Vom guten Leben in der Stadt

Foto (C) ÖGB-Verlag/Michael Mazohl

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Der öffentliche Raum wird in der wachsenden Stadt rarer und umso begehrter. Er muss als Lebensraum bereits in der Planung mitgedacht werden.
Städtewachstum bedeutet große Herausforderungen auf sämtlichen kommunalpolitischen Ebenen. Spürbar sind die Wirkungen für BürgerInnen nicht nur bei der Suche nach einer leistbaren Wohnung, einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder einem Kinderbetreuungsplatz. Alltäglich und unmittelbar erlebbar ist das Wachstum bereits beim Tritt vor die Haustür.

Denn immer mehr Menschen müssen sich die gleichbleibende Fläche in der Stadt teilen. Mit dem Mehr an Menschen steigt auch der Nutzungsdruck insbesondere in dicht bebauten Gebieten. Nutzungsansprüche und Anforderungen an öffentliche Räume sind aber durchaus vielfältig.

Von Häuserkante zu Häuserkante

Öffentlicher Raum wird oftmals mit Plätzen in Städten assoziiert, er umfasst jedoch weitaus mehr. In der dicht bebauten Stadt reicht er von Häuserkante zu Häuserkante, hier spielt sich das alltägliche Leben ab, hier können flüchtige Begegnungen, sozialer Austausch und Kommunikation stattfinden.

Die Gestaltung und die Anordnung dieses Raums machen vieles erst möglich und bestimmen die Lebensqualität der StadtbewohnerInnen wesentlich. Diese haben eine Vielzahl an (nicht kommerziellen) Bedürfnissen in ihrem Umfeld. Dazu gehören autonomes und hindernisfreies Unterwegssein, kurze Wege zu den Freiräumen, qualitätsvolle Aufenthaltsmöglichkeiten und Treffpunkte ohne Konsumzwang, ebenso das Vorhandensein öffentlicher Toiletten, die Wahlfreiheit zwischen Angeboten (u. a. Ruhe, Bewegung, Kommunikation) sowie das Bedürfnis nach Schutz vor Vertreibung, Verkehrsrisiken, Kriminalität und Lärm.

Bestimmende Faktoren

Der öffentliche Raum ist determiniert durch eine Vielzahl an Faktoren. Bestimmendes Element ist allerdings die Straßenverkehrsordnung, wonach der öffentliche Raum als Verkehrsfläche definiert ist. Aufenthaltsqualität für Menschen ist nicht darin enthalten. Nach wie vor dominieren hier die Anforderungen des motorisierten Individualverkehrs. Autos beanspruchen – fahrend oder parkend – die meiste Fläche aller Verkehrsmittel. So weit entfernt die Planungsprämisse der „autogerechten Stadt“ der späten 1950er-Jahre scheinen mag – bei Planungen überwiegen die Ansprüche des Autoverkehrs bis heute.

Auch die Raumplanung vor den Toren einer Stadt leistet hierzu einen erheblichen Beitrag. Siedlungsentwicklung auf der grünen Wiese anstatt entlang von Achsen des öffentlichen Verkehrs fördert die Abhängigkeit vom Auto weiter. Im städtischen Bereich sind Pkw-Zählungen und Prognosen für Bauvorhaben meist Usus, den Autos wird viel Platz eingeräumt. Gleichwertige Überlegungen bezüglich Fuß- und Radverkehr wie etwa die Erhebung von FußgängerInnen, wie viele Menschen sich wann und wo im öffentlichen Raum aufhalten oder Radverkehrszählungen spielen eine untergeordnete Rolle – oder es gibt sie erst gar nicht.

Die Gestaltung des Raums hat aber erheblichen Einfluss auf die Mobilität der Menschen: Laut Verkehrsclub Österreich werden in einem attraktiven Umfeld bis zu 70 Prozent längere Fußwege zurückgelegt als in einer stark autoorientierten Umgebung. Aber nicht nur die Prioritätensetzung in der Planung selbst ist ausschlaggebend für die Nutzbarkeit von Raum, viele andere Faktoren spielen eine erhebliche Rolle.

Einen großen Einfluss haben auch Genehmigungen für Schanigärten, Warenausräumungen, (temporäre) Marktstände sowie das Aufstellen von Verkehrsstangen und Pollern am Gehsteig, Baustellenabsicherungen und vieles mehr: Die Positionierung von all diesen Dingen im öffentlichen Raum beeinflusst dessen Qualität, die Alltagstauglichkeit und Nutzbarkeit für die Menschen erheblich. Die dahinterliegende Entscheidung ist auch immer Ausdruck einer Priorisierung von NutzerInnengruppen: Wer bekommt (wie viel) Raum zugesprochen?

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