The future is female: Technische Lehrberufe für Frauen attraktiv machen

Eine Frau arbeitet an einer Maschine. Symbolbild für die Forderung nach mehr Frauen in technischen Lehrberufen.
Endlich Normalität: Frauen in technischen Lehrberufen dürfen nicht mehr nur Ausnahmen sein. | © Adobestock/Duangporn
IT-Entwicklerinnen, Maschinenbauerinnen, Elektrotechnikerinnen: Frauen in diesen traditionell männlichen Branchen sind immer noch die Ausnahme. Wie kann es gelingen, Mädchen für solche Lehrausbildungen zu gewinnen?

12,8 Prozent der insgesamt knapp 73.000 männlichen Lehrlinge werden im Bereich Elektrotechnik ausgebildet, 12,3 Prozent im Bereich Metalltechnik und 9,8 Prozent im Bereich Kraftfahrzeugtechnik. 20,5 Prozent der rund 35.000 weiblichen Lehrlinge absolvieren demgegenüber laut Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) für das Jahr 2022 eine Ausbildung im Einzelhandel, zehn Prozent erlernen den Beruf der Bürokauffrau, 5,9 Prozent sind angehende Friseurinnen und Stylistinnen. Frauen sind in technischen Lehrberufen noch immer kaum zu finden.

„Es gibt so eine große Vielfalt an Berufsmöglichkeiten“, betont ÖGB-Bundesfrauensekretärin Karin Zimmermann im Gespräch mit der Arbeit & Wirtschaft. „Aber die Rollenbilder sind immer noch so verfestigt, dass viele junge Frauen kein neues Terrain zu beschreiten versuchen. Sie entscheiden sich für das, was sie vorgelebt bekommen. Sie sehen, was die Frauen im Umfeld arbeiten und wählen ähnliche Berufe.“

Wegräumen der Barrieren für Frauen in technischen Lehrberufen

Dieses Rollenverständnis gehöre aufgebrochen – Pädagog:innen sollten bereits im Kindergarten vermitteln, dass Frauen und Männer jeden Beruf ergreifen können. „Wenn ich dagegen heute immer noch höre, der Bub ist nicht so gut im Zeichnen, aber das macht ja nichts, ist ja ein Bub und umgekehrt Ähnliches in Bezug auf Mädchen und Mathematik, dann ist das der falsche Ansatz. Davon müssen wir wegkommen.“

Eine Frau steht vor einem Computer mit Codes und hält ein Notizbuch. Symbolbild für mehr Frauen in technischen Lehrberufen.
Die IT braucht mehr Frauen. | © Adobestock/Seventyfour

Wichtig wäre aber auch, die Rahmenbedingungen in bisher männerdominierten Branchen und Betrieben so zu gestalten, dass sich Frauen dort auch wohlfühlen. Das beginne beim Barrieren-Wegräumen, wie etwa der Einrichtung eines eigenen Umkleideraums für Frauen, und setze sich fort im Etablieren einer Unternehmenskultur, die sexuelle Belästigung nicht duldet.

Oft gehe es aber auch darum, Mädchen zu ermuntern, sich eine technische Lehrausbildung zuzutrauen, betont Johanna Haas, Lehrlingsbeauftragte beim IT-Spezialisten 3-S-IT, gegenüber der Arbeit & Wirtschaft. „Es gibt bei vielen immer noch den Irrglauben, Mathematik und Programmieren, das ist nichts für Mädchen, da sind sie nicht stark.“ Doch dem sei nicht so.

Nur 9,85 Prozent der Lehrlinge in IT weiblich

In dem Wiener Betrieb mit aktuell 50 Arbeitnehmer:innen erlernt eine junge Frau den Beruf zur Informationstechnologin mit Schwerpunkt Systemtechnik. „Sie war bei der Aufnahmeprüfung die beste und konnte sich gegen die männlichen Bewerber durchsetzen“, erzählt Haas. Sie möchte jungen Frauen mitgeben, dass sie wirklich in sich hineinhören sollen, wofür sie sich interessieren. „Wenn eine Jugendliche die Computer in der Familie aufsetzt und Handyprobleme löst, dann ist die IT vielleicht das richtige für sie.“ Österreichweit absolvieren derzeit 1.756 Personen eine IT-Lehre, davon sind allerdings nur 173 – oder 9,85 Prozent – Frauen.

Das IT-Unternehmen 3-S-IT erhielt am Donnerstagabend in der Kategorie „Mittelunternehmen“ den heuer bereits zum 27. Mal vergebenen amaZone-Award. Dieser Preis wird vom Verein sprungbrett verliehen und würdigt Unternehmen aus Wien und Umgebung, die Mädchen und junge Frauen in Handwerk/Technik ausbilden. Als hier engagiertestes Kleinstunternehmen erhielt der Rauchfangkehrerbetrieb Kurt Habacht KG einen amaZone-Award, der Preis in der Kategorie „Kleinunternehmen“ ging an die Ferdinand Fischer GmbH, die derzeit eine 19-Jährige zur Kraftfahrzeugtechnikerin Motorradtechnik ausbildet. In der Kategorie „Großunternehmen“ ging die heurige AmaZone an ein weiteres IT-Unternehmen, die ACP IT Solutions GmbH. Und in der Kategorie „Öffentliche und öffentlichkeitsnahe Unternehmen“ konnte die ÖBB-Infrastruktur AG die Auszeichnung gewinnen.

Insgesamt 65 Betriebe bewarben sich heuer um eine AmaZone – die bisher höchste Zahl an Einreichungen, freute sich sprungbrett-Geschäftsführerin Martina Fürpass Donnerstagabend bei der Preisverleihung im Haus der Industrie. Die amaZonen machen jene Unternehmen sichtbar, die sich bereits um weibliche Lehrlinge in technischen Berufen bemühen. Anzustreben wäre allerdings, dass es sich dabei um gar nichts Besonderes, sondern eben um Normalität handelt, so Fürpass.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit

Was braucht es seitens der Politik, um diesem Ziel einen Schritt näherzukommen? „Das beginnt bei einem Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz“, betont Zimmermann. Die Betreuung im Kindergarten sichere für Eltern zum einen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, gleichzeitig bekommen so aber auch Kinder Bildungschancen und eine frühe Vermittlung davon, welche Berufsbilder es gebe. Es brauche aber auch Maßnahmen, um Frauenförderung in Betrieben grundsätzlich voranzutreiben – „wenn es zum Beispiel um Frauen in Führungspositionen geht, ist es wichtig, eine Quotenregelung zu haben“.

Zimmermann gibt allerdings auch zu bedenken: So wichtig es sei, dass sich mehr Frauen für technische Lehrberufe entscheiden, sei es auch der falsche Weg, zu sagen, „liebe Mädchen, ihr entscheidet euch für die falschen Berufe und verdient deshalb weniger“. Stattdessen sollte eine monetäre Aufwertung frauendominierter Bereiche, das ist vor allem die Care-Arbeit – Pflege, Elementarpädagogik, Kinderbetreuung etwa – entsprechend ihres gesellschaftlichen Stellenwerts stattfinden. Der Leitsatz dazu lautet: „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit.“

Was es zudem brauche, sei Lohntransparenz. „Selbst wenn Frauen in technischen Berufen arbeiten, bekommen sie teilweise dennoch weniger bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Unternehmen müssen transparent machen, wer wie viel verdient.“ Mit der heuer beschlossenen EU-Richtlinie zur Lohntransparenz ist hier etwas Bewegung hineingekommen, allerdings greife diese erst ab 2026, da die Mitgliedstaaten drei Jahre Zeit für die Umsetzung haben, gibt Zimmermann zu bedenken.

Über den/die Autor:in

Alexia Weiss

Alexia Weiss, geboren 1971 in Wien, Journalistin und Autorin. Germanistikstudium und Journalismusausbildung an der Universität Wien. Seit 1993 journalistisch tätig, u.a. als Redakteurin der Austria Presse Agentur. Ab 2007 freie Journalistin. Aktuell schreibt sie für das jüdische Magazin WINA sowie für gewerkschaftliche Medien wie die KOMPETENZ der GPA-djp oder die Gesunde Arbeit. 2022 erschien ihr bisher letztes Buch "Zerschlagt das Schulsystem ... und baut es neu!" (Verlag Kremayr & Scheriau).

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