Immer wieder sonntags …

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Illustration (C) Natalia Nowakowska
Der arbeitsfreie Sonntag stellt eine fixe Konstante in unserer Gesellschaft dar. Trotzdem ist er immer wieder umkämpft. Ein Kommentar von Maria Langmaier von der Allianz für den freien Sonntag.
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enn ich am Freitag aufhöre zu arbeiten, wünsche ich meinen KollegInnen „ein schönes Wochenende“. Das mache ich auch beim Einkaufen am Samstag.  Dabei kann ich davon ausgehen, dass meine KollegInnen frei haben und auch die Geschäfte, in die ich gehe, am Sonntag geschlossen haben.

Sogar in Bereichen, wo Sonntagsarbeit üblich ist, wie in Krankenhäusern, bei Verkehrsbetrieben oder der Polizei wünschen es sich die KollegInnen. Also an Orten, wo Sonntagsarbeit die Regel und ein ganzes freies Wochenende oft die Ausnahme ist.

Denn der arbeitsfreie Sonntag stellt eine fixe Konstante in unserer Gesellschaft dar. Trotzdem ist der freie Sonntag immer wieder umkämpft.

Der Sonntag gehört mir!

Die Kampagne „Der Sonntag gehört mir“ weist auf die Gefahr der Ausweitung von Sonn- und Feiertagsarbeit hin, die seit der Arbeitszeitnovelle 2018 möglich ist.

Die Sonntagsallianz, der mehr als 50 Organisationen aus Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und Kirchen angehören, kämpft seit knapp 20 Jahren für den freien Sonntag. Heuer tut sie dies mit der Kampagne „Der Sonntag gehört mir“ und weist damit auf die Gefahr der Ausweitung von Sonn- und Feiertagsarbeit hin, die seit der Arbeitszeitnovelle 2018 möglich ist.

Das heißt konkret, dass an bis zu vier Sonntagen oder Feiertagen pro ArbeitnehmerIn und Jahr Arbeit angeordnet werden kann und das OHNE sachliche Beschränkung und ohne jeden Nachweis von unverschiebbarer Erfordernis. Bisher musste dafür eine Ausnahme der allgemeinen Sonn- und Feiertagsruhe vorliegen, jetzt reicht eine Betriebsvereinbarung (sofern vorhanden) oder die Unterschrift der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers, die „freiwillig“ zu erfolgen hat. Das ist ein Systembruch!

Warum braucht es also den freien Sonntag?

Wenn alle Menschen im Land (mit wenigen Ausnahmen) gemeinsam innehalten und die Möglichkeit haben, gemeinsam Zeit zu verbringen, stiftet das Identität und erzeugt ein Zusammengehörigkeitsgefühl und somit Integration in einer Gesellschaft.

Der arbeitsfreie Sonntag zeigt eine wichtige Grenze zwischen fremdbestimmter und selbstbestimmter Zeit auf.

Arbeit und Konsum dürfen in unserem Leben nicht alles sein. Der arbeitsfreie Sonntag zeigt eine wichtige Grenze zwischen fremdbestimmter und selbstbestimmter Zeit auf. Inmitten des Alltags, wo Zeit so kostbar wie nie zuvor ist, bilden das Wochenende und der freie Sonntag ein zeitliches Biotop. Der freie Sonntag ist eine soziale und wirtschaftliche Errungenschaft, die immer wieder infrage gestellt wird.

Der Sonntag ist Taktgeber der Woche

Er bietet uns regelmäßig die Möglichkeit, den Alltag zu unterbrechen, um wieder tief durchatmen zu können. Für die einzelne Person gibt der Sonntag den Rhythmus, der zur Gesundheit wesentlich beiträgt. Dies funktioniert aber nur dann, wenn man an den 52 Sonntagen und den Feiertagen im Jahr einmal nicht flexibel sein muss.

Der Sonntag ist Feier-Tag

Gedankenexperiment I:
Stellen Sie sich vor, Sie haben Geburtstag und möchten am Sonntag mit Ihrer Familie und FreundInnen feiern. Ihr Bruder kann aber nicht dabei sein, weil er diesen Sonntag kurzfristig in der Firma gebraucht wird. Diesen Sonntag gibt es außerdem in der Nachbarstadt das Event „Herbstshopping“, Ihre beste Freundin ist Verkäuferin und muss da leider arbeiten. Ihre Tante ist zudem Krankenschwester und konnte den Dienst nicht tauschen, so kann auch sie nicht dabei sein.

Dies wird zur Realität, wenn der freie Sonntag infrage gestellt wird. Menschen, die von Sonntags- oder Schichtarbeit betroffen sind, fehlen oftmals bei Feiern und kulturellen Aktivitäten. Somit sind sie auch vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Menschen leben nicht nur von der Arbeit. Sie brauchen auch Zeit zum Feiern.

In Österreich von
Abend-, Nacht- und Wochenendarbeit betroffen:

4,3 Mio. Menschen

In Österreich von
Sonntagsarbeit betroffen:

1 Mio. Menschen

In Österreich sind 4,3 Mio. Menschen von Abend-, Nacht- und Wochenendarbeit betroffen. Von Sonntagsarbeit sind bereits rund 1 Mio. betroffen, davon regelmäßig rund 660.000 Menschen. Als Sonntagsallianz betonen wir stets, dass es notwendige Arbeiten gibt, die auch an Sonntagen getan werden müssen. Dazu zählen insbesondere das Gesundheitswesen, Pflege, Energieversorgung, Sicherheit oder öffentlicher Verkehr. Unser Dank geht an alle, die an diesem Tag arbeiten müssen.

Billa Praterstern Sonntagsöffnung
Eine Ausnahme im Handel: Die Billa-Filiale am Bahnhof Praterstern wird von Belegschaft und ArbeitnehmervertreterInnen wegen unzumutbarer Arbeitsbedingungen kritisiert.
(C) Alex Halada

Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe gibt es in Österreich auch für Gastronomie oder Tourismus. Diese Ausnahmen müssen aber klar begrenzt bleiben, weil sonst tief in das gesellschaftliche Gefüge eingegriffen und die soziale Balance verändert wird.

Ausnahme Handel

Gedankenexperiment II:

Sonntagsöffnung im Handel erzeugt auch in anderen Branchen Sonntagsarbeit und mehr Verkehr.
Stellen Sie sich vor, für die Geschäfte im Land gilt die Sonntagsöffnung. Wenn sonntags geöffnet ist, muss auch Ware angeliefert, wahrscheinlich auch produziert werden. Sonntagsöffnung erzeugt also auch in anderen Branchen Sonntagsarbeit und mehr Verkehr.

Derzeit ist der Handel von der Sonntagsöffnung noch ausgenommen. Dazu bedarf es nur einer kleinen Änderung im Öffnungszeitengesetz. Als Sonntagsallianz gehen wir von einem möglichen Dominoeffekt aus: Wenn in einem nächsten Schritt das Öffnungszeitengesetz geändert wird, haben wir im ganzen Handel Sonntagsöffnung. Dies würde, wie die Erfahrung aus Italien zeigt, zu einem Kahlschlag unter den kleinen Händlern führen. Die Personalkosten und die durchgängige Belastung sind für die Unternehmen nur kurz zu stemmen. Nicht nur die Angestellten, auch UnternehmerInnen brauchen zumindest einen Tag der Erholung.

Ein Auftrag für die künftige Regierung

Sonn- und Feiertage sind Familien- und Beziehungstage, Tage der Begegnung und Gemeinschaft und des privaten und zivilgesellschaftlichen Engagements.
Sonn- und Feiertage sind Tage der Muße und der Erholung und dadurch für alle Menschen in unserer Gesellschaft wertvoll. Sie sind Familien- und Beziehungstage, Tage der Begegnung und Gemeinschaft und des privaten und zivilgesellschaftlichen Engagements.

Gerade bei steigender Arbeitsbelastung und Flexibilisierung werden Sonn- und Feiertage unverzichtbar. Die Sonntagsallianz fordert von der künftigen Regierung eine Anerkennung des arbeitsfreien Sonntags und in letzter Konsequenz eine Rücknahme der letztjährigen Änderungen des Arbeitsruhegesetzes.

Unterstützen Sie unsere Petition online

Der arbeitsfreie Sonntag, mit seiner hohen Bedeutung für die gesamte Gesellschaft, muss weiterhin gelebt werden können. Seine gesetzliche Verankerung ist ein Eckpfeiler der österreichischen Zeitkultur.

Darum fordern wir die Rücknahme der Ausnahmeregelung (4 Sonn-/Feiertage pro Jahr und ArbeitnehmerIn) im Arbeitsruhegesetz (ARG), die mit 1.9.2018 in Kraft getreten ist.

Mehr Infos unter:

www.meinsonntag.plus
facebook.com/arbeitsfreier.Sonntag
instagram.com/meinsonntag

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