Arbeiten am Wochenende: Jede:r Fünfte muss ran

Pflegerin im OP-Bereich reicht Operationsgeräte an die Ärztin weiter.
Zehn Prozent der Österreicher:innen muss an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Tendenz steigend. An Samstagen muss sogar ein Fünftel arbeiten. Gegen den Willen der Beschäftigten.
Der Sonntag ist die Basis für eine gemeinsame, freie Zeit. Auch als Gesellschaft. Für rund 440.000 Beschäftigte gilt das in Österreich nicht. Sie müssen auch an Sonntagen arbeiten. Samstags sind es fast doppelt so viele. Jede:r fünfte Arbeitnehmer:in muss auch am Wochenende arbeiten. Es gilt, diese Arbeitszeiten zu minimieren. „Arbeiten am Sonntag muss auf ein notwendiges Maß beschränkt und die Ausnahme bleiben. Der freie Sonntag ist eine unverzichtbare Begrenzung der Erwerbsarbeit. Das ist die Basis für die gesellschaftlich wichtige gemeinsame freie Zeit“, schreibt Bettina Csoka. Sie ist Referentin für Einkommensverteilung und Arbeitszeitpolitik bei der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK).

Arbeit am Wochenende darf nicht die Regel werden

Mit der Weihnachtszeit und dem Jahreswechsel kommen wieder hektische Wochenenden auf die Angestellten im Handel und im Tourismus zu. Verkaufsoffene Sonntage, Extraschichten und überbuchte Locations sind dann eher Regel als Ausnahme. Wochenendarbeit ist nun einmal branchenabhängig. „Die höchsten Beschäftigtenanteile mit Sonntagsarbeit gibt es im tourismusstarken Tirol, die niedrigsten im industriell geprägten Vorarlberg“, so Csoka.

Portrait von Bettina Csoka. Im Interview über Arbeit am Wochenende.
„Wer an Sonn- und Feiertagen für unsere Grundversorgung arbeiten muss, muss auch künftig durch höhere Bewertung dieser Arbeitszeiten entlohnt werden“, fordert Bettina Csoka. | © Markus Zahradnik

Im österreichweiten Durchschnitt müssen 11,7 Prozent der Menschen an Sonntagen arbeiten. In Tirol liegt der Durchschnitt bei 14,5 Prozent, in Vorarlberg bei 9,1 Prozent. Das geht aus einer Erhebung der Statistik Austria hervor. Das betrifft allerdings nur die Sontagsarbeit. Von regelmäßiger Samstagsarbeit seien eine dreiviertel Million Menschen betroffen, rechnet Csoka vor. „Gemeinsame freie Zeit am Sonntag ist ohnehin schon schwierig, da viele Beschäftigte (Krankenhaus, öffentlicher Verkehr, am Hochofen, Gastronomie, Kulturbereich etc.) am Wochenende arbeiten müssen“, schreibt sie.

Arbeit am Wochenende: Nutzen und Arbeitsbedingungen

Der Nutzen der Sonntagsarbeit ist – abseits von Leistungen im Sozialstaat oder kritischer Infrastruktur – außerdem umstritten. „Niemand kauft mehr ein, weil sonntags geöffnet ist. Viele (kleinere) Händler:innen könnten sich das Öffnen am Sonntag ja gar nicht leisten“, begründet das Csoka. Dazu kommt, dass die Menschen nicht mehr Geld ausgeben (können), nur weil Geschäfte länger offen hätten. Die Umsätze würden sich lediglich auf einen weiteren Öffnungstag verteilen.

Und auch für die Beschäftigten lohnt sich die Arbeit am Wochenende nicht. Das betrifft vor allem Angestellte im Handel und im Tourismus. In beiden Branchen sagen aber 65 Prozent der Beschäftigten, dass ihr Gesamteinkommen nicht oder gerade so reichen würde, um den Alltag zu bestreiten. Die Inflation verschlimmert derzeit die Situation. Dazu kommt eine enorm hohe Arbeitsbelastung. Kein Wunder also, dass neun von zehn Handelsangestellten gegen die Arbeit am Wochenende ist, wie die Gewerkschaft GPA mitteilt.

Allianz gegen Sonntagsarbeit

Längst gibt es Initiativen, die gegen die Arbeit am Wochenende vorgehen. Österreich ist dabei ein Vorreiter. Bereits seit dem Jahr 1997 gibt es die oberösterreichische Allianz gegen Sonntagsarbeit. Seit 2001 ist sie eine österreichische. Und im Jahr 2011 hat sich die europäische Allianz gegen Sonntagsarbeit gegründet. „Ohne Sonntage gäbe es nur noch Werktage. Daher darf der Sonntag nicht zum Berufsalltag werden“, so Coska.

In Österreich gibt es jedoch den Trend zu mehr Arbeit. Vor allem das Arbeitszeitgesetz aus dem Jahr 2018 hat dazu beigetragen. Es ermöglichte 12-Stunden-Tage und 60-Stunden-Wochen. „Wer an Sonn- und Feiertagen für unsere Grundversorgung arbeiten muss, muss auch künftig durch höhere Bewertung dieser Arbeitszeiten entlohnt werden. Durch Zuschläge, aber auch kürzere Arbeitszeit und mehr Freizeit“, fordert sie in ihrem Blogbeitrag.

Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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