Wie ein Mausklick ein ganzes Leben verändern kann

Eine Person drückt eine Maustaste.
Als BFI-Trainer gibt Johann Grill EDV-Kurse und vermittelt Menschen in verschiedenen Lebenslagen oft weit mehr als PC-Fähigkeiten. © Adobe Stock/beeboys
Fort- und Weiterbildung sind wichtiger denn je, gerade im digitalen Bereich, und das seit der Einführung von Computern. Wie erlebt ein erfahrener EDV-Trainer die Kurse? Johann Grill, selbstständiger BFI-Coach, gibt Einblick.

Fortbildung verändert Biografien – wenn jemand da ist, der an Menschen glaubt. BFI-Trainer wie Johann Grill begleiten Arbeitssuchende, Jugendliche, Häftlinge oder Führungspersonen auf ihrem Weg zurück in den Beruf oder in ein neues Leben.

Johann Grill
ist selbstständiger Trainer beim Berufsförderungsinstitut (BFI ). Er war in drei Bundesländern – Niederösterreich, Burgenland und Steiermark  – für das BFI tätig. Aktuell arbeitet er im BFI Oberwart, wo er Einzelchoachings und Prüfungen für eine Zertifzierung für digitale Kompetenzen, die „International Certification of Digital Literacy“ (ICDL), durchführt. 

Sie arbeiten schon seit vielen Jahren für das BFI. Was sind Ihre Tätigkeiten?

Meine Hauptaufgabe sind EDV-Trainings, entweder nach Wunsch der Kund:innen und Teilnehmer:innen oder als Vorbereitung auf den Computerführerschein ICDL. Früher habe ich auch für die Gewerkschaft gearbeitet, vor allem ICDL-Kurse für Betriebsrät:innen abgehalten.

Johannes Grill macht Menschen EDV-fit.
Johannes Grill macht Menschen EDV-fit. | © Michaela Kahler

Welche Menschen nehmen an Ihren Kursen teil?

Sehr unterschiedliche. Es gibt klassische Arbeitssuchende, die vom AMS zugewiesen werden. Dann Leute, die in ihren Firmen schon als „nicht mehr vermittelbar“ galten, weil sie keine EDV-Kenntnisse hatten. Außerdem gibt es auch Personen, die sich freiwillig höher qualifizieren lassen wollen. Sie kommen vom AMS und von Firmen.

Ich hatte auch Jugendliche in Berufsorientierungskursen, oft mit ganz verschiedenen kulturellen Hintergründen. Betriebsrät:innen haben anfangs immer EDV-Seminare erhalten. Einmal habe ich sogar einen EDV-Kurs in einer Jugendstrafvollzugsanstalt in Gerasdorf geleitet.

Gab es besonders herausfordernde Fälle?

Viele. Ich hatte zum Beispiel einen jungen Mann, der schwer drogenabhängig und auf Methadon gesetzt war. Er kam als Teil einer Jugendgruppe des AMS zu mir und sagte: „Ich will den ICDL-Führerschein machen – um meinen Eltern zu zeigen, dass ich noch was kann.“ Er hat mich gewarnt, dass er nachmittags im Kurs einschlafen könnte. Aber er war engagiert, hat gut mitgemacht und tatsächlich die Prüfung geschafft.

Wie gehen Sie mit besonderen Situationen um ?

Ich versuche, unter den Kursteilnehmer:innen eine Gemeinschaft zu schaffen. Das hilft. Denn dann werden manche Dinge auf Gruppenebene geregelt. So holst du die anderen bei Herausforderungen mit ins Boot. Wenn das nicht geht, dann übernehme ich.  Es hat auch Teilnehmer:innen gegeben, die ich vom Kurs ausgeschlossen habe, mit allen Konsequenzen – man muss schon auch mal durchgreifen.

Gibt es Supervisionen oder bekommt man als Kursleiter anderweitig Unterstützung, um mit herausfordernden Situationen umzugehen?

Nicht für Selbstständige wie mich, sie sind nur für Angestellte verfügbar. Mein Wohnort war immer weit von den Kursorten entfernt – in der Zeit, in der ich von den Kursen heimfahre, lasse ich den Tag Revue passieren und setze mich nochmal mit Situationen auseinander, überlege, wenn nötig, wie ich manches das nächste Mal anders angehen kann.

Gab es Kursteilnehmer:innen, deren Entwicklung Sie besonders beeindruckt hat?

Ja, etwa zwei Autisten. Beide sehr begabt, und sehr fordernd. Sie haben auf jede Kleinigkeit geachtet, etwa auf die genaue Uhrzeit der Pausen. Einer konnte sich die Aufgabenblätter auswendig merken und in Sekunden komplexe Dinge im Kopf gleich schnell berechnen, wie wenn man sich mit Microsoft Excel behilft. Ihre besonderen Bedürfnisse machten es ihnen, der Gruppe und mir nicht immer einfach. Aber es hat die Gruppe auch zusammengeschweißt.

Gab es Momente in Ihrer Laufbahn, auf die Sie besonders stolz sind?

Es ist ein gutes Gefühl, wenn du oft gebucht wirst und spürst, dass dein Einsatz geschätzt wird. Das macht Freude und ist für mich auch Bestätigung. Ich liebe diesen Beruf, und ich bin dankbar, dass ich ihn ausüben darf. Ich könnte mir nichts Schöneres im Arbeitsleben vorstellen.

Wie sind Sie Trainer geworden?

Ich habe keinen pädagogischen Background. Meine Karriere hat gestartet, als ich bei der Schreibmaschinenfirma Olivetti tätig war. Zu dieser Zeit sind die ersten PCs auf den Markt gekommen und wir haben Buchhaltungs- und Lohnverrechnungsprogramme verkauft. Die Bedienung der Programme mussten wir im Zuge des Kaufs der Software den Angestellten beibringen. In späterer Folge hat einer meiner Chefs an einem Energieversorgerunternehmen Trainings abgehalten und mich als Co-Trainer mitgenommen. So habe ich mir mein Grundwissen aufgebaut und gelernt, wie man einen Kurs abhält. Alles andere nahm dann seinen Lauf.

In vielerlei Hinsicht wirkt KI unterstützend, doch sie birgt auch Gefahren. Expert:innen fordern deshalb verbindliche Leitlinien für einen fairen und kontrollierten KI-Einsatz. 🤖 Der AI Act ist ein Anfang.
Mehr dazu im neuen Artikel: https://www.arbeit-wirtschaft.at/ki-im-dauereinsatz/

[image or embed]

— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@aundwmagazin.bsky.social) 30. Mai 2025 um 17:00

Welchen Ansatz verfolgen Sie in Ihren Kursen?

Es ist genauso wichtig, dass Teilnehmer:innen sich gegenseitig helfen wie von mir Hilfe einzufordern. Wobei es einen Grundsatz für mich gibt: Ich erkläre der Person, wo und warum sie bestimmte Symbole oder Menüpunkte anklicken muss und sie soll es dann gleich selber ausprobieren. Die Hard Facts bringe ich den Teilnehmer:innen meistens am ersten Tag bei, die restliche Zeit geht es dann darum, das Wissen mit Übungen zu festigen.

Weiterführende Artikel

Sie brauchen einen Perspektivenwechsel?

Dann melden Sie sich hier an und erhalten einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.
Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten für den Zweck der Versendung und Verwaltung des Newsletters sowie des Gewinnspiels zu. Diese Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden. Details dazu finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Über den/die Autor:in

Michaela Kahler

Michaela Kahler schloss mehrere Ausbildungen ab, darunter Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Sie schreibt mit großer Leidenschaft und interessiert sich besonders für Themen rund um Feminismus, Gleichberechtigung und Gesellschaftsfragen.

Sie brauchen einen Perspektivenwechsel?

Dann melden Sie sich hier an und erhalten einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.