichtig wäre allerdings, hier sofort ins Tun zu kommen – Schreiben zu öffnen, eine Beratungsstelle aufzusuchen (etwa jene der Arbeiterkammer) und sich über Unterstützungsleistungen fürs Wohnen zu informieren.

Stichwort Unterstützungsleistungen fürs Wohnen: Ja, hier gibt es teils einen Bürokratiedschungel, bestätigt Ritt. Es gibt zum Beispiel bei der Wohnbeihilfe unterschiedliche Vorgaben je nach Bundesland, ähnlich verhält es sich mit Heizkostenzuschüssen und den Energieunterstützungen, mit denen die öffentliche Hand versucht, die enorm gestiegenen Energiekosten abzufedern. Bevor Betroffene beispielsweise Wohnbeihilfe beantragen können, muss Sozialhilfe oder Mindestsicherung bezogen werden.

Energieunterstützungen wurden einerseits mit der Gießkanne verteilt (Bonuszahlung), andererseits müssen sie beantragt werden, wobei die Stadt Wien zum Beispiel für besonders Einkommensschwache zusätzliche Unterstützung anbietet, die es in anderen Bundesländern noch nicht gibt, wie Sandra Matzinger, Referentin in der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK Wien erläutert. „Wir sehen hier wieder einmal eine zerspragelte Situation zwischen Bund und Ländern, manchmal muss man sich an Sozialorganisationen wenden, manchmal an Gemeinden.“ Nur die Strompreisbremse wirkt grundsätzlich für alle Haushalte, da diese direkt von den Stromanbietern abgewickelt werden muss – aber auch hier gebe es immer wieder Probleme, so Matzinger.

Unterstützungsdschungel

Die A&W-Redaktion versucht diesen Unterstützungsdschungel an Hand zweier Beispiele zu illustrieren: Zum einen haben wir exemplarisch alle Beihilfen in einem Bundesland betrachtet, und zwar in Oberösterreich. Zum anderen haben wir uns quer durch alle Bundesländer angesehen, welche Voraussetzungen für den Bezug eines Heizkostenzuschusses gelten und wie hoch dieser ausfällt.

Wir sehen hier wieder einmal eine
zerspragelte Situation zwischen Bund und Ländern,
manchmal muss man sich an Sozialorganisationen wenden,
manchmal an Gemeinden. 

Sandra Matzinger, Referentin in der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK Wien

In Oberösterreich gibt es einerseits die Wohnbeihilfe des Landes, wie Roman Raab von der Abteilung für Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik der AK Oberösterreich erläutert. Der zuerkannte Betrag errechnet sich aus dem anrechenbaren Wohnungsaufwand minus dem zumutbaren Wohnungsaufwand. Die Einkommensgrenze für den Bezug orientiert sich am Ausgleichszulagenrichtsatz und die maximale Höhe der Unterstützungsleistungen fürs Wohnen sind 300 Euro pro Monat. Die Miete darf allerdings maximal sieben Euro pro Quadratmeter betragen – und unterstützt wird mit höchstens 3,70 Euro pro Quadratmeter als Berechnungsbasis. Um die Teuerung abzufedern, gewährt das Land zudem einen 100 Euro-Teuerungsfreibetrag bei den Einkommensgrenzen, „dieser wirkt wie eine Erhöhung der Wohnbeihilfenauszahlung“.

Wo bleibt die Treffsicherheit?

Im Bereich der Energiekosten gibt es in Oberösterreich zwei Unterstützungsleistungen, um die Betroffene ansuchen können. Da ist zum einen der Heizkostenzuschuss für niedrige Haushaltseinkommen. Dieser wurde nun von bisher 175 Euro auf 200 Euro erhöht. Dieser Betrag wird einmal pro Heizperiode ausbezahlt. Darüber hinaus gibt es den Energiekostenzuschuss. Haushalte, die 2022 den Heizkostenzuschuss zuerkannt bekamen, erhalten zusätzlich 200 Euro, auch das ist eine Einmalzahlung.

Kritisch merkt Raab an, dass laut einer Erhebung der AK OÖ nur ein Drittel der Menschen, die diese Unterstützungen bräuchten, diese auch bekommen. „Vor allem die Wohnbeihilfe ist nicht treffsicher. Die Bezugsbedingungen müssten dringend an die realen Preise angepasst werden, der Zugang gehört vereinfacht.“ Der Wohnzufriedenheitsindex der AK OÖ fragt in verschiedenen Kategorien die Zufriedenheit ab, der höchste Wert liegt jeweils bei 100. Während die Zufriedenheit mit der Immobilie an sich bei 78 Punkten liegt und die Wohnumgebung mit 77 Punkten bewertet wird, werden im Bereich Leistbarkeit nur 63 Punkte erreicht.

Wie hoch ist der Heizkostenzuschuss in den einzelnen Bundesländern?

Beispiel Heizkostenzuschuss: Hier gibt es in jedem Bundesland eine andere Regelung – es differieren dabei die Höhe der Unterstützung ebenso wie die Einkommensgrenzen, die über den Anspruch entscheiden, erläutert Angela Pfister.

Wie hoch ist der Heizkostenzuschuss in den einzelnen Bundesländern?
Hier eine Übersicht (Stand Ende Jänner):

  • Burgenland: Zuschuss von bis zu 700 Euro, Einkommensgrenzen: 979 Euro netto (Einpersonenhaushalt), 1.544 Euro netto (Zweipersonenhaushalt)
  • Kärnten: Zuschuss von bis zu 160 Euro, Einkommensgrenzen: 1.250 Euro netto (eine Person), 1.730 Euro netto (zwei Personen); Zuschuss von bis zu 230 Euro, Einkommensgrenzen: 1.100 Euro netto (eine Person), 1.560 Euro netto (zwei Personen)
  • Niederösterreich: Zuschuss von bis zu 300 Euro, Einkommensgrenzen: 1.110,25 Euro brutto (eine Person), 1.751,54 Euro brutto (zwei Personen) plus Stromrabatt
  • Oberösterreich: Zuschuss von bis zu 400 Euro, Einkommensgrenzen: 1.200 Euro netto (eine Person), 1.800 Euro netto (zwei Personen)
  • Salzburg: Zuschuss von bis zu 300 Euro, Einkommensgrenzen: 1.055 Euro netto (eine Person), 1.583 Euro netto (zwei Personen)
  • Steiermark: Zuschuss von bis zu 340 Euro, Einkommensgrenzen: 1.371 Euro netto (eine Person), 2.057 Euro netto (zwei Personen)
  • Tirol: Zuschuss von bis zu 250 Euro, Einkommensgrenzen: 1.000 Euro netto (eine Person), 1.590 Euro netto (zwei Personen)
  • Vorarlberg: Zuschuss zwischen 180 und 330 Euro, Einkommensgrenzen: 1.371 Euro (eine Person), 2.057 Euro (zwei Personen)
  • Wien: Zuschuss von 200 Euro, Einkommensgrenzen: 2.857,14 Euro brutto (eine Person), 100.000 Euro jährlich brutto (zwei Personen)

Konkrete Hilfe in der Not

In den Bundesländern gibt es zusätzlich zur Abfederung der aktuell hohen Kosten einen Energiekostenzuschuss oder einen Bonus wie in Kärnten oder in der Steiermark, sagt Pfister. Tirol zahlt hier 250 Euro an Einpersonenhaushalte mit einem Netto-Einkommen von bis zu 1.900 Euro netto und an Zweipersonenhaushalte mit einem Netto-Einkommen bis zu 2.700 Euro netto. In Wien gab es 2022 und gibt es auch 2023 einen Energiebonus in Höhe von 200 Euro. Diesen erhalten alleinstehende Personen mit einem Bruttojahresbezug von bis zu 40.000 Euro und Zweipersonenhaushalte mit einem Bruttojahreseinkommen von bis zu 100.000 Euro. Darüber hinaus werden Zahlungsrückstände bei Strom und Gas bis zu 500 Euro übernommen, hier sind Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, Mindestsicherung, Wohnbeihilfe, Ausgleichszulage, Pensionsvorschuss und Umschuldungsgeld sowie GIS-befreite Personen anspruchsberechtigt (Energieunterstützung Plus). Ein Teil dieses Personenkreises bekommt zudem eine Energiekostenpauschale in Höhe von 200 Euro.

Weitere Unterstützungsleistungen soll es auch in anderen Bundesländern geben – denn der Bund hat im Dezember 2022 hier Mittel in Höhe von 500 Millionen Euro beschlossen, die nun an die Länder verteilt werden. Mit diesen Geldern gäbe es finanziellen Spielraum, Betroffene zu unterstützen, betont Pfister. Wien, Salzburg, Kärnten, Vorarlberg oder Oberösterreich hätten hier schon konkrete Schritte gesetzt.

Wie aber finden Menschen, die sich schwertun, ihre Kosten zu finanzieren, heraus, welche Unterstützungsleistungen fürs Wohnen sie beziehen können und wohin sie sich dafür wenden können? „Hier haben wir als AK in der Coronazeit den Wohnschirm gefordert“, betont Ritt. Dieser wurde inzwischen auch eingerichtet. Seit 2022 hilft er bei Wohnkosten (konkret bei Mietrückständen), seit diesem Jahr auch bei Energiekosten (sowohl bei Rückständen als auch in Form einer Pauschalzahlung, wenn es schwerfällt, die laufenden Vorschreibungen zu bezahlen). Der Wohnschirm ressortiert zum Sozialministerium, wurde aber in der Abwicklung an NGOs übertragen, wobei der Volkshilfe Wien die Gesamtkoordination zukommt.

Überlastete Beratungsstellen

Alexandra Adam leitet seitens der Volkshilfe Wien die Abwicklungsstelle des Unterstützungsprogramms Wohnschirm. Für Wohnungssicherung wurden seit 2022 hier bereits über 7.000 Betroffene mit 8,5 Millionen Euro unterstützt (über 3.000 Anträge), sagt sie. Der Wohnschirm Energie, den es erst seit Jahresbeginn gibt, zahlte bisher 2,2 Millionen Euro, bewilligt wurden dabei rund 1.200 Anträge. Das große Plus des Wohnschirms: hier gibt es auch eine Beratung und Nachhaltigkeit steht im Vordergrund. „Wir schauen uns in der Beratung also an, ob eine Wohnung mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen gehalten werden kann.“ Dabei werden die Ausgaben nach Dingen durchforstet, auf die verzichtet werden kann (ähnlich wie bei einer Schuldner:innenberatung), es wird aber auch überprüft, ob es zum Beispiel möglich ist, auf einen günstigeren Energieanbieter umzusteigen oder auf welche Förderungen und Unterstützungsleistungen noch Anspruch besteht.

Einmalige Zuschüsse reduzieren
die Energiekosten bei weitem nicht ausreichend und
haben keine dauerhaft dämpfende
Wirkung auf die Inflationsrate. 

Angela Pfister, Expertin im Volkswirtschaftlichen Referat des ÖGB

Was sich zeigt: Der Bedarf an dieser Form der Beratung und Unterstützung ist hoch. „Die Beratungsstellen sind teilweise überlastet, in Wien beträgt die Wartezeit auf einen Termin derzeit zum Beispiel drei bis vier Wochen.“ Daher sei nun eine Ausschreibung erfolgt, um weitere Beratungsstellen für den Wohnschirm zu gewinnen. Integrieren will man in das Netz indessen vor allem NGOs, die Beratung in mehreren Sprachen anbieten, wie etwa Flüchtlingsberatungsstellen. Was Adam auch festhält: „Wenn man sich den Haushaltsplan der Betroffenen ansieht, wird es immer schwieriger, etwas wegzustreichen. Die Kosten für Wohnen, Energie, Lebensmittel sind inzwischen einfach zu hoch.“

Preissteigerungen bremsen

AK und ÖGB plädieren daher auch dafür, weniger bei Hilfen als bei den Wohnkosten an sich anzusetzen. Alles, was Menschen helfe, sei zu begrüßen, meint ÖGB-Expertin Pfister, sie sagt aber auch: Es ist nur die zweitbeste Lösung. „Einmalige Zuschüsse reduzieren die Energiekosten bei weitem nicht ausreichend und haben keine dauerhaft dämpfende Wirkung auf die Inflationsrate.“

Worauf sich die Regierung bereits einigen konnte, ist die Strompreisbremse. Hier gibt es einen Zuschuss ab einem unteren Referenzwert von zehn Cent pro Kilowattstunde bis zu einer oberen Grenze von 40 Cent pro Kilowattstunde. Die Abrechnung erfolgt direkt mit den Energieanbietern. Pfister bemängelt hier, dass Energieanbieter nicht transparent darlegen müssen, wie ihre Preise zustande kommen und dass es keinen Preisdeckel für das Heizen gibt.

Diese Kritik wird nachvollziehbar, wenn man sich etwa die Bilanz des Stromkonzerns Verbund ansieht. Für diesen war 2022 ein Rekordjahr. Er verdoppelte das Konzernergebnis von 873 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2022. Für den Strom aus Wasserkraft erzielte der Verbund im Großhandel durchschnittlich einen Preis von 115 Euro pro Kilowattstunde – 2021 betrug dieser Wert 55 Euro.

Inflationsspirale aufhalten

Vehement fordern ÖGB und AK nun auch Preisbremsen bei anderen Energieträgern wie Gas, aber auch Pellets oder Heizöl. Nur wenn diese Kosten gedämmt werden, höre auch die Inflationsspirale auf, sich zu drehen, gibt Pfister zu bedenken. Vor allem aber brauche es in Österreich auch dringend eine Mietpreisbremse, sagt Tockner. Die Mieteinnahmen würden seit zehn Jahren überproportional steigen. „Die Mieten im privaten Sektor sind pro Quadratmeter schon in den zehn Jahren vor der Teuerungswelle doppelt so stark gestiegen wie die Verbraucherpreise insgesamt. Wenn auf diese hohen Mieten jetzt auch noch die ganze Rekordteuerung draufkommt, wird das für viele unerträglich.“

Hier brauche es zwei rasche Maßnahmen: Einerseits einen Stopp für befristete Mietverträge, sie seien Preistreiber. Und andererseits eben eine Mietpreisbremse in Höhe von zwei Prozent pro Jahr. „Einige Länder haben das ja schon gemacht“, so Tockner. Frankreich habe die Mieterhöhungen auf 3,5 Prozent einmal im Jahr begrenzt, Dänemark auf vier Prozent und Spanien sowie Portugal auf zwei Prozent. „Eine Mieterhöhung pro Jahr ist genug, die Gewerkschaft verhandelt ja auch nur einmal im Jahr die Löhne“, betont der AK-Experte.

Wohnen wieder leistbar machen

Nur Österreich hängt beim Thema Mietpreisbremse nach. Dementsprechend sind die Reaktionen auf die Absage der Mietpreisbremse. Der ÖGB bekräftigte in einer ersten Reaktion die Forderung, die Mieten nicht zu erhöhen, solange die Inflation hoch ist. Danach sollen inflationsbedingte Anpassungen zwei Prozent nicht übersteigen. „Alles, was darüber hinausgeht, wandert nämlich in die Taschen der Immo-Branche“, so die Leitende Sekretärin des ÖGB, Ingrid Reischl. In Richtung Regierung betonte sie: Gefragt sei keine Almosenpolitik, sondern „ein voller Mieten-Stopp“.

Massive Kritik kam auch von der Mietervereinigung Österreichs (MVÖ). „Die Lösung der Koalition ist nun die Aufstockung der Wohn- und Heizkostenzuschüsse um 225 Millionen Euro – womit vorrangig einkommensschwache Haushalte unterstützt werden sollen. Somit soll das ‚unterste Einkommensviertel‘ die Möglichkeit bekommen, um Hilfe anzusuchen. Was ist allerdings mit den Menschen der mittleren Einkommensschicht oder Menschen, die kein eigenes Einkommen haben, wie etwa Studenten? Die Reichen noch reicher zu machen, scheint das Motto der Regierung zu sein. Sie betreiben lieber Vermieterinnen- und Vermieterförderung als eine vernünftige Lösung zu schaffen“, so Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien, in einer Aussendung der MVÖ. Um Wohnen in Österreich wieder leistbar zu machen, brauche es ein Mietrecht für alle mit echten Preisgrenzen, das Aus für befristete Mietverträge und eine faire Neugestaltung des Betriebskostenkatalogs.

Über den/die Autor:in

Alexia Weiss

Alexia Weiss, geboren 1971 in Wien, Journalistin und Autorin. Germanistikstudium und Journalismusausbildung an der Universität Wien. Seit 1993 journalistisch tätig, u.a. als Redakteurin der Austria Presse Agentur. Ab 2007 freie Journalistin. Aktuell schreibt sie für das jüdische Magazin WINA sowie für gewerkschaftliche Medien wie die KOMPETENZ der GPA-djp oder die Gesunde Arbeit. 2022 erschien ihr bisher letztes Buch "Zerschlagt das Schulsystem ... und baut es neu!" (Verlag Kremayr & Scheriau).

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