Standortpolitik, die; weiblich

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  1. Seite 1 - Arbeit mit und ohne Geld
  2. Seite 2 - Vom Arbeitsmarkt gedrängt
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Die gerne beschworene Frauenpower ist ein nicht zu ignorierender Standortfaktor. Manche scheinen aber immer noch an den Standort Küche zu denken.

Was macht die Regierung?

Es wäre unfair zu sagen, die Regierung verfolge im Bereich Frauen eine reine Retro-Politik. Sie spricht sich sehr wohl für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, Gleichstellung am Arbeitsmarkt und soziale Sicherheit für Frauen aus. Allerdings gibt es im Frauenkapitel des Regierungsprogramms keine konkreten Maßnahmen zur Förderung von Frauen im Berufsleben und nur wenige Vorschläge zur Verringerung der Einkommensschere, die noch dazu sehr allgemein gehalten sind. Die geringe Ambition zeigt sich auch beim Frauenbudget, das mit 10,2 Millionen Euro – das sind etwas über zwei Euro pro Frau in Österreich – sogar hinter die Ausgaben von 2017 zurückfällt.

Auch in die Qualifikation von arbeitsuchenden Frauen soll offenbar weniger investiert werden als bisher. Die langjährige Vorgabe, dass 50 Prozent der Mittel aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik beim Arbeitsmarktservice (AMS) für Frauen zu verwenden sind, ist im Regierungsprogramm nicht mehr enthalten. Sie wurde zwar vorläufig durch die Sozialpartner ins aktuelle AMS-Budget wieder hineinverhandelt, allerdings vor dem Hintergrund einer massiven Kürzung der Mittel.

Auch wenn Frauen- und Familienpolitik getrennte Felder sind, so hat Letztere doch massiven Einfluss auf die Erwerbs- und Einkommenschancen von Frauen. Ein Schlüsselfaktor dabei ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und die hängt wiederum stark vom Angebot ganztägiger Betreuung in der Elementarbildung und Schule ab. Obwohl das Regierungsprogramm in diesen Bereichen sehr viele positive Absichtserklärungen enthält, spricht das türkis-blaue Budget eine deutlich andere Sprache. So fehlen ab 2019 die Mittel für einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung, enthalten ist lediglich eine Absichtserklärung, diese bis August des heurigen Jahres zu verhandeln. Bei der Ganztagsschule wurden jene Mittel, die bis 2025 zur Verfügung gestellt werden sollten, bis 2032 gestreckt. Das ist nichts anderes als de facto eine Halbierung. Viele Eltern werden nichts mehr davon haben, dass ein ganztägiger Platz in der Schule für ihr Kind zur Verfügung steht, weil das Kind in der Zwischenzeit dem schon entwachsen ist.

Vom Arbeitsmarkt gedrängt

Auf der arbeitsrechtlichen Seite schafft die geplante Verlängerung des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes Anreize zu langen Berufsunterbrechungen, statt einen frühen Wiedereinstieg zu unterstützen. Statt partnerschaftliche Teilung und eine Annäherung der Arbeitszeiten zwischen Paaren zu unterstützen, wird mit dem 12-Stunden-Tag die gegenteilige Entwicklung forciert. So werden Frauen vom Arbeitsmarkt gedrängt.

Wenig hilfreich ist auch der Familienbonus, der mehr als 1,5 Milliarden Euro jährlich kosten wird. Dabei gehen allerdings Familien mit geringen Einkommen oder in prekären Lebensumständen wie Arbeitslosigkeit leer aus. Schon das ist wirtschaftspolitisch wenig sinnvoll, weil Menschen mit geringen Einkommen eine hohe „Konsumneigung“ haben, sprich: ihr Geld zur Gänze ausgeben (müssen) und so wiederum die Wirtschaft ankurbeln.

Man hätte aber mit dem Geld für den Familienbonus wirtschaftlich noch viel mehr bewegen können, wenn man die Mittel in die Kinderbetreuung und Elementarbildung investiert hätte. Damit hätte man österreichweit flächendeckende Plätze und Vollzeit-Öffnungszeiten finanzieren, eine der größten Hürden für die Frauenerwerbstätigkeit beseitigen und die Basis für erfolgreiche Bildungskarrieren durch gute Frühförderung schaffen können.

Von
Sybille Pirklbauer,
Abteilung Frauen und Familie der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/18.

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