Von der Umverteilung nach oben

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Der österreichische Sozialstaat hat für alle Bevölkerungsschichten einen Nutzen. Doch wer gut verdient, profitiert noch mehr von öffentlichen Leistungen.

Österreich als Good Practice

Es gibt also durchaus Verbesserungspotenziale in der sozialen Absicherung, insbesondere im unteren Bereich der Einkommensverteilung. Und doch zählt Österreich stets zu den besten und erfolgreichsten Ländern, und zwar europa- und weltweit: Die Standards sind überdurchschnittlich hoch und insgesamt profitiert eine „breite Mitte“ der Gesellschaft vom Sozialstaat.

Strapaziert man das kurze historische Gedächtnis, so ist augenscheinlich, dass etwa für Bankenpakete (als Stützungsmaßnahmen für Finanzinstitutionen) in kurzer Zeit sehr große Budgets mobilisiert wurden: netto 13,6 Milliarden Euro zwischen 2009 und 2015. Legitimiert wurden die Rettungen der Banken mit dem Argument der viel zitierten „Systemrelevanz“.

Wünschenswert wäre es nun, den Blick wieder mehr auf die Menschen und den auf Solidarität aufbauenden Gesellschaftsvertrag zu richten. Konkret müssten dabei – mit vergleichbaren Budgets! – die Bekämpfung der Armut und Arbeitslosigkeit stehen, die Förderung der sozialen Mobilität und der Abbau bzw Ausgleich der strukturellen Ungleichgewichte in der Gesellschaft zwischen benachteiligten und bevorteilten Gruppen. Und dies müsste auch in entsprechenden Budgets seinen Ausdruck finden.

Es sind oft international agierende Unternehmen und Vermögende, die durch Steuerhinterziehung und -vermeidung jenen Staat, von dessen Leistungen sie sonst gerne Gebrauch machen (z. B. Infrastruktur, ausgebildete Fachkräfte, Rechtsstaat), um seine Finanzierung prellen.

Die EU-Kommission schätzt, dass den europäischen Staaten durch die Tricksereien multinationaler Unternehmen und reicher Privatpersonen jährlich 1.000 Milliarden Euro an Steuergeld entgehen. Während Sozialbetrug in den öffentlichen Debatten oft einen prominenteren Stellenwert einnimmt, verursachen SteuerhinterzieherInnen und durch Steueroasen ermöglichte Vermeidungsstrategien den größeren Schaden. Eine Berechnung der Universität Linz ergab für Österreich, dass der Verlust aus Steuerbetrug (ohne Steuervermeidung) doppelt so hoch ist wie die entgangene Summe aus Sozialbetrug.

Sozialstaat für alle ist wünschenswert

Im österreichischen Sozialstaat profitieren Menschen aller Einkommenshöhen. Die breite Ausrichtung der sozialstaatlichen Leistungen fördert die Akzeptanz des Wohlfahrtsstaates, von dem alle – je nach Lebenslage – einen Nutzen haben.

In diesem System ist der Finanzierungsbeitrag von Besserverdienenden und Vermögenden zum Sozialstaat kein Geschenk an ärmere Schichten, sondern ihr Anteil für die Bereitstellung von unterschiedlichen öffentlichen Leistungen, die auch von ihnen selbst in Anspruch genommen werden. Dies hat den vorteilhaften Nebeneffekt, dass unterschiedliche soziale Gruppen – etwa im öffentlichen Bildungssystem – miteinander in Kontakt kommen und Parallelgesellschaften der reichen Eliten verhindert werden können.

Steuerbetrug ist unsolidarisch

Durch die Taktiken der Steuerhinterziehung und -vermeidung von großen Konzernen und reichen Privatpersonen gerät das System eines breiten Wohlfahrtsstaats jedoch ins Wanken, denn dadurch werden die eigentlich monetär leistungsfähigsten SteuerzahlerInnen zu großen Belastungen für den Staatshaushalt.

Linktipp:
Studie der Uni Linz zu den Auswirkungen der Schattenwirtschaft

Von
Romana Brait und Adi Buxbaum
Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der AK Wien und Abteilung Sozialpolitik der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 2/17.

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