Maurice Höfgen im Interview: Recht auf Arbeit verwirklichen

Porträt Maurice Höfgen für das Interview mit Maurice Höfgen.
Maurice Höfgen im Interview über Gierflation und die Rolle der Zentralbank. | © Olaf Krostitz
Foto (C) Olaf Krostitz

Inhalt

  1. Seite 1 - Arbeitsmarkt im Krisenmodus
  2. Seite 2 - Was eine Jobgarantie bringt
  3. Seite 3 - Welche Arbeitsplätze die Jobgarantie schafft – und was sie kostet
  4. Auf einer Seite lesen >
Eine Jobgarantie hilft allen. Den Bürger:innen, den Unternehmen und dem Staat. Ökonom Maurice Höfgen erklärt im Interview, wie das funktioniert.
Druck, Zwang und Stigmatisierung sind aktuell die beliebtesten Werkzeuge der Arbeitsmarktpolitik. Menschen sollen gezwungen werden, jede Arbeit anzunehmen, die ihnen angeboten wird. Unabhängig von der Bezahlung, den Arbeitsbedingungen oder der Qualifikation und dem Willen der arbeitslosen Menschen. Statt jedoch die Arbeitslosigkeit schlimmer zu machen, könnte die Beschäftigung attraktiver gestaltet werden. Um das zu erreichen, wäre eine Jobgarantie ein geeignetes Mittel, glaubt Ökonom Maurice Höfgen.

Höfgen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im deutschen Bundestag und war lange Zeit rechte Hand des Politikers Fabio de Masi, der bis vor kurzem für die Linkspartei im Bundestag saß. Neben dieser Tätigkeit hat Höfgen außerdem das Buch „Mythos Geldknappheit“ geschrieben und betreibt auf Youtube den Vlog „Geld für die Welt“. Im Gespräch mit Arbeit&Wirtschaft redet er darüber, wie eine Jobgarantie den Arbeitsmarkt nachhaltiger, resilienter und erfüllender aufstellen kann.

Arbeit&Wirtschaft: Was haben denn die letzten anderthalb Jahre mit dem Arbeitsmarkt gemacht?

Maurice Höfgen: Wenn die Wirtschaft in Rezession geschickt wird, entsteht Arbeitslosigkeit. Wer ist davon am härtesten betroffen? Das sind natürlich diejenigen mit geringqualifizierten Jobs, in denen so wenig verdient wird, dass man nicht einmal in die Sozialversicherung einzahlt. Diese Menschen sind nicht einmal berechtigt Kurzarbeitergeld zu beziehen.

Was ist mit den Menschen passiert, die schon erwerbsarbeitslos waren?

Wenn die Wirtschaft stottert und Leute entlassen werden, haben die es noch schwieriger eine neue Stelle zu finden. Sie werden zu Langzeitarbeitslosen. Diejenigen, die von der Schule kommen und eine Berufsausbildung machen wollen, finden keinen Job und die Jugendarbeitslosigkeit steigt an.

Inwiefern unterscheidet sich die aktuelle Situation von einer „normalen“ Wirtschaftskrise?

Die Pandemie ist ein extremes, externes Ereignis. Sie trifft unterschiedliche Bereiche der Wirtschaft in verschiedener Härte. Die Tourismusbranche, die körpernahen Dienstleistungen und die Restaurants hat es beispielsweise viel härter getroffen als die Industrie. Die Arbeitslosigkeit konzentriert sich dann nur in gewissen Teilen der Wirtschaft. Und das sorgt für ein extremes Ungerechtigkeitsgefühl. Kellner:innen, Barkeeper:innen oder Friseur:innen müssen ihre Laden dichtmachen und verlieren einen Teil ihres Einkommens wegen eines Ereignisses, für das sie nichts können. Wer eine andere Berufswahl getroffen hat, behält sein Einkommen. Weil er Glück hat.

Die Investmentbanker:innen haben davon nicht viel gemerkt. 

Gibt es denn Leute und Gruppen, die von der Arbeitslosigkeit besonders schlimm betroffen ist?

Natürlich diejenigen, die in Wirtschaftsbereichen arbeiten, die vom Lockdown betroffen waren. Dazu überdurchschnittlich die Geringqualifizierten mit schlechter sozialer Absicherung. Gleichzeitig Frauen und Mütter, die übermäßig viel Sorgearbeit leisten mussten, etwa im sogenannten ‚Home-Schooling‘. Sie waren nicht nur von der Arbeitslosigkeit betroffen, sondern konnten auch keinen neuen Job suchen, weil sie zu Hause die Arbeit der Lehrer:innens übernehmen mussten. Die Investmentbanker:innen haben davon nicht viel gemerkt.

Inhalt

  1. Seite 1 - Arbeitsmarkt im Krisenmodus
  2. Seite 2 - Was eine Jobgarantie bringt
  3. Seite 3 - Welche Arbeitsplätze die Jobgarantie schafft – und was sie kostet
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Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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