Dots Gruppe um Martin Ho: Schwer verdaulich

Martin Ho von der Dots Gruppe in einem Interview.
Die Dots Gruppe von Martin Ho steht im Zentrum der Vorwürfe der Arbeiterkammer. | © Leisure Communications/dotsgroup
Wegen „dubioser Vorgänge“ bei der Dots Gruppe hat die Arbeiterkammer die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es geht um Forderungen von 240.000 Euro und Betrugsverdacht.
Die Dots Gruppe von Martin Ho steht erneut im Fokus der Arbeiterkammer. Im Rahmen ihrer Betrugsbekämpfung haben sich deren Expert:innen die Vorgänge rund um vermeintliche Insolvenzen angesehen. Dabei sollen sie Ungereimtheiten gefunden haben, die nicht nur die Steuerzahler:innen belasten, sondern auch 44 Beschäftigte auf insgesamt 240.000 Euro Lohnansprüche sitzen lassen. Ihnen streckt die Arbeiterkammer die Löhne vor und zieht für sie vor Gericht.

Um welche Unternehmen der Dots Gruppe und Martin Ho geht es?

Hinter der Dots Gruppe und Martin Ho verbirgt sich ein recht komplexes Firmengeflecht, das in den vergangenen Monaten einige Änderungen erfahren hat. Konkret wechselten einige Eigentümer und Geschäftsführer und auch die Namen der Unternehmen änderten sich. So entstanden die folgenden drei Firmen:

  • „Bao Lynn Flowers GmbH“ vormals „Dots Nussdorf GmbH“
  • „Rixi Seven Personalverwaltung GmbH“ vormals „Dots Establishment GmbH“
  • „Rixi One Personalverwaltung GmbH“ vormals „Dots at The Leo Grand GmbH“

Alle drei Betriebe haben gemeinsam, dass der Name „Dots“ aus dem Firmennamen verschwand und sie mittlerweile Insolvenz angemeldet haben. Doch die Beschäftigten von Rixi One und Rixi Seven blieben nicht lange arbeitslos. Sie fanden bei der HG Operating eine neue Anstellung. Gesellschafterin der HG Operating (vormals Ho Gallery) ist übrigens die Dots Beteligungs GmbH, an der Martin Ho 49 Prozent hält.

Wie hat der vermeintliche Betrug der Dots Gruppe um Martin Ho funktioniert?

Für Unternehmen, die Insolvenz anmelden – und deren Beschäftigte –, ändert sich üblicherweise sehr viel. In der Gastronomie könnte das sein, dass ein Restaurant ein paar Tage oder Wochen schließt. Etwa, um die Räumlichkeiten neu zu gestalten oder wenigstens eine neue Speisekarte zu drucken. Bei diesen Unternehmen im Kreis der Dots Gruppe und Martin passierte das nicht. Für die Beschäftigten änderte sich gar nichts. Auch nicht für die Kunden. Sie konnten in den Restaurants der vermeintlich insolventen Firmen weiterhin Tische reservieren und Essen genießen.

Nach Ansicht der Arbeiterkammer handle es sich deswegen nicht um eine Insolvenz, sondern um einen sogenannten Betriebsübergang. Der entscheidende Unterschied sei, dass dabei die neuen Arbeitgeber:innen die Arbeitsverhältnisse übernehmen. Mit allen Rechten und Pflichten. Und davon gäbe es nicht wenige. Zum Beispiel hohe Ausstände bei Lohn, Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Bei den 44 Arbeitnehmer:innen, die die Arbeiterkammer jetzt vertritt, summiere sich das auf insgesamt 240.000 Euro.

„Die Dots-Gruppe hatte offenbar darauf spekuliert, dass der Insolvenzentgeltfonds die offenen Entgelte bezahlt“, spekuliert die Arbeiterkammer in einer Stellungnahme. Den Insolvenzentgeltfond füllen alle Arbeitgeber:innen über ihre Lohnnebenkosten. Allerdings nicht bei einem Betriebsübergang.

Ludwig Dvorak ist Bereichsleiter Arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz der Arbeiterkammer Wien und gab Auskunft über den Fall der Dots Gruppe von Martin Ho.
Ludwig Dvořák, Bereichsleiter Arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz, AK Wien. | © Arbeiterkammer

Wo ist der vermeintliche Betrug der Dots Gruppe um Martin Ho?

Neben dem Verdacht, dass der Insolvenz-Entgelt-Fonds zu Unrecht in Anspruch genommen werden sollte, verhärtet sich der Betrugsverdacht gegen die Dots Gruppe um Martin Ho auch aufgrund des Umgangs mit den Beschäftigten. Denn zu dem Zeitpunkt, als die Rixi One bereits Schulden bei den Beschäftigten gehabt haben soll, habe sie weiterhin neue Arbeitnehmer:innen eingestellt.

„Es besteht daher der Verdacht, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung veranlasst hat, obwohl ihm klar hätte sein müssen, dass er ihre Lohnansprüche nicht zeitgerecht bzw. vollständig erfüllen kann. Das begründet den Verdacht des Betrugs“, fasst es die Arbeiterkammer zusammen. Auch Ludwig Dvořák, Bereichsleiter arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz bei der AK Wien, äußert sich zu dem Fall: „Lohnvorenthaltung ist eine ernste Angelegenheit, Lohnansprüche von Arbeitnehmer:innen sind keine frei verfügbare Darlehensmasse für Unternehmen.“

Weswegen steht die Dots Gruppe um Martin Ho noch in der Kritik?

Neben dem Betrugsverdacht geht es der Arbeiterkammer auch um Schadensersatz wegen Datenschutzverletzungen. Hintergrund ist, dass mindestens zwei der Restaurants (Leo Grand Restaurant und Dots Mariahilfer Straße) Handflächenscanner zur Erfassung der Arbeitszeit eingesetzt haben sollen. Die habe die Buchhaltung genutzt, um sich von den Beschäftigten die getätigte Arbeitszeitaufzeichnung bestätigen zu lassen.

Diese Praxis ist nicht neu. Schon im Jahr 2020 hat die Arbeiterkammer deswegen eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission eingebracht – damals im Namen der Beschäftigten im Plachutta. Datenschutzkommission und Bundesverwaltungsgericht haben der Beschwerde mittlerweile stattgegeben. Erstens, weil die Verwendung hochsensibler, biometrische Daten nur zum Zweck der Arbeitszeiterfassung übertrieben sei. Und zweitens, weil die Angestellten keine freiwillige Wahl hätten, dem zuzustimmen oder nicht, da die Macht in dieser Frage extrem ungleich verteilt sei.

Wie reagiert die Dots Gruppe auf die Vorwürfe?

Die Dots Gruppe hat bereits eine Aussendung veröffentlicht. Darin bezichtigt sie die Arbeiterkammer einer Hetzkampagne, die rein politisch motiviert sei und unterstellt der Stabstellung für Betrugsbekämpfung „mangelndes wirtschaftliches Verständnis“. Sie verweist darauf, dass das wirtschaftliche Agieren der Unternehmen „ausschließlich der neuen Eigentümerin und ihrer Geschäftsführung“ obliege. Auf die konkreten Vorwürfe geht das Unternehmen allerdings nicht ein und entkräftet sie auch nicht.

Außerdem ist fraglich, ob das Geschäftsgebaren wirklich nur die Führung des Unternehmens betrifft – schließlich würden 44 Beschäftigte auf ihren Lohn warten. Hier springt jetzt der AK Garantiefonds ein, da diese Menschen Miete, Strom, Gas und Lebensmittel bezahlen müssen. „Die Dots-Gruppe hat hier auf eine sehr fragwürdige Praxis gesetzt. Das Kalkül dahinter: Insolvenzen werden quasi ausgelagert, um offene Entgeltansprüche auf die Allgemeinheit abzuwälzen und sich der unternehmerischen Verantwortung zu entziehen“, wirft Dvořák dem Unternehmen vor.

Forderungen der Arbeiterkammer

Auch wegen des Falls der Dots Gruppe um Martin Ho hat die Arbeiterkammer eine Reihe Forderungen in petto, deren Umsetzung helfen würde, gegen Wirtschaftsbetrug vorzugehen. Zum einen sollen Lohn- und Sozialdumping härter bekämpft werden. Beispielsweise durch die Wiedereinführung des Kumulationsprinzips. „Das Kumulationsprinzip sah vor, dass bei Begehung mehrerer Straftaten, wie z. B. Unterentlohnung der Beschäftigten, für jede einzelne Gesetzesübertretung eine Strafe entrichtet werden musste“, fasst die AK zusammen.

Damit eine solche Verschärfung auf fruchtbaren Boden fällt, soll es mehr Kontrollen geben. Das könnte nur mit einer personellen Aufstockung der entsprechenden Behörden gelingen. Drittens fordert die AK das sogenannte Duplum. „Wenn offene Forderungen nicht fristgerecht bezahlt werden, soll künftig der doppelte Betrag fällig werden. Damit soll verhindert werden, dass Beschäftigtenlöhne als ‚Liquiditätspuffer‘ missbraucht werden“, erklärt die AK.

Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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