Hanusch-Krankenhaus: Innovationen mit Herzblut

Das Team für Hämatologie des Hanusch-Krankenhaus arbeitet an einem Laptop.
Das Team im Schwerpunktkrankenhaus für Hämatologie behandelt auf seinen Stationen in der Tagesklinik und den Gesundheitszentren rund 5.000 Personen. | © Markus Zahradnik

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  1. Seite 1 - Gepflegt arbeiten
  2. Seite 2 - Menschlich gesehen
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Den österreichischen Gesundheitseinrichtungen sind nicht zuletzt durch die Pandemie viele Pflegekräfte abhandengekommen. Jetzt droht vielen auch ein Ärzt:innenmangel. Das Wiener Hanusch-Krankenhaus zeigt, wie es auch anders gehen kann. Eine Reportage.
In zahlreichen Spitälern und Gesundheitseinrichtungen brennt der Hut, und zwar in ganz Österreich, wie eine Medienrundschau der vergangenen Monate verdeutlicht – egal, ob in Vorarlberg, wo die Krankenhäuser laut ORF Landesstudio schon im vergangenen Frühjahr „unter Druck waren wie nie seit Beginn der Corona-Pandemie“, oder in Oberösterreich, wo Spitäler im Sommer „Betten sperren mussten, weil Personal fehlte“, und unter dem „größten Druck seit Pandemiebeginn“ stehen, oder im LKH Graz, „wo das Los über Pflegedienstkräfte entscheidet“, oder in Wien, wo zuletzt 849 Betten wegen Personalmangels stillgelegt wurden. Doch es geht auch anders, wie das Wiener Hanusch-Krankenhaus zeigt.

Wer die Pflege verliert,
verliert die ganze Medizin. 

Professor Felix Keil, Abteilungs-Vorstand
Hämatologie, Hanusch-Krankenhaus

Hanusch-Krankenhaus: Arbeiten am Anschlag

Es handelt sich in den meisten Fällen um die vielfältigen Facetten des gestiegenen Arbeitsdrucks in den Krankenhausstationen und in Reha-Einrichtungen, es geht um die Personalnot am Krankenbett, um ausgebranntes Personal, das – egal ob Arzt:Ärztin oder Krankenpfleger:in – immer wieder am Anschlag war und teilweise am Rande des Burnouts stand oder steht. Und es geht bei privaten Krankenhäusern um entsprechende adäquate Gehaltserhöhungen – also um die Anerkennung der Leistung der Beschäftigten.

Viele Menschen in Gesundheitsberufen wurden während der Corona-Krise von Corona-Leugner:innen gemobbt, manche sogar mit Mord bedroht – einer der Tiefpunkte war der Suizid der oberösterreichischen Landärztin Lisa Maria Kellermayr.

Die aufopferungsvolle Arbeit von vielen Tausenden Menschen im Gesundheitswesen verhöhnte ein 500-Euro-Bonus, während Kassenkräfte ihren Arbeitgebern 1.000-Euro-Boni wert waren. Das hinterlässt tiefe seelische Krater.

Unter den Top-Spitälern der Welt

Grund genug, an einem Ort des Geschehens Nachschau zu halten: im Hanusch-Krankenhaus im 14. Wiener Gemeindebezirk. Das vom renommierten US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“ unter die 250 besten Spitäler der Welt gereihte öffentliche Krankenhaus gehört der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und ist nach Ferdinand Hanusch, Gewerkschafter und Sozialpolitiker der Ersten Republik, benannt.

Die Stufen von der Einfahrt hinauf zum Pavillon 2 sind mit Kieselsteinen übersät. Im Foyer des Spitals prüft Mitarbeiter:innen die PCR-Tests der Besucher:innen. Dann fährt der Lift in das vierte Obergeschoß. Hier hat Valerie Nell-Duxneuner, Internistin und ärztliche Direktorin im Hanusch-Krankenhaus, ihr Büro. Ein schlichter Besprechungstisch mit einigen Sesseln in der rechten hinteren Ecke, ein aufgeräumter Stehtisch mit Computer in der linken hinteren Ecke, einige ausgedruckte E-Mails liegen daneben, ein Glas Wasser. Einige private Fotos stehen auf einem Sideboard.

Nell-Duxneuner geht gleich zu Beginn des Gesprächs auf den Mangel an Pflegepersonal ein, zum Beispiel auf den internen Stationen. Und es gebe einen drohenden Ärzt:innenmangel, wie sie sagt.

Die Gründe für das ausgedünnte Personal seien „die große Belastung, der große Arbeitsdruck und die Angst vor Corona, die am Anfang der Pandemie sehr groß war“.

Gepflegt arbeiten

Aber es gibt im Hanusch-Krankenhaus nicht überall Engpässe, sondern auch ein Paradebeispiel dafür, wie es anders geht: die Hämatologie in der dritten Etage im Pavillon 2. Es sind zwei Bettenstationen mit 48 Betten. Dazu gehören weiters die Tagesklinik im Hanusch und Behandlungszentren in vier der fünf Gesundheitszentren in Wien. Rund 110 Ärzt:innen und Pfleger:innen arbeiten an den insgesamt sieben Standorten. Hier werden rund 5.000 Patient:innen versorgt, also jeder zweite Mensch mit Blutkrebs oder Blutkomplikationen in Wien. „Wir eröffnen eine Außenstelle nach der anderen nach bewährtem Muster“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Keil lächelnd.

Die modernisierten Räumlichkeiten hier im Hanusch-Krankenhaus sind vor eineinhalb Jahren, also mitten in der Corona-Krise, bezogen worden: weiße Wände, ein hell gesprenkelter Fußboden, anthrazitfarbene Türstöcke, buchenholzfarbene Türen. Die Zimmer sind hier sogar mit Klimaanlagen ausgestattet, weil Menschen mit akuten Bluterkrankungen für viele Monate in die Hämatologie übersiedeln. Die Zimmer sind fast wie Hotelzimmer. Und es gibt auch Isolierzimmer hier, weshalb auch die Corona-Abteilung im Hanusch in dieser Abteilung untergebracht war.

Auf dem Gang herrscht morgendliches Treiben. In einer Ecke stehen einige Infusionsständer, vis-à-vis parkt ein Stahlkasten auf Rollen – drinnen Tabletts mit den Resten des Frühstücks. Mitten auf dem Gang an der Wand: eine Teeküche mit den wichtigsten Erfrischungen für die Patient:innen. Fast gegenüber die Stationsleitung.

Zwei Pfleger:innen im Hanusch-Krankenhaus arbeiten an einem Infusionsständer.
Neben dem hohen zeitlichen Arbeitsdruck kommt die psychische Belastung des Personals hinzu, da manche Patient:innen ein Jahr und mehr auf der Station behandelt werden. Da ist Abschied nehmen zu müssen sehr belastend. | © Markus Zahradnik

Gute Stimmung

7:00 Uhr in der Früh – Dienstübergabe der Pflege vom Nacht- zum Tagdienst. Sieben Pflegerinnen und drei Pfleger nehmen daran teil. Sonja Klenkhart, die Stationsleitung der Pflege, führt das Gespräch, stellt Fragen, stimmt ab, teilt ein, bespricht sich mit Ärzt:innen. Die Stimmung ist gut, die Belegschaft wirkt entspannt, es scheint, dass jede:r hier eine große innere Ruhe in sich trägt. In der knappen halben Stunde werden alle Patient:innen besprochen. Das Team erörtert Auffälligkeiten der Nacht und die Pläne für den bevorstehenden Tag. Jetzt ist auch noch kurz Zeit für einen Schluck Kaffee oder Tee.

Eine halbe Stunde später, um 7:30 Uhr, geht die Tagesroutine in den Zimmern richtig los. Jede:r weiß, was zu tun ist: Hauptdienst, Beidienst, Aufnahmedienst. Die 25 Betten dieser Station werden auf zwei Gruppen aufgeteilt. Alle arbeiten selbstständig. Blutdruck- und Fiebermessen, Verabreichen der Medikation, Setzen von Kathetern, Untersuchungen, Dokumentation und Neuaufnahmen.

Um 10:00 Uhr begleiten zwei Krankenpfleger und ein Assistenzarzt die Visite an der Seite von Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Keil, dem Leiter der Hämatologie. Der groß gewachsene Facharzt für innere Medizin, Hämato-Onkologie und Intensivmedizin im Hanusch-Krankenhaus, ist ganz in Weiß: weiße Hose, weißes Hemd und Mantel mit roter Schrift auf weißem Namensschild. Er hat feine Gesichtszüge, trägt eine Brille mit dunklem Rand, hat graues Haar und eine tiefe, ruhige Stimme, die wohl jeden:jede Patient:in zu beruhigen vermag. Auf dem Gang werden zunächst alle Patient:innen vorbesprochen, dann geht es in die Zimmer.

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