1923–2023: 100 Jahre Arbeit&Wirtschaft

Die erste Ausgabe der Arbeit&Wirtschaft
100 Jahre A&W. Wir blicken auf die erste Ausgabe. | © emedien.arbeiterkammer.at

Inhalt

  1. Seite 1 - Gründung, Zensur und Wiedergründung
  2. Seite 2 - 1921-1923: Über die politische und wirtschaftliche Lage
  3. Seite 3 - Die erste Ausgabe
  4. Seite 4 - Karl Renner "Der wirtschaftliche Klassenkampf"
  5. Seite 5 - Ferdinand Hanusch: "Volkswirtschaft und Sozialpolitik"
  6. Seite 6 - Viktor Stein: "Die Gewerkschaftsbewegung und der Faschismus"
  7. Seite 7 - Die Rundschau
  8. Seite 8 - Die Herausgeber und Redakteure: Kurzbiografien
  9. Auf einer Seite lesen >
Arbeit&Wirtschaft erschien erstmals am 1. Jänner 1923. Wie die Herausgeber Anton Huebner und Franz Domes sowie die Redaktion im Geleit zur ersten Ausgabe schrieben, war das Ziel der Arbeit&Wirtschaft: "Die Machtposition der Arbeit in der Wirtschaft und Gesellschaft darstellen". Ein Dokument Zeitgeschichte der Arbeiter:innenbewegung in Österreich.
Arbeit&Wirtschaft erschien erstmals am 1. Jänner 1923. Die 100 Jahre seither waren von einem Wechsel zwischen Demokratie und Diktatur, von Wirtschaftskrise zu Wohlstandstand gekennzeichnet. Wir werden diese wechselvolle Geschichte mit Unterstützung der Inhalte der A&W aus zehn Jahrzehnten in den kommenden zwölf Monaten begleiten und so einen Abriss der demokratischen, sozialpolitischen und wirtschaftlichen Geschichte Österreichs bieten.

Über Gründung, Zensur und Wiedergründung

Nach ihrer Gründung erschien die „Arbeit&Wirtschaft“ anfangs als Monatszeitschrift und später in einem zweiwöchigen Rhythmus. In den Jahren 1933 und 1934, als Gewerkschaftsblätter bereits unter die Zensur fielen und ihre Verbreitung verboten wurde, kämpfte die „Arbeit&Wirtschaft“ noch dagegen an. Aber auch sie musste 1934 eingestellt werden. Im Jahr 1947 nach dem Austrofaschismus und der nationalsozialistischen Diktatur wurde sie wiedergegründet.

Im Auftrag der Arbeitnehmer:innen

Im Geleit zur ersten Ausgabe der „Arbeit&Wirtschaft“ hielten Herausgeber und Redakteure ihre Zielsetzungen fest:

Das Geleit
© emedien.arbeiterkammer.at

• Machtposition der Arbeit in der Wirtschaft und Gesellschaft darstellen.

• Die Arbeit hat nicht bloß das Recht, sondern die Pflicht und bei ihrer imposanten organisatorischen und geistigen Stärke die Möglichkeit, vor die Öffentlichkeit hinzutreten, um ihre Anschauung und Absichten, ihre Vorstellungen und Wünsche darzustellen.

• Es handelt sich um die Schaffung eines entsprechenden Organs, um der Öffentlichkeit, die praktisch und theoretisch an den großen Problemen der Gegenwart arbeitet, die Gedankenwelt der Arbeiterschaft zu eröffnen – in ihrem ganzen Reichtum und Buntheit.

• Arbeit&Wirtschaft will den Standpunkt der Arbeit zur Neureglung der Wirtschaft bekanntgeben und verfechten, durch Darlegung, Besprechung und Lösungsversuche der zahllosen Probleme der Gegenwart und der nahen Zukunft.

• Die Redaktion wird bemüht sein, der Würde und Bedeutung der Arbeit entsprechend, den richtigen Ausdruck für die Ansicht der Arbeiter und Angestellten zu finden. Sie wird daher Männer der Praxis und der Wissenschaft zu Worte gelangen lassen: in Abhandlungen und in sorgfältig ausgearbeiteten Übersichten wird den Lesern unserer Zeitschrift ein Bild des großen Strebens und Suchens geboten werden.

1921-1923: Über die politische und wirtschaftliche Lage

Am 26. Februar 1920 beschließt die konstituierende Nationalversammlung der jungen Republik Österreich das Gesetz über die Errichtung von Kammern für Arbeiter und Angestellte.

Im Jahr 1921 erfolgte per Gesetz die österreichweit Gleichstellung der Arbeiterkammern mit den Handelskammern. Diese rechtliche Gleichstellung war für die Gewerkschaften Ausdruck der Anerkennung der Arbeiterschaft als vollwertige BürgerInnen. Die Zielsetzung war

den Gewerkschaften ein Apparat zu sein, die Wirtschaft zu durchleuchten, sozialpolitisch das Gestrüpp gesetzlicher Einrichtungen zu durchdringen und arbeitsrechtlich alles verteidigen zu helfen.

erklärt Brigitte Pellar in ihrem Beitrag.

Im selben Jahr fanden die ersten Arbeiterkammerwahlen statt und der AK Wien wurde durch den Österreichischen Arbeiterkammertag die Interessensvertretung gegenüber dem Bund übertragen. Erster AK Präsident wurde Franz Domes, dem Ferdinand Hanusch als erster Direktor zur Seite stand (Quelle:Portal der Arbeiterkammer – 1918-1933: Gründung & erste Erfolge).

Wirtschaftlich stand die junge Republik Ende 1921 kurz vor dem Staatsbankrott. Die Regierung nahm ausländische Hilfe in Anspruch und akzeptierte die Bedingungen der Kapitalgeber, die sogenannte „Völkerbundanleihe“. Es folgte ein Sparpaket seitens der regierenden konservativen Regierung, das ähnlich jenem der Trojka für Griechenland in den 2000ern, möglichst wenige Staatsausgaben und das Zurückfahren des Sozialstaats vorsahen. Zwar wurde das Budget konsolidiert, der Schilling kurzfristig stabilisiert, jedoch die gerade anspringende Konjunktur erstickt. Die Arbeitslosenzahlen schnellten in die Höhe. Im Folgejahr 1922 erfolgte ein Wirtschaftseinbruch und die Inflationsrate schnellt auf neue Höhen.

Die erste Ausgabe

Nehmen wir uns die Zeit und werfen wir einen Blick in die erste Ausgabe. Es war, wie man heute sagt, das Who-is-Who der Sozialdemokratie und Gewerkschaftsbewegung und die Vertreter der Arbeiterkammern, die einen Beitrag in der ersten Nummer beisteuerten.

Inhalt der ersten Ausgabe
  • Zum Geleit
  • Der wirtschaftliche Klassenkampf, Karl Renner
  • Volkswirtschaft und Sozialpolitik, Ferdinand Hanusch
  • Der internationale Friedenskongress und die Gewerkschaften, Julius Deutsch
  • Krieg dem Kriege, Anton Hueber
  • Die Gewerkschaftsbewegung und der Faschismus, Viktor Stein
  • Streifzüge durch die Weltwirtschaft, Otto Leichter
  • Rundschau

Auf den folgenden Seiten haben wir einige, aus unserer Sicht, zentrale Aussagen der Artikel von Karl Renner, Ferdinand Hanusch und Viktor Stein zitiert und bieten eine Kurzbiografie der Herausgeber und Redakteure.

Karl Renner: „Der wirtschaftliche Klassenkampf“

Foto (C) dpa/picturedesk.com
© dpa/picturedesk.com

Renners Artikel widmete dem wirtschaftlichen Klassenkampf. In seinem Artikel beschreibt er, wie eine demokratische Republik geschaffen wurde, deren soziale Komponente gleichermaßen wichtig ist. Damit diese erhalten bleibt, müssen gewerkschaftliche und genossenschaftliche Organisationen Stärke beweisen. Die wichtigsten Aussagen:


Erfolgreicher als in irgendeinem der Sieger- oder Besiegtenstaaten hat die österreichische Arbeiterklasse nach dem Zusammenbruch des Weltkrieges den politischen Klassenkampf geführt: sie hat aus dem halb mittelalterlichen Staatswesen die demokratische Republik geschaffen,…

Der neue Staat, den die Arbeiterschaft aufrichtet, war indessen nicht bloß eine demokratische, sondern auch eine soziale Republik.

Die junge Republik schuf vor allem eine neue Arbeitsverfassung, indem sie die Organisationsfreiheit und die Gleichberechtigung der Arbeiterorganisationen verwirklichte…

Solange jedoch in Europa und in Österreich dieser Jungliberalismus nicht abgewirtschaftet hat, können wir vom Staate nicht mehr erwarten.

Da in diesem Augenblick positiv nichts vom Staat zu erwarten ist, muss das Denken der Klasse in der augenblicklichen Phase ganz darauf eingestellt werden, die gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Organisationen in der Krise aufrecht zu erhalten, ihre Ziele und Methoden zu überprüfen, Fehler, … , auszumerzen, alle Glieder der Organisation fest um eine ihre zentralen Leitungen zusammenzuschließen und die in Verzweiflung getriebenen Massen mit der Überzeugung zu erfüllen, dass diese Kampfmittel – selbst  wenn oder gerade weil eine so schwere Krise vorübergehend ihre Wirksamkeit schwächt – doch der letzte und stärkste Rückhalt der Klasse sind.

Die Spanne Zeit, die uns die augenblicklichen Einschränkungen politischer Erfolgsmöglichkeiten gönnt, wird nicht allzu lange währen – nutzen wir sie wohl!

Den gesamten Artikel finden Sie hier.

Zur Person
Karl Renner (1870-1950) war zunächst als Parlamentsbiblothekar tätig. Nachdem er sich der SPÖ angeschlossen hatte, wurde er 1907 Abgeordneter im Reichstag. Von 1918 bis 1920 als Regierungschef, handelte er unter anderem den Friedensvertrag von Saint-Germain-en-Laye aus. Die Regierung Renners schuf die verfassungsmäßigen Grundlagen der Ersten Republik. Karl Renner war Mitglied und Präsident des Nationalrats, 1934 nach Ausschaltung des Nationalrats durch Dollfuß wurde er durch inhaftiert. 1945 bildete er eine Übergangsregierung, die die Republik Österreich wiederherstellen sollte und wurde zum ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik. Quelle: dasroteswien.at

Ferdinand Hanusch: „Volkswirtschaft und Sozialpolitik“

Foto von Ferdinand Hanusch
© Bildarchiv des ÖGB

Hanusch legte den Fokus seines Artikels auf die Volkswirtschaft und die Sozialpolitik. In seinen Überlegungen zeichnete er die Gefahren der „kapitalistischen Gesellschaftsordnung“ für die Sozialpolitik nach und kritisiert eine „Abkehr von der Sozialpolitik“.  Worte, die selbst 2023 noch  nachhallen. Seine wichtigsten Aussagen zeichnen nach, wie bereits 1923 gegen sozialpolitische Erfolge geschossen wird. So schildert er beispielsweise, wie der wirtschaftliche Niedergang nicht dem Krieg, sondern sozialpolitischen Maßnahmen zugerechnet wird.

 


Neben den wichtigen und weitverzweigten Aufgaben der Wirtschaftspolitik sind es vor allem die Probleme der Sozialpolitik, welche die Gesetzgebung und Verwaltung eines modernen Industriestaates in besonderem Maße beschäftigen. Die Entwicklung auf diesen beiden Gebieten des öffentlichen Lebens zeigt uns am besten den Verlauf des steten Ringens zwischen Kapital und Arbeit in den einzelnen Staaten. 

Die kapitalistische Gesellschaftsordnung war zu allen Zeiten darauf bedacht, die sozialen Pflichten gegenüber den arbeitenden Menschen auf das sich ihrer Ansicht unumgänglich notwendige Maß zu beschränken: sie betrachtete naturgemäß jeden sozialpolitischen Fortschritt als einen rein von Gefühlsmomenten diktieren Eingriff in ihre Rechte.

Gegenwärtig scheint eine Stimmung der Abkehr von der Sozialpolitik zu einer reinen Produktionspolitik einzusetzen, die von den größten Gefahren für das Wohlergehen unseres Volkes begleitet wäre. Anfangs zögernd, dann immer deutlicher und hemmungsloser wurde der Kampf in den bürgerlichen Blättern und öffentlichen Versammlungen gegen die sozialpolitischen Errungenschaften des Proletariats geführt, der auch vielfach in der Auslandspresse lebhafter Zustimmung begegnete.

Jedes Symptom des durch die Kriegsfolgen bedingten wirtschaftlichen Niedergangs: die Entwertung der Krone, die fortschreitende Teuerung, der stockende Export wurde den sozialpolitischen Maßnahmen der Republik und der dadurch angeblich herbeigeführten Arbeitsunlust und Unersättlichkeit der Arbeiter zugeschrieben. Die angeblich übermäßig hohen Löhne, der Achtstundentag, das Betriebsrätegesetz und alle sonstigen sozialpolitischen Schutzgesetze wurden als ausschlaggebende Ursachen dieser Verhältnisse angeführt.

Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik stehen im engsten Zusammenhang, und das eine lässt sich von dem anderen in der modernen Wirtschaft überhaupt nicht trennen. Diese gegenseitige Berücksichtigung darf aber nicht von einseitigen Interessen diktiert werden, sondern sie muss das Ergebnis des Kampfes oder der Vereinbarung gleichwertiger Kräfte bilden.

Den gesamten Artikel finden Sie hier.

Zur Person
Ferdinand Hanusch (1866-1923) war Gründer der Arbeiterkammer, sozialdemokratischer Politiker und gestaltete die Sozialpolitik der Ersten Republik prägend mit. Seine Sozialgesetzgebung änderte Arbeitsverhältnisse grundlegend: Urlaubsanspruch für Arbeiter,  Mindestlohn, 48-Stunden-Arbeitswoche, Verbot der Kinderarbeit für Kinder unter 12 Jahren, sechswöchige Karenzzeiten für gebärende Frauen, das Betriebsrätegesetz, aber auch der Aufbau der Sozialversicherung gehörten zu Hanuschs Errungenschaften. Quelle: dasrotewien.at

Viktor Stein: „Die Gewerkschaftsbewegung und der Faschismus“

© Photographische Kunstanstalt Berthold
© Photographische Kunstanstalt Berthold

Neben Hanusch und Renner, beehrte ein weiteres Kaliber der Sozialdemokratie die erste Ausgabe der Arbeit & Wirtschaft. Steins Abhandlung lässt sich als dunkle Vorausahnung auf den weiteren Verlauf der europäischen Geschichte verstehen. Die wichtigsten Aussagen auf einen Blick:


Die kapitalistische Welt gebraucht verschiedene Methoden, um zu den ersehnten Zielen zu gelangen. Unter verschiedenen Namen und Gestalten treibt der Faschismus sein Unwesen in Europa. Man hat ihn gegen die Gewerkschaften losgelassen. Die einen begrüßen ihn aufs freudigste als den Erlöser der kapitalistischen Welt, die anderen fürchten ihn in Überschätzung seiner Werbekraft.

Gegen sie richtet sich eine ganze, internationale, reaktionäre Offensive. Lohnabbau, Kampf gegen die Sozialpolitik und andere Methoden, international beliebt und angewendet, sind die Niederschläge dieser Offensive. Aber man hat ganz richtig erkannt, dass dies nicht genug sein kann. Abgebauter Lohn kann bei der nächsten Konjunktur wiedergeholt werden; geraubte sozialpolitische Rechte kann man wieder erreichen – wenn man über gute Organisationen verfügt. Die Organisationen zu schwächen oder gar zu vernichten, das ist daher das Streben der kapitalistischen Welt.

Damit stimmt auch überein, dass „die Industrie“ dem König die Ernennung Mussolinis, der von den Unternehmern schon lange mit Geld unterstützt wurde, empfohlen hat.

Dass man auch bei uns gern „die starke Hand“ sehen möchte, welche von den Kapitalisten Italiens aufgedrängt wurde, hat man oft und laut genug versichert;…

Der Faschismus will würdelose, bettelhafte Menschen, die Gewerkschaftsbewegung selbstbewusste, stolze Kämpfer, Verfechter der eigenen Sache.

Den gesamten Artikel finden Sie hier.

Zur Person
Viktor Stein (1876–1940) war Metallarbeiter und auch Redakteur der Gewerkschaftsfachblätter „Metallarbeiter “ und „Der Industrieangestellte“. 1938 wurde er verhaftet und 1940 im KZ Buchenwald ermordet. Quelle: dasrotewien.at

Die Rundschau

Die Rundschau hat, so Redakteur Benedikt Kautsky, in der Vorstellung der Redaktion in erster Linie die Aufgabe, Kenntnisse über Tatsachen des Wirtschaftslebens zu verbreitern. Die Themen der Rundschau sind: Volkswirtschaft, Sozialpolitik, Sozialversicherung, Arbeitsrecht, Gewerkschaftswesen, Genossenschaftswesen, aus der Praxis der Betriebsräte, Gewerbegerichte und Einigungsämter, Bildungswesen.

Auf diese Weise soll auch der Vertrauensmann und Betriebsrat die Sammlung von Material ermöglicht werden, die für ihn in der täglichen Praxis unter Umständen wertvoll und nützlich sein kann.

Die Rundschau der ersten Ausgabe bietet einen guten Blick auf die damals aktuelle sozial- und wirtschaftspolitischen Themen, die einige Parallelitäten zu heute aufweisen.

Die gesamte erste Rundschau HIER zum Nachlesen.

Ein kurzer Auszug:

  • Volkswirtschaft/Benedikt Kautsky

Arbeitslosigkeit: Das abgelaufene Monat stand im Zeichen der Industriekrise. Die Arbeitslosigkeit in Wien-Stadt stieg vom 2. bis zum 16. Dezember 1922 von 67.183 auf 76.330 zur Vermittlung vorgemerkte Arbeitslose und von 52.787 auf 58.441 unterstütze Arbeitslose. Nach vorliegenden Schätzungen stieg auch die Zahl der Kurzarbeiter beträchtlich.

Index: Die Valutenkurse zeigten im gleichen Zeitraum keine nennenswerte Veränderung, dagegen setzte sich der Preisabbau, wenn auch in verlangsamten Tempo, weiter fort, mit Ausnahme Wohnen und Beheizung und Beleuchtung

  1. Ernährung: – 6 % gegenüber dem Vormonat
  2. Bekleidung: – 3 % gegenüber dem Vormonat
  3. Wohnung (Zimmer, Küche, Kabinett – 3 Personen): 449 Kronen; + 43%
  4. Beheizung und Beleuchtung: + 5%
  • Sozialpolitik/Eduard Straas

Das Bundesministerium für soziale Verwaltung hat auf das energische Drängen der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer im Nationalrat eine Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz eingebracht, die in ihrer ursprünglichen Form als unzureichend angesehen werden musste.

Im Lauf des Jahres 1923 werden im Nationalrat weitere Verhandlungen über Ergänzungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes geführt werden, in welchen insbesondre die Frage einer eventuellen Erhöhung der Unterstützung, die Einbeziehung der Arbeitslosen in die Krankenversicherung, die Einbeziehung der Lehrlinge und Jugendlichen unter 16 Jahren und die Einbeziehung eines paritätischen Arbeitslosenversicherungsbeitrats behandelt werden dürften, dem ein maßgeblicher Einfluss auf die Überwachung und Leitung der gesamten Arbeitslosenfürsorge und der Arbeitslosenvermittlung zugesichert werden soll.

Die Herausgeber und Redakteure: Kurzbiografien

Hueber war gelernter Drechsler und wurde 1895 Sekretär der als übergeordnetes Organ gebildeten Reichsgewerkschaftskommission in Cisleithanien, war Herausgeber des Zentralorgans derselben, „Die Gewerkschaft“ sowie nach Gründung der „Arbeit und Wirtschaft“ deren Herausgeber. 1919/1920 war er Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung und ab 1928 entscheidend daran beteiligt, dass die lose Zusammenfassung der Einzelgewerkschaften durch die Bildung des „Bundes Freier Gewerkschaften Österreichs“ gefestigt wurde, der ihn zu seinem Vorsitzenden wählte.

Als Gewerkschaftsführer setzte sich Hueber besonders für den Abschluss von Kollektivverträgen ein, wirkte mit Ferdinand Hanusch am Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung mit und hatte maßgeblichen Anteil an der sozialpolitischen Gesetzgebung und an den großen Arbeitskämpfen in der Ersten Republik.

Bereits als Jugendlicher schloss sich Franz Domes, gelernter Schlosser, der Gewerkschaft und dann auch der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei an. 1895 verlor er wegen eines Konflikts mit seinem Meister seinen Arbeitsplatz und wurde Redakteur der Zeitung des Metallarbeiterverbandes, 1898 Sekretär der Organisation und 1918 deren Vorsitzender.

1920 wurde er Präsident der Arbeiterkammer für Wien und Niederösterreich sowie Präsident des Österreichischen Arbeiterkammertages. Er hatte wesentlichen Anteil an der Sozialgesetzgebung in der Ersten Republik (Achtstundentag, Arbeiterurlaub, Betriebsrätegesetz, Einführung der Arbeiterkammern, Arbeitslosenversicherung, Urlaubs- und Krankenversicherung).

In ihrem Nachruf schrieb die Arbeiterzeitung:

Franz Domes‘ Leben schildern, heißt die ganze Geschichte der modernen Gewerkschaftsbewegung Österreichs beschreiben.


Redakteure

  • Eduard Straas (Buchdrucker),
  • Edmund Palla (Mitarbeiter von Ferdinand Hanusch, von 1921 bis 1934 Erster Sekretär der Wiener Arbeiterkammer),
  • Victor Stein  (s.o.)
  • Jaques Hannak (Jurist. War nach 1934 im illegalen Kampf gegen die Diktatur und ab 1938 in den KZs Dachau und Buchenwald inhaftiert. Ab 1946 war er Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“),
  • Benedikt Kautsky (Ökonom und Finanzfachmann war Sekretär von Otto Bauer und der Wiener Arbeiterkammer in der Ersten Republik. Nach seiner Inhaftierung im Mai 1938 überlebte er die KZ Dachau, Buchenwald und Auschwitz. In der Zweiten Republik arbeitete als Ökonom und wurde 1958 stellvertretender Generaldirektor des Creditanstalt-Bankverein.)

Inhalt

  1. Seite 1 - Gründung, Zensur und Wiedergründung
  2. Seite 2 - 1921-1923: Über die politische und wirtschaftliche Lage
  3. Seite 3 - Die erste Ausgabe
  4. Seite 4 - Karl Renner "Der wirtschaftliche Klassenkampf"
  5. Seite 5 - Ferdinand Hanusch: "Volkswirtschaft und Sozialpolitik"
  6. Seite 6 - Viktor Stein: "Die Gewerkschaftsbewegung und der Faschismus"
  7. Seite 7 - Die Rundschau
  8. Seite 8 - Die Herausgeber und Redakteure: Kurzbiografien
  9. Auf einer Seite lesen >

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.

Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.