„Bürokratieabbau“ und Co: Drei neoliberale Framings im Check

Ordner in einem Büro. Symbolbild für Bürokraite und öffentliche Verwaltung.
Wie ineffizient und kostspielig ist die öffentliche Verwaltung wirklich? Neoliberale bedienen sich gerne Framings, um sie zu schlechtzureden. | © Adobe Stock/StockPhotoPro
Von Deregulierung bis „Gold Plating“: In der medialen Debatte ist zurzeit viel die Rede von der öffentlichen Verwaltung – von ihrer vermeintlichen Ineffizienz und Kostspieligkeit. Wir blicken hinter die Framings.
Wir erleben es in den USA, aber auch in der EU: Der öffentlichen Verwaltung wird in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten von politischer Seite der Kampf angesagt. Die neoliberale Ideologie betrachtet Staatsausgaben und öffentliche Dienstleistungen als überflüssige Kosten – und als potenziellen Markt: Diese Aufgaben könnten schließlich auch gewinnorientierte Privatunternehmen übernehmen und eine Menge Geld damit verdienen. Dass das aber auch Verschlechterungen für die Qualität und Kosten der öffentlichen Infrastruktur bedeuten kann, ist vielfach belegt.

In der medialen Debatte werden öffentliche Apparate dann gern als aufgebläht und unnötig dargestellt. Ein Blick auf das Wording der Neoliberalen lohnt sich, um Fakt von Framing unterscheiden zu können.

„Bürokratieabbau“

Das klingt doch nach überschießender Bürokratie, die endlich eingedämmt werden muss, oder? In Wahrheit geht es oft darum, Erleichterungen für Wirtschaft und Industrie durchzusetzen und hohe Standards auf Kosten von Konsument:innen, Arbeitnehmer:innen oder der Umwelt zu deregulieren. Das „Rezept“ wird aktuell beim Omnibus-Paket der EU-Kommission aus der Lade gefischt. Die Wettbewerbsfähigkeit dient als Vorwand, um Umwelt- und Sozialstandards zu senken.

„Gold Plating“

Sowohl unter der türkis-blauen als auch unter der türkis-grünen Koalition war die Verhinderung des sogenannten „Gold Plating“ erklärtes Ziel in der Wirtschaftspolitik. Die Phrase bezieht sich auf nationale Gesetze, die höhere Standards für Arbeitnehmer:innen, Konsument:innen und Umwelt vorsehen, als sie das EU-Recht vorgibt. Der Begriff „Gold Plating“ suggeriert, dass es sich dabei um unnötigen Luxus handelt, den man streichen kann. Das verkennt, dass diese Regelungen einst aus gutem Grund eingeführt wurden – um die Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern.

„One in, one out“

Die EU ersetzt nach dem Prinzip „One in, one out“ jedes neue Gesetz durch den Abbau einer bestehenden Vorschrift – am besten im gleichen Bereich. Dadurch, so das Ziel, soll die Anzahl der Gesetze insgesamt gleich bleiben. Bei einer strikten Anwendung dieses Prinzips ist aber eine Weiterentwicklung gesellschaftspolitischer Standards nicht mehr möglich. Sobald beispielsweise an einer Stelle mit einer neuen EU-Regelung der Konsument:innenschutz verbessert wird, muss eine bestehende Verbraucher:innenschutzregel gestrichen werden. Eine Steigerung der Standards im Konsument:innenschutz ist dadurch nicht mehr möglich, ein Stillstand bei fortschrittlichen gesellschaftspolitischen Regelungen damit vorprogrammiert.

Die EU-Kommission schnürt sogenannte Omnibus-Pakete, die offiziell dazu dienen sollen, Unternehmen zu entlasten. Doch Gewerkschaften und NGOs schlagen Alarm.

@sarahkleiner.bsky.social​ erklärt, was geplant ist. 👇

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— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@aundwmagazin.bsky.social) 10. Juli 2025 um 17:00

Was es wirklich braucht

Eine Vereinfachung von komplexen bürokratischen Abläufen ist durchaus erstrebenswert, doch anstelle von gesetzlicher Deregulierung oder Personalkürzungen wäre ein effizienter Mitteleinsatz von größerem Vorteil. Durch die Digitalisierung haben sich Behördenwege bei vielen Angelegenheiten bereits verkürzt oder ganz erübrigt. Hier gibt es noch mehr Potenzial, lange Instanzenwege zu vereinfachen, ohne für schlechtere Arbeits- und Lebensbedingungen der breiten Mehrheit zu sorgen.

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