Reportage: Scharfe Verhandlungen

Inhalt

  1. Seite 1 - Die Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen ernst nehmen
  2. Seite 2 - Das neue Arbeitszeitgesetz verschiebt das Verhandlungsgleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
  3. Seite 3 - Junges Engagement für gerechteren Lohn
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Länger arbeiten, weniger Mitbestimmung - die Regierung agiert derzeit im Dienste der Arbeitgeber. Unter diesen Voraussetzungen startet die Herbstlohnrunde. Lange und zähe Verhandlungen stehen bevor.

Junges Engagement mobilisiert

Viele Menschen finden diese Politik ungerecht und wollen das ändern. Einer von ihnen ist Josef Rehberger, genannt „Tschosi“. Im April ist er zum Metaller-KV-Verhandlungsteam dazugestoßen, bereits seit 2013 ist er Jugendvertrauensratsvorsitzender in der voestalpine Linz und damit für 460 Jugendliche zuständig. Im März wurde er zum neuen Bundesjugendvorsitzenden der PRO-GE gewählt und folgte somit Sascha Ernszt nach. Für den 21-Jährigen ist es wichtig, nicht abgehoben zu agieren und zu erkennen, was den Leuten wichtig ist: „Nicht nur wir als Verhandlungsteam wollen schauen, dass etwas weitergeht – wir wollen auch die MitarbeiterInnen draußen mobilisieren.“

Rehberger ist leidenschaftlicher Gewerkschafter, arbeitet in der 5er-Schicht als voest-Produktionstechniker. Früher musste er insgesamt 80 Kilometer täglich pendeln, nach seinem Umzug von St. Johann am Wimberg nach Linz sind es für den jungen Oberösterreicher nur noch 500 Meter zur Lehrwerkstätte und den Jugendlichen, deren Anliegen er vertritt. Tschosi Rehberger sagt, was er denkt, und das auch sehr deutlich: Mit der Präsentation von 3.000 Unterschriften für die Beibehaltung des Jugendvertrauensrates sorgte er am ÖGB-Bundeskongress für Aufsehen. Und er kann verständlich erklären, weshalb fünf Prozent Lohnerhöhung für die Beschäftigten absolut gerechtfertigt sind: „Die Leute sagen, dass sie zwar immer mehr arbeiten, aber das Geld zum Leben einfach nicht mehr wird – mit der Inflationsrate von 2,1 Prozent steigen etwa die Energiekosten und auch das Tanken wird immer teurer. Deshalb wollen die Leute vor allem mehr Geld sehen.“

Foto (C) ÖGB-Verlag/Michael Mazohl
Schmäh statt Recht: „Die 4-Tage-Woche ist bisher ein Riesenschmäh, der von der Regierung in sämtlichen Tageszeitungen inseriert wurde. Denn bisher ist noch kein Betrieb bekannt, in dem die MitarbeiterInnen ein Recht darauf haben“, macht GPA-djp-Bundesvorsitzende Barbara Teiber deutlich.

Spannender Verhandlungspoker

Die ersten Verhandlungsrunden sind noch zäh. „Die Wirtschaft wächst und wächst. Die Leute können es kaum mehr darennen vor lauter Arbeit“, berichtet Rehberger von seinen Erfahrungen. Dass sie die Forderung der Gewerkschaftsseite nach einer Lohnerhöhung von fünf Prozent „blauäugig“ finden, lassen die Arbeitgeber über Presseaussendungen verbreiten. Dabei ignorieren sie nicht bloß die – etwas zweifelhafte – Empfehlung der Regierung für hohe Abschlüsse, sondern auch die Einschätzung des Notenbankgouverneurs, wonach eine Lohnerhöhung um fünf Prozent „nicht überschießend“ sei.

Der PRO-GE-Bundesjugendvorsitzende: „Bei der ersten Verhandlungsrunde war klar zu sehen, dass die Arbeitgeberseite nicht auf uns eingehen will. Da werden Vergleiche gezogen, die nicht relevant sind – das Arbeitgeberverhandlungsteam wollte ablenken und provozieren.“

Solidarisierung „auf der Straße“

Schon vergangenes Jahr – als Rehberger noch nicht Mitglied des Verhandlungsteams war – engagierte er sich für einen gerechten Metaller-Lohn. Letzten Herbst wurden vier Prozent Lohnerhöhung gefordert und dieses Anliegen wurde auch der Öffentlichkeit präsentiert: „Wir haben auf der Seite dubistgewerkschaft.at Fotos von Belegschaften mit dem Banner ‚+4 Prozent‘ gepostet. Viele Betriebe aus der Metallindustrie haben mitgemacht“, erinnert sich der junge Gewerkschafter. Dazu wurden Aufkleber gedruckt, die am besten auf dem Auto zur Geltung kamen. So konnten sich Menschen solidarisieren und mittels des Stickers auf der Heckscheibe zeigen: „Ich will das auch.“ Tschosi Rehberger: „Es war spannend, auf der Autobahn zu fahren und zu sehen: Das ist einer von uns, der hat die Forderung auch auf seinem Auto. Die Aktion ist sehr gut angenommen worden.“

Foto (C) PRO-GE/flickr
Tschosi Rehberger kämpft im KV-Verhandlungsteam für Jugendanliegen: „Die Wirtschaft wächst und wächst. Die Leute können es kaum mehr
darennen vor
lauter Arbeit“, sagt der 21-Jährige und
fordert einen
ordentlichen Lohnanstieg.

Nicht vier Prozent, aber immerhin einen Abschluss mit guten drei Prozent brachten die letzten Metaller-KV-Verhandlungen. Noch ist das Klima im Verhandlungskomitee der ArbeitnehmerInnen sehr gut. „Wir haben alle das gleiche Ziel“, erklärt Rehberger. Wird eine Materie kompliziert, kann er auf die Hilfe seiner älteren KollegInnen zählen: „Ich bekomme auch von der PRO-GE eine Mordsunterstützung.“

In der voestalpine Linz, da ist er sich mit den KollegInnen einig, gibt es eine gut gelebte Sozialpartnerschaft. „Wir können Sachen miteinander ausmachen und den Weg so gut es geht miteinander gehen.“ Als etwa einige Lehrlinge in der Berufsschule Probleme in Mathematik hatten, wurden gemeinsam mit dem Ausbildungsleiter Mathe-Kurse zum Aufholen organisiert. Gelöste Probleme sind gelebte Sozialpartnerschaft.

Von
Christian Resei und Sophia-Therese Fielhauer-Resei

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 8/18.

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