Forderungen für die KV-Verhandlungen in der Sozialwirtschaft
Die Löhne und Gehälter müssen steigen – darin sind sich Unternehmen und Gewerkschaften grundsätzlich einig. Die Gewerkschaften GPA und vida fordern eine Erhöhung um 6,1 Prozent. Die Sozialwirtschaft hingegen bietet lediglich eine Anpassung an die rollierende Inflation an, die zwischen 3,6 und 3,9 Prozent liegt. Eva Scherz, Verhandlerin der Gewerkschaft GPA, lehnt dies entschieden ab: „Die Arbeit im Gesundheits- und Sozialbereich ist hochprofessionell und muss entsprechend honoriert werden.“
Yvonne Hochsteiner, Geschäftsführerin des Branchenverbands Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) und Verhandlungsführerin auf Arbeitgeberseite, sieht das anders. Sie verweist auf die Rezession und die möglicherweise knappen Budgets der öffentlichen Hand im kommenden Jahr. „Deswegen ist das bereits zu Verhandlungsbeginn abgegebene grundsätzliche Bekenntnis der Arbeitgeber:innen, die Inflation abzugelten im Branchenvergleich ein sehr großes Entgegenkommen und keineswegs selbstverständlich.“
Dabei ist gerade in der Sozialwirtschaft eine Steigerung über die Inflationsrate hinweg notwendig, wie das Momentum-Institut errechnet hat. In den Berufen der sozialen Daseinsvorsorge liegt der Stundenlohn mit rund 17 Euro (Betreuung) und 18 Euro (Pflege) deutlich unter dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft (um die 20 Euro). „Aufs Jahr gerechnet summiert sich das auf rund 4.274 Euro, die eine Pflegerin weniger bekommt als der Durchschnitt, bei der Pädagogin sind es sogar um die 6.703 Euro“, erklärt Ökonomin Katharina Mader.
KV-Verhandlungen sollen Arbeitsbedingungen verbessern
Neben der zentralen Forderung nach mehr Lohn sind den Gewerkschaften vida und GPA verbesserte Arbeitsbedingungen wichtig. Schon vor Verhandlungsbeginn sagte Scherz: „Wir haben viele Rückmeldungen aus den Betrieben erhalten, dass neben dem Gehaltsabschluss der Schuh besonders bei den Arbeitsbedingungen drückt.“ Die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft wünschen sich mehr Stabilität bei den Dienstplänen sowie eine bessere Abgeltung von Nacht- und Wochenendarbeit.
Michaela Guglberger, Verhandlerin für die Gewerkschaft vida, betont, dass bessere Arbeitsbedingungen dringend nötig seien – und das nicht nur im Interesse der Beschäftigten. „Es muss auch im Interesse der Unternehmen sein, als Dienstgeber attraktiver zu werden.“ Laut der „Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich“ vom Sozialministerium benötigt Österreich bis zum Jahr 2030 über 75.000 neue Pflegekräfte. Grund dafür sind zahlreiche Pensionierungen, die anstehen, aber auch die geringe Attraktivität der Branche für potenzielle Arbeitskräfte. Diese Entwicklungen erhöhen die Arbeitsbelastung, was wiederum viele Beschäftigte dazu bringt, die Pflege zu verlassen.
Weniger Arbeit, bessere Planbarkeit
Konkrete Forderungen der Gewerkschaften GPA und vida sind daher eine Verkürzung der Normalarbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich, eine zusätzliche Urlaubswoche, eine bessere Planbarkeit der der Arbeitszeiten sowie eine Erhöhung der Zuschläge.
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Hochsteiner betont in einer Aussendung nach der ersten Verhandlungsrunde, dass die Arbeitgeber:innen die Zulagen und Zuschläge nur schwer erhöhen könnten. Dafür ist nämlich die öffentliche Hand zuständig. Erich Fenninger, der Vorsitzende des Branchenverbands Sozialwirtschaft Österreich, hat daher eine lange Forderungsliste an die kommende Bundesregierung. Sie umfasst eine Reihe notwendiger Verbesserungen – von der Finanzierungszusage für den Pflegezuschuss über ausreichende Budgets für eine aktive Arbeitsmarktpolitik bis hin zur Anpassung des Personalschlüssels in der Pflege.
Fenninger: „Der Gesundheits- und Sozialbereich kann nur funktionieren, wenn dafür auch ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden“, so der SWÖ-Vorsitzende. „Die österreichische Wirtschaft insgesamt wäre ohne die Sozialwirtschaft nicht denkbar und eine Gesellschaft ohne Gesundheits- und Sozialberufe würde nicht funktionieren, denn diese tragen zum sozialen Frieden wesentlich bei.“
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