Jetzt einen Betriebsrat gründen: Richtig und wichtig

Petra Matous ist Vorsitzende des neu gegründeten Betriebsrats bei der Emirates Airline. Ihr geht es vor allem um Mitentscheidung in unsicheren Zeiten.
Foto (C) Markus Zahradnik
Arbeitnehmer:innen haben im Jahr 2021 über 200 Betriebsräte neu gegründet. Wir blicken hinter die Kulissen von drei Unternehmen und erfahren, welche Motivation hinter der Gründung stand, wie diese abgelaufen ist und welche Ziele die neuen Betriebsrät*innen seither verfolgen.
Wann genau ist denn der richtige Zeitpunkt, um einen Betriebsrat zu gründen? Mitten in der Krise oder doch besser in wirtschaftlich guten Zeiten? Fakt ist: Seit Beginn der landesweiten ÖGB-Kampagne „Sei du die starke Stimme“ hat es in zahlreichen Betrieben dieses Jahr bereits Betriebsrats-Neugründungen gegeben – Tendenz steigend. So auch bei der Emirates Airline, dem Schloss Laxenburg und der Gemeinde Wörterberg im Burgenland – drei sehr unterschiedliche Arbeitgeber, die uns einen Blick hinter die Kulissen ihrer Betriebsratsgründungen werfen lassen.

„Jetzt oder nie“, das war das Motto von Petra Matous, als es um die Gründung eines Betriebsrates bei Emirates Airline ging. Mittlerweile kümmert sie sich seit Ende Juni als Betriebsratsvorsitzende um die Anliegen ihrer Kolleg*innen. Ebenso frisch ist die Betriebsratsgründung im Schloss Laxenburg: Seit Juli dieses Jahres ist Rainer Harrand dort als Angestelltenbetriebsrat tätig. Und seit April 2021 hat auch die Gemeinde Wörterberg mit David Holper einen Betriebsrat, der sich tatkräftig für seine Kolleg*innen engagiert. Doch welche Motivation steckte hinter diesen Betriebsratsgründungen?

Im Falle von Emirates Airline stand das aktive Mitgestalten von etwaigen Umstrukturierungen und zukünftigen Herausforderungen im Vordergrund. „Wir alle wissen, dass Veränderungen unvermeidbar sind. Seit Corona zählt die Flugbranche definitiv zu den Krisenbranchen. Wir wollten auf diese Veränderungen, die früher oder später auf uns zukommen können, vorbereitet sein, als Team zusammenhalten und gemeinsam mit der Geschäftsführung Lösungen zu den aktuellen Herausforderungen finden“, so Matous. Im Schloss Laxenburg reagierte Harrand auf aktuelle Vorkommnisse im Unternehmen, die die Installation eines Betriebsrates notwendig gemacht haben. Und fragt man Holper nach seiner Motivation hinter der Betriebsratsgründung, so erfährt man, dass er allen Mitarbeiter*innen mit seiner Unterstützung ermöglichen wollte, auf ein neues Lohnsystem umzusteigen, und es ihm zudem ein Bedürfnis ist, für seine Kolleg*innen in den unterschiedlichsten Belangen da zu sein.

Betriebsratsgründung

Wie sind diese Betriebsratsgründungen im Detail abgelaufen? Gab es eher Zuspruch oder Widerstand? Was war den einzelnen Akteuren besonders wichtig? Matous von Emirates verrät, dass es ihr ein großes Anliegen war, dass die Kolleg*innen aus allen drei großen Unternehmensbereichen gut vertreten sind. Dabei bezieht sie sich auf die Mitarbeiter*innen der Passagierabwicklung, der Frachtabteilung sowie jene aus dem Wiener Stadtbüro. Sie freut sich heute besonders, dass sich das Betriebsratsteam aus jeweils mindestens einer Person aus jedem dieser Bereiche zusammensetzt. Sie hebt hervor: Auch vonseiten der Geschäftsführung habe es positiven Zuspruch zur Betriebsratsgründung gegeben und dass das Interesse der Belegschaft sehr groß war. Nicht überall klappt das so reibungslos. Oft wehren sich Firmen mit allen Mitteln gegen eine Betriebsratsgründung.

Ebenfalls gut funktioniert hat das Ganze im Schloss Laxenburg. „Die Gründung des Betriebsrates wurde durch den ÖGB nicht nur unterstützt, sondern auch begleitet. Es war uns wichtig, durch die Begleitung im Zuge des Ablaufs eine gewisse Rechtssicherheit zu haben. Widerstand seitens der Geschäftsführung oder der Mitarbeiter*innen gab es nicht“, berichtet Harrand. Ähnliches erzählt auch Holper von der Gemeinde Wörterberg: „Alles hat gut funktioniert, wir wurden gut von der Gewerkschaft beraten, und Zuspruch gab es auch von unserem Chef.“

Auch die Gemeinde Wörterberg hat seit Neuestem einen Betriebsrat: David Holper. Sein Ziel: ein offenes und zuverlässiges Ohr für seine Kolleg*innen haben.

Erste Erfolge

Nachdem in allen drei Unternehmen die administrativen Schritte der Betriebsratsgründung abgeschlossen sind, startet nun die eigentliche Arbeit. Worum wollen sich die neuen Betriebsräte als Erstes kümmern? Im Betriebsrat bei Emirates Airline, inmitten der krisengebeutelten Tourismusbranche, ist das Ziel ganz klar: Lösungsorientiert mitentscheiden und vorbereitet sein auf etwaige personelle Veränderungen und bevorstehende Umstrukturierungen. „Wir haben ein gutes Verhältnis zur Geschäftsführung und arbeiten miteinander, statt gegeneinander. Unser primäres Ziel ist es, keine Mitarbeiter*innen zu verlieren“, bekräftigt Petra Matous. Besonders in der Corona-Krise sei es für sie wichtig, als Betriebsrätin bei den Entscheidungen mitwirken zu können.

Für David Holper war zunächst vorrangig, für die Mitarbeiter*innen der Gemeinde Wörterberg einen Umstieg auf das neue Lohnsystem zu ermöglichen. Und Rainer Harrand konnte für seine Kolleg*innen im Schloss Laxenburg bereits einen ersten Erfolg erzielen: Es wurde für alle Mitarbeiter*innen eine einmalige Leistungsprämie ausverhandelt.

Wie soll es für die drei Unternehmen langfristig weitergehen? Welche Ziele wollen die Betriebsrät*innen zukünftig verfolgen? Wo soll angesetzt werden, wo braucht es Verbesserungen? David Holper lässt die Zukunft auf sich zukommen: „Mir ist ein gutes Miteinander wichtig, mit allen zu reden, ein offenes Ohr zu haben für die Kolleg*innen, regelmäßige Treffen zu organisieren. Nur so kann ich ein zuverlässiger Partner sein, der die Mitarbeiter*innen unterstützt und ihnen weiterhilft“, bekräftigt er. Ähnlich sieht es Harrand: „Wir werden sehen, was die Zukunft bringt und gegebenenfalls anlassbezogen reagieren.“ Matous fokussiert sich zunächst auf die aktuellen Herausforderungen der Flugbranche, von denen auch Emirates Airline betroffen ist, und setzt vor allem darauf, bei Entscheidungen und Veränderungen mitwirken zu können. Zu einem Vorbild in diesem Bereich hat sich das Möbelhaus IKEA gemausert.

Über den/die Autor:in

Beatrix Mittermann

Beatrix Mittermann hat internationale Betriebswirtschaft an der WU Wien, in Thailand, Montenegro und Frankreich studiert. Sie ist Autorin, Schreibcoach sowie freie Redakteurin für diverse Magazine und Blogs.

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