Armut, Klima, prekäre Arbeit: Europas Jugend fordert Hilfe

Jugend forderungen werden bei Protest kundgetan.
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2022 ist das europäische Jahr der Jugend. Die Österreichische Jugendkonferenz thematisierte die Missstände und stellte klare Forderungen.
Es geht um existenzsichernde Mindestlöhne und faire Arbeitsbedingungen. Um eine Kampagne, die Jugendlichen die Klimakrise intensiv und in verständlicher Sprache erklärt. Darum, dass rund ein Drittel aller jungen Europäer:innen von Armut bedroht ist. Die zentralen Themen der 3. Österreichischen Jugendkonferenz im burgenländischen Parndorf haben es in sich. Dabei entstanden zahlreiche Vorschläge, die an die politischen Entscheidungsträger:innen überreicht wurden. Schließlich ist gerade das europäische Jahr der Jugend.

Das europäische Jahr der Jugend

„Ich bewundere eure Widerstandsfähigkeit in diesen schwierigen Zeiten“, sagte Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, an die europäische Jugend gerichtet. Das war im Herbst 2021. Damals hatte die EU für das Jahr 2022 das europäische Jahr der Jugend ausgerufen. Seit dem Jahr 2018 gibt es elf europäische Jugendziele. Insgesamt 50.000 junge EU-Bürger:innen haben sie entwickelt. Die Ziele sind Teil der EU-Jugendstrategie bis zum Jahr 2027. „Die Youth Goals behandeln Themen, die für junge Menschen relevant sind und wo junge Menschen besonderen Handlungsbedarf sehen. Wenn man sich die Themen ansieht, fällt auf, dass sie sehr breit und vielschichtig sind“, sagt Sabrina Prohaska, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung (BJV).

Die europäischen Jugendziele reichen von der Gleichheit aller Geschlechter bis zur Förderung der Jugend am Land. Zwei Youth Goals stehen derzeit im Mittelpunkt der Diskussion – das der „Inklusiven Gesellschaften“ und „Ein nachhaltiges und grünes Europa“. In Österreich fand dazu im Juni im burgenländischen Parndorf die 3. Österreichische Jugendkonferenz statt. Insgesamt kamen 50 Teilnehmer:innen zu der mehrtägigen Veranstaltung. Sie wurden vorher von der Konferenz ausgewählt. So stellten die Organisatoren, die Koordinierungsstelle Jugenddialog, sicher, dass die junge Bevölkerung in ihrer Breite abgedeckt wird.

Protest zum Brexit. Die Themen im Europäischen Jahr der Jugend sind vielschichtig. Aber für alle relevant.
Die Themen im Europäischen Jahr der Jugend sind vielschichtig. Aber für alle relevant. | © Adobe Stock/motortion

Expert:innen aus den Ministerien für Klimaschutz und dem Sozialministerium, sowie von NGOs wie Fridays for Future ergänzten die Runde. Am erweiterten Jugenddialog nahmen vonseiten der Politik die Staatssekretärin für Jugend, Claudia Plakolm (ÖVP), und die Landesrät:innen aus den Bundesländern mit Jugendagenten teil.

Jugendliche haben ein Recht auf Beteiligung

Die Österreichische Jugendkonferenz ist für Jugendliche ein wichtiger Baustein der Demokratie. „Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist seit 1989 in der UN-Kinderrechtskonvention als Recht verankert. Junge Menschen zu beteiligen bedeutet, dass sie bei Entscheidungen, die sie betreffen, mitwirken und ihre Lebensbereiche aktiv mitgestalten können. In der Realität passiert das leider viel zu wenig“, sagt Prohaska.

Die EU-weiten Jugendziele sollen ein Miteinbeziehen der jungen Erwachsenen in die Politik unterstützen. Ähnlich wie Prochaska sieht es Christian Hofmann. Er ist GPA-Bundesjugendsekretär. „Die Youth Goals der Europäischen Union sollen die Lebenssituationen der jungen Menschen in Europa verbessern und die Partizipation an politischen Prozessen stärken. Aber es müssen daraus konkrete politische Maßnahmen folgen, sonst bleibt es nur ein Wertekompass.“

Ergebnisse der Österreichischen Jugendkonferenz

Die Ergebnisse der Jugendkonferenz brachten zahlreiche Vorschläge, die an die politischen Entscheidungsträger:innen überreicht wurden. So werden beispielsweise mehr jugendgerechte Kampagnen gefordert, die den Jugendlichen die Klimakrise intensiver und in verständlicher Sprache erklären. Ein anderer Punkt waren Arbeitsplätze. Hier braucht es existenzsichernde Mindestlöhne und faire Arbeitsbedingungen.

„Nachhaltigkeit hat nicht nur eine Umwelt-, sondern auch eine Sozial-Komponente. Beispielsweise befinden sich viel mehr junge Menschen bis 30 Jahren in prekären Arbeitssituationen, als es bei den anderen Altersgruppen der Fall ist. Nachhaltigkeit muss daher gute Jobs für junge Menschen bedeuten“, sagt Hofmann. Stichwort Praktika, die, wenn überhaupt, nur schlecht bezahlt werden. Wenn es ein „nachhaltiges, und grünes Europa geben soll“ dann sind natürlich Maßnahmen zu treffen, die die richtigen Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen. „Es braucht hier Fachkräfte, um die grüne Wende in Europa zu stemmen. Unternehmen müssen sie ausbilden“, meint Hofmann.

Jugendliche haben Probleme, Gehör zu finden

Die Politik sollte allerdings nicht immer über Jugendliche und junge Erwachsene sprechen. Sondern mit ihnen. Denn junge Menschen sind die Expert:innen ihrer Lebenswelten. Sie wissen selbst sehr genau was sie wollen und was nicht. „Es braucht eine Debatte auf Augenhöhe. Dialog bedeutet Gespräche im Vorhinein zu führen, bevor eine Entscheidung gefällt wird“, so Hofmann. Junge können sich zwar beteiligen an Prozessen, jedoch sind die Institutionen, über die die Möglichkeiten bestehen, oft wenig bekannt in der Öffentlichkeit.

„Es gibt die Schüler:innen-Vertretung oder den Jugendvertrauensrat, hier können sich Junge aktiv einbringen. Diese Institutionen sind aufzuwerten“, sagt Hofmann. Jedoch sind es auch politische Organisation oder die Gewerkschaft, die auf diese Gruppe vermehrt zugehen sollen. „Aus gewerkschaftlicher Sicht kann das so aussehen, dass man die Jugendlichen fragt, wie sie sich vorstellen, wie ihr Arbeitsleben aussehen soll und sie auch bei Kollektivvertragsverhandlungen einbindet“, so Bundesjugendsekretär Hofmann weiter.

Ein Drittel aller Jugendlichen von Armut bedroht

Die Armutsgefährdung junger Menschen in der EU bildete einen weiteren Schwerpunkt der Konferenz. Rund ein Drittel aller jungen Unionsbürger:innen sind von Armut und daher vom gesellschaftlichen Ausschluss bedroht, rechnet der Konferenzbericht vor. „In Österreich sind etwa 300.000 Kinder von Armut betroffen und müssen tagtäglich aufgrund ihrer prekären finanziellen Situation mit großen Herausforderungen kämpfen“, sagt Prochaska. „Die BJV sieht hier vor allem die Verantwortung in der Politik, den Armutskreislauf zu durchbrechen und notwendige Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut zu setzen.“ Laut der aktuellen Kinderkostenstudie 2021 reichen die staatlichen Leistungen nicht aus, um Kinder ausreichend vor Armut zu schützen.

Entsprechend fordert die Bundesjugendkonferenz, dass die Regierung viele grundsätzliche staatlichen Leistungen ausbauen muss. Es braucht mehr Investitionen in die Schulbildung und in leistbaren Wohnraum für junge Menschen. Außerdem muss die Politik die gesellschaftliche Teilhabe für Jugendliche ausbauen. Dafür braucht es kostengünstige oder kostenlose Zugänge. „Das kann sein, dass man ihnen die Mitgliedsbeiträge im Sportvereinen erlässt oder eine Unterstützung beim Ankauf von Utensilien bietet, die man im Verein benötigt. Oder wenn Jugendliche musikalisch begabt sind, dann kann es auch eine Unterstützung beim Ankauf von Musikinstrumenten oder beim Bezahlen der Musikstunden geben.“

Ideen sind vorhanden. Die Forderungen an die Politik liegen auf dem Tisch. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Regierung sie auch umsetzt. So kann sie eine inklusive Gesellschaft und ein nachhaltiges sowie grünes Europa der Zukunft schaffen.

Über den/die Autor:in

Stefan Mayer

Stefan Mayer arbeitete viele Jahre in der Privatwirtschaft, ehe er mit Anfang 30 Geschichte und Politikwissenschaft zu studieren begann. Er schreibt für unterschiedliche Publikationen in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Sport.

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