ITUC Rechtsindex 2025: Rechte der Gewerkschaften weltweit unter Beschuss

Die Rechte der Gewerkschaften werden weltweit immer stärker eingeschränkt. | © Adobe Stock/AndriiKoval
Die Rechte der Gewerkschaften werden weltweit immer stärker eingeschränkt. | © Adobe Stock/AndriiKoval
Rechte und rechtsextreme Regierung versuchen Gewerkschaften immer weiter zurückzudrängen, wie der neue Globale Rechtsindex des Internationalen Gewerkschaftsbundes ITUC zeigt.
Das Streikrecht wurde im vergangenen Jahr in 87 Prozent der untersuchten Länder verletzt. Die legale Registrierung von Gewerkschaften in 74 Prozent wurde behindert und Kollektivvertragsverhandlungen in 80 Prozent erschwert. Der „Globale Rechtsindex 2025“ des Internationalen Gewerkschaftsbundes macht einmal mehr deutlich, dass die Rechte von Gewerkschaften weltweit unter Druck stehen. Von den 151 analysierten Staaten weisen nur drei Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr auf: Australien, Mexiko und Oman.

In Europa verzeichnet der Internationale Gewerkschaftsbund sogar die schlechtesten Ergebnisse seit der Ersterscheinung des Index im Jahr 2014. Arbeit&Wirtschaft hat sich angeschaut, wie es um die gewerkschaftlichen Rechte in drei Ländern steht.

Beispiel Italien

In Italien hat die rechtsextreme Regierung von Giorgia Meloni auf unterschiedliche Art und Weise in das Streikrecht eingegriffen. So verkürzte sie beispielsweise im November 2024 die erlaubte Dauer eines Generalstreiks der beiden Gewerkschaftsbünde CGIL und UIL per Dekret von acht auf vier Stunden, da angeblich „grundlegende Rechte auf öffentlichen Transport“ gefährdet seien. Zudem erleichterte die rechtsaußen Regierung Kündigungen von Arbeitnehmer:innen und Kurzzeitverträge, während sie Abfindungen und Entschädigungen nach Arbeitsunfällen senkte.

Europas Arbeitsrechte stehen massiv unter Druck – das zeigt der neue Globale Rechtsindex des IGB. Doch wir halten dagegen: solidarisch, entschlossen, international.

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— ÖGB (@oegb.bsky.social) 6. Juni 2025 um 18:40

Am 8.-9. Juni strengten italienische Gewerkschaften und andere Organisationen ein Referendum gegen den Sozialabbau an – leider erfolglos: Es scheiterte daran, dass nur gut 30 Prozent der italienischen Wahlberechtigten teilnahmen, für ein gültiges Referendum waren allerdings 50 Prozent nötig, was selbst bei den letzten Europawahlen nicht erreicht wurde. Genau dieses demokratiepolitische Schlupfloch machte sich Ministerpräsidentin Meloni zunutze und rief in den Wochen vor dem Referendum zum taktischen Daheimbleiben auf.

Beispiel Argentinien

Offenbar ähneln sich ultrarechte Regierungen in ihrer arbeitnehmer:innenfeindlichen Politik. In Argentinien ist seit Ende 2023 Javier Milei Präsident. Dort wurden diverse Elemente der Sozialversicherung abgeschafft und die Abfindungen bei Entlassungen stark reduziert. Gewerkschaftsaktivist:innen werden bei Protesten und Streiks zunehmend kriminalisiert und müssen immer häufiger mit massiven Polizeieinsätzen rechnen. Nach ITUC-Berichtsschluss hat Präsident Milei einen Großteil der Wirtschaft zu „Kernbereichen“ erklärt und ihr Funktionieren von 50-75 Prozent festgelegt. Damit sind effiziente Streiks kaum mehr möglich.

Beispiel Mauritius

Doch es gibt laut ITUC-Bericht auch Engagement, das ermutigt. Im Urlaubsparadies Mauritius hat der Gewerkschaftsbund CTSP ein Augenmerk auf die besonders vulnerablen Beschäftigten gelegt. Migrant:innen in der Textilindustrie, der Landwirtschaft und im Tourismus. Mit kostenfreier Gewerkschaftsmitgliedschaft, Informationen in den Herkunftssprachen und einem Beratungszentrum gegen ungerechtfertigte Abschiebungen läuft hier ein auch von internationalen Gewerkschaften finanziertes Modellprojekt.

Diese Konzentration wirtschaftlicher Macht ermöglicht es
einer kleinen Gruppe von Milliardären, einen übergroßen Einfluss auf
globale Entscheidungsfindung auszuüben, einschließlich der Arbeitsrechte. 

Luc Triangle, ITUC Generalsekretär

1 Prozent kontrolliert fast die Hälfte des Reichtums

Ein erheblicher Teil des Drucks auf Beschäftigte geht auf ein altbekanntes Problem zurück: die extreme Konzentration von Reichtum. „Heutzutage kontrolliert weniger als ein Prozent der Menschen fast die Hälfte allen Reichtums“, analysiert der ITUC-Generalsekretär Luc Triangle. „Diese Konzentration wirtschaftlicher Macht ermöglicht es einer kleinen Gruppe von Milliardären, einen übergroßen Einfluss auf globale Entscheidungsfindung auszuüben, einschließlich der Arbeitsrechte, die sich direkt auf das Leben der Beschäftigten auswirken, die die Weltwirtschaft aufrechterhalten.“

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Über den/die Autor:in

Frank Braßel

Historiker und Journalist. Langjähriger Mitarbeiter der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN und der Entwicklungsorganisation Oxfam. Von 2005-2011 Berater im unabhängigen Agrarforschungszentrum SIPAE in Quito/Ecuador.

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