Ein Feuerwerk sei nicht zu zünden, heißt es im Vorwort zur aktuellen Erhebung der Female Leaders Initiative (FELIN) zu Frauen in Führungspositionen in der Steiermark. Zum fünften Mal seit 2017 untersuchte der Grazer Verein, wie viele Frauen es in Vorstände, Geschäftsführungen und Aufsichtsräte schaffen. Die Antwort ist auch 2025: Es sind viel zu wenige.
Der Anteil von Frauen in den obersten Führungsetagen der hundert umsatzstärksten steirischen Unternehmen liegt bei lediglich 15 Prozent. Im Vergleich zur letzten Erhebung 2023 bedeutet das nur einen minimalen Zuwachs von einem Prozentpunkt. Besonders auffällig ist das Ungleichgewicht bei den Geschäftsführungen: Nur vier Prozent dieser Positionen sind mit Frauen besetzt. In Vorständen sind es acht, in Aufsichtsräten immerhin 21 Prozent. In der Industrie – die wirtschaftlich stärkste Branche der Region – gibt es unter 91 Führungspersonen nur eine Frau.
Schwarz auf Weiß belegt
„Wir haben so viele tolle Frauen, die sich entwickeln, Chancen suchen und den Mut haben, Ja zu Leitungspositionen zu sagen“, sagt Christiane Katschnig-Otter, Geschäftsführerin von FELIN. „Es schmerzt, diese Zahlen dann Schwarz auf Weiß zu sehen.“ Die FELIN-Erhebung beruht auf öffentlich zugänglichen Daten – etwa von Unternehmenswebseiten und Firmenbuchauszügen – und berücksichtigt daher nur das Geschlecht, nicht jedoch andere Faktoren wie Betreuungspflichten oder Migrationsgeschichte.
Wir haben so viele tolle Frauen, die sich entwickeln, Chancen suchen und den Mut haben, Ja zu Leitungspositionen zu sagen.
Es schmerzt, diese Zahlen dann Schwarz auf Weiß zu sehen.
Christiane Katschnig-Otter, Geschäftsführerin von FELIN
Es liege nicht an den Frauen persönlich, sondern sei ein strukturelles Problem, so die Geschäftsführerin. Frauen machen in Österreich mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus. Sie sind im Schnitt besser ausgebildet als Männer, ihre Erwerbsbeteiligung steigt – und dennoch sind sie an der Spitze rar. Einer der Hauptgründe ist laut Studie die ungleiche Verteilung unbezahlter Sorgearbeit. Frauen leisten mehr unbezahlte Arbeit, übernehmen einen Großteil der Kinderbetreuung und arbeiten häufiger in Teilzeit. Geschlechtervorurteile erschweren den Weg in die Führungsebene zusätzlich.
Um Gleichstellung zu erreichen, brauche es Zielvorgaben wie Quoten und klare und nachvollziehbare Beförderungskriterein, um Chancengleichheit in der Praxis zu ermöglichen, sagt Katschnig-Otter. Denn die schiefe Lage zeigt sich nicht nur im südlichen Bundesland, sondern lässt sich auch österreichweit beobachten. Laut dem Frauen.Management.Report 2025 der Arbeiterkammer sind in den 200 größten Unternehmen Österreichs nur 84 von 610 Geschäftsführungspositionen weiblich besetzt. Das entspricht rund 14 Prozent.
Kulturwandel gefragt
Um Einblicke in die Lebensrealität berufstätiger Frauen in der Steiermark zu bekommen, hat FELIN zusätzlich 284 Rückmeldungen von angestellten Frauen, weibliche Betriebsratsmitglieder und Unternehmensvertretungen zur Wirksamkeit bestehender Gleichstellungsmaßnahmen ausgewertet. Die Beschäftigten wünschten sich vor allem einen kulturellen Wandel: von kleinen Alltagsfragen wie dem Mistkübel für Menstruationsartikel in der Damentoilette bis hin zur gemischten Besetzung von Gremien bei Bewerbungsverfahren. Dieser Wandel müsse sich durch das ganze Unternehmen ziehen: von der Führungsebene in alle Teams.
Der heutige #EqualPensionDay macht deutlich: Die #Lohnschere in Österreich ist riesig‼️
„Es braucht #Lohntransparenz, um ein faires Gehalt einfordern zu können und #Lohndiskriminierung anzugehen“, so @evaburger.bsky.social, die Leiterin der #AK Frauenabteilung heute im Cafe Puls @puls4.bsky.social— @Arbeiterkammer (@arbeiterkammer.at) 7. August 2025 um 09:54
Einig sind sich alle darin, dass flexible Arbeitszeitmodelle – etwa Homeoffice oder Gleitzeit – entscheidend für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind. Bei Maßnahmen wie Frauenquoten oder transparenten Gehalts- und Beförderungskriterien klaffen die Meinungen auseinander: Während Beschäftigte und weibliche Betriebsratsmitglieder sie als wirksam einschätzen, reagieren Unternehmensleitungen hier zurückhaltender.
Ob mit oder ohne Quote, die aktuelle Erhebung macht klar: Die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsmarkt wird noch dauern – in der Steiermark wie in ganz Österreich.