Was machen wir Ösis besser

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Eine Vergleichsstudie brachte ein eindeutiges Ergebnis: Österreich hat ein viel besseres Pensionssystem als Deutschland.

Hoher Gender Gap

Auffällig ist, dass die Renten der Frauen in beiden Ländern – allerdings auf sehr unterschiedlichem Niveau – wesentlich niedriger liegen als jene der Männer. Darin spiegeln sich unterschiedliche Erwerbsintegration, unterschiedliche Lohnhöhen, Defizite bei Kinderbetreuungseinrichtungen etc. wider. Die Unterschiede machen deutlich, wie eng die Renten in beiden Ländern mit dem Arbeitsmarkt verflochten sind und wie sehr eine möglichst gute und beide Geschlechter erreichende Erwerbsintegration Teil der Rentenpolitik sein muss.

Noch größer als die aktuellen Unterschiede in den Leistungsniveaus sind die Unterschiede in den Vorausberechnungen für die heute Jüngeren. OECD-Berechnungen für idealtypische Erwerbsverläufe zeigen folgende (theoretische) Bruttoersatzraten: 37,5 Prozent für Deutschland, in Österreich hingegen 78,1 Prozent. Die zentralen Annahmen in diesen Rechenbeispielen sind: Erwerbseintritt mit 20, durchgehende Erwerbsarbeit bis 65 und konstantes Erwerbseinkommen jeweils in Höhe des gesamtgesellschaftlichen Durchschnittseinkommens.

Klar ist, dass die realen Verläufe wegen Erwerbsunterbrechungen und anderem Einkommensverlauf in aller Regel weniger günstig verlaufen, als in diesen Berechnungen angenommen. Die Bruttoersatzraten zum Letztbezug werden damit in den meisten Fällen um einiges niedriger ausfallen. In die Gegenrichtung wirkt, dass in beiden Ländern bei den Renten niedrigere Sozialbeiträge anfallen als bei den Aktivbezügen.

Die Rechenbeispiele machen deutlich, wie enorm die Unterschiede sind und dass bei Beibehaltung des geltenden Rechts das Leistungsniveau in Deutschland extrem niedrig sein wird. Die Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, dass die aktuelle Kampagne der deutschen Gewerkschaften für stärkere gesetzliche Renten Erfolge bringt.

Österreich wendet mit 13,9 Prozent des BIP deutlich mehr für die gesetzlichen Pensionen auf als Deutschland mit 10,0 Prozent (2013). Wie in der Vergleichsstudie an etlichen Kennzahlen gezeigt wird, gibt es allerdings keinen Beleg für nachteilige Auswirkungen dieser Mehrkosten auf die Wirtschaft. Zentrales Finanzierungsstandbein sind in beiden Ländern die Beitragszahlungen. Mit 22,8 Prozent Gesamtbeitrag liegt Österreich um gut vier Prozentpunkte höher als Deutschland mit aktuell 18,7 Prozent. Die auf den ersten Blick relativ hohe Differenz wird allerdings stark relativiert, wenn der in Deutschland vorgesehene 4-Prozent-Riester-Beitrag in Rechnung gestellt wird. Ähnlich hoch sind die Finanzierungsanteile aus Bundesmitteln mit jeweils gut 20 Prozent im Durchschnitt aller Versicherungsträger.

Erhebliche Unterschiede gibt es auch beim gesetzlichen Pensionsalter. In Deutschland wird die Altersgrenze für den abschlagsfreien Bezug einer Pension schrittweise auf 67 erhöht. Forderungen in diese Richtung gibt es auch in Österreich vor allem vonseiten der Wirtschaft. Gegen den Widerstand der Gewerkschaften konnte das bisher aber nicht durchgesetzt werden. Nicht auszuschließen ist, dass das Pensionsalter aber spätestens nach den kommenden Nationalratswahlen erneut Thema sein wird.

Besseres Minimum im Alter

Nicht zuletzt bietet das österreichische Pensionssystem auch eine bessere Mindestsicherung im Alter. Denn die Richtsätze der österreichischen Ausgleichszulage sind deutlich höher als die deutsche „Grundsicherung im Alter“. Dazu kommt, dass die Ausgleichszulagen wesentlich leichter zugänglich sind.

Die Vergleichsstudie kommt aus deutscher Sicht zu dem Schluss: „Die Erfahrungen aus dem Nachbarstaat zeigen, dass eine starke öffentliche Alterssicherung bessere Ergebnisse bringt.“ Damit dies auch so bleibt, ist vor allem eines wichtig: ein gut funktionierender Arbeitsmarkt. Gewerkschaften und AK bleiben dran!

Vergleichsstudie der Böckler-Stiftung, WSI-Report Nr. 27, 1/2016:
tinyurl.com/y7x93fl8

Von
Josef Wöss und Erik Türk
Abteilung Sozialpolitik der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 6/17.

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