Problembereich gefährliche Arbeitsbedingungen
Immer wieder berichten Beschäftigte über kaputte Tiefkühler oder nicht richtig funktionierende Fritteusen. Dabei kann es zu gefährlichen Situationen kommen: Etwa, weil fettiger, gesundheitsschädlicher Rauch entsteht, oder weil Kühlketten unterbrochen werden, und so ein hygienisches Arbeiten nicht mehr möglich ist. Beschäftigte, die auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften pochen, werden schnell von ihren Vorgesetzten als Querulant:innen hingestellt. Wie können Arbeitnehmer:innen hier vorgehen?
Kyncl: Arbeitnehmer:innen können sich in solchen Fällen auf Schutzbestimmungen im Kollektivvertrag, im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG) und dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch berufen. Verstöße können auch anonym gemeldet werden, es ist aber wichtig, dass dies zeitnah geschieht. Hier helfen Betriebsrat, Gewerkschaft oder Arbeiterkammer. Sie beraten, und übernehmen gegebenenfalls auch die Vertretung, um Rechte, Bestimmungen und Ansprüche durchzusetzen.
Vazny-König: Grundsätzlich sind Arbeitgeber für die Einhaltung des Arbeitnehmer:innenschutzes und von Hygienevorschriften zuständig. Wenn Arbeitnehmer:innen diesbezüglich Mängel auffallen, sollten sie das unverzüglich dem Arbeitgeber melden. Wenn das keinen Erfolg hat, sollten sie sich an das Arbeitsinspektorat wenden. Hier können auch anonym Hinweise gegeben werden und bei Gefahr kann das Arbeitsinspektorat eine sofortige Schließung veranlassen. Gemäß ASchG haben Arbeitgeber im Betrieb Sicherheitsvertrauenspersonen zu bestellen, wenn hier mehr als zehn Arbeitnehmer:innen beschäftigt werden. Diese Vertrauenspersonen haben sich mit der Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes zu beschäftigen und sind weisungsfrei. Wenn ein:e Arbeitnehmer:in gekündigt wird, weil sie auf unsichere Arbeitsbedingungen hingewiesen hat, gilt dies als Motivkündigung und kann angefochten werden. Gegen sonstige Repressionen wie zum Beispiel Versetzungen gibt es aber nur in Ausnahmefällen einen Schutz.
Problembereich Mobbing und unfaire Arbeitseinteilung
Immer wieder erzählen Beschäftigte von herabwürdigenden Verhalten durch Vorgesetzte. Sie werden angeschrien, vor versammelter Mannschaft „heruntergemacht‟ oder zu Arbeiten eingeteilt, die nicht in ihrem Dienstvertrag stehen. Was müssen sich Beschäftigte am Arbeitsplatz gefallen lassen, und was nicht?
Kyncl: Beschäftigte müssen sich nicht an- oder niederschreien lassen. Bei Übergriffen gilt es, diese sofort anzusprechen und dagegen etwas zu unternehmen. Diese sollten nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich Vorgesetzten und der Personalabteilung mitgeteilt werden. Mitarbeiter:innen sollten zudem ein Protokoll über Vorfälle führen. Bei Gesprächen mit Vorgesetzten, ist es möglich, Vertrauenspersonen und Betriebsrat hinzuzuziehen. Einem solchen Wunsch können Vorgesetzte aber widersprechen.
Vazny-König: Grundsätzlich ist ein:e Arbeitnehmer:in im Rahmen seines oder ihres Arbeitsvertrags und der dort enthaltenen Tätigkeitsbeschreibung verpflichtet, für den Arbeitgeber zu arbeiten. Wenn sich die vertraglich geschuldete Leistung ändert, dann bewirkt das auch eine Änderung des Arbeitsvertrags. Kurzfristige Änderungen sind danach zu beurteilen, ob sie zumutbar sind. Zum Beispiel wird ein für juristische Tätigkeiten eingestellte:r Arbeitnehmer:in nicht zur Reinigung herangezogen werden können. Wesentlich ist, ganz genau zu wissen, was der konkrete Dienstvertrag vorsieht. Es kommt auch darauf an, ob es sich um einen Notfall handelt. Das muss immer im Einzelfall geprüft werden.
Ex-MItarbeiter:innen der Bäckereikette Öfferl berichten von Kündigungen im Krankenstand, Überwachung, Hitze und schroffem Umgangston. Öfferl gibt Fehler zu, sieht “Versuch der Rufschädigung”.
— Moment.at (@moment.at) 29. Januar 2025 um 12:48
Problembereich Stress, Arbeitsbelastung und Krankenstand
In der Systemgastronomie klagen viele Beschäftigte über Überlastung am Arbeitsplatz und darauffolgende Krankenstände, welche vom Arbeitgeber gerne mit Kündigung beantwortet werden. Was gilt hier?
Kyncl: Arbeitnehmer:innen sind während des Krankenstands nicht vor dem Verlust des Arbeitsplatzes geschützt. Sie können während des Krankenstands gekündigt werden. Dabei sind aber dieselben Kündigungsterminen und Fristen einzuhalten, die auch sonst gelten.
Vazny-König: Die Arbeiterkammer fordert schon seit langem die Wiedereinführung eines Erstattungsfonds, der unter der ersten schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 abgeschafft wurde. Der Fonds wurde von allen Arbeitgebern gespeist und diente dazu, kleineren Unternehmen die Belastung, die ein Krankenstand mit sich bringt, zu nehmen. Stattdessen wurden private Versicherungen, mit denen sich Arbeitgeber individuell absichern können, und Unterstützungsleistungen von der gesetzlichen Versicherung ins Leben gerufen, die jedoch nie die gesamte Entgeltfortzahlung übernehmen. Das hat in der Praxis dazu geführt, dass sich Arbeitgeber bei den Krankmeldungen bemühen, die Arbeitsverhältnisse möglichst rasch zu beenden, um so dem Entgeltfortzahlungsanspruch zu entgehen.