Reportage: Gemeinsam für die anderen

Fotos (C) Markus Zahradnik

Inhalt

  1. Seite 1 - Rette uns, wer kann
  2. Seite 2 - Im Namen der KollegInnen
  3. Seite 3 - Ehramt sucht Nachwuchs
  4. Seite 4
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Sie engagieren sich bei der Feuerwehr, arbeiten als SanitäterInnen oder sind in der Nachbarschaftshilfe aktiv: die Ehrenamtlichen. Warum ist ehrenamtliche Arbeit für unsere Gesellschaft wichtig, und was bringt sie den HelferInnen selbst?
Eine Einladung zur „Ersten Geburtstagsfeier im zweiten Leben“ bekommt man nicht alle Tage. Fabian Wallner hielt sie nach einem einprägsamen Einsatz in Händen. Der 21-Jährige arbeitet als ehrenamtlicher Rettungssanitäter beim Arbeiter-Samariterbund im niederösterreichischen Ternitz-Pottschach. Ein Cabrio war gegen einen Traktor gekracht. Der Fahrer war schwer verletzt. „Ich habe ihn herausgenommen. Es war furchtbar.“ Dass der Verunglückte am Leben blieb, lag an der reibungslos funktionierenden Rettungskette. „Von Menschen, die vor Ort Erste Hilfe leisteten, über den Notarzt, die Feuerwehren und uns Sanitäter haben alle gut zusammengearbeitet.“

Es ist toll, helfen zu können.

Fabian Wallner, Rettungssanitäter

Eine von Wallners Aufgaben war es, die Trage vorzubereiten. Momente wie diese beflügeln: „Es ist toll, helfen zu können.“ Der Grafenbacher führt stolz durch die Dienststelle, die kürzlich renoviert und um einen Zubau erweitert wurde: Im Eingangsbereich hängen Fotos von Einsatzübungen. Die Zeit zwischen den Rettungsfahrten verbringen die SanitäterInnen im Aufenthaltsraum, mit moderner Küche, Couch und Fernseher. Auch die Garage für die Rettungswägen ist neu. Den Großteil der Kosten von einer Million Euro trug die Stadt Ternitz.

Wallner hatte im Jahr 2017 als Zivildiener beim Samariterbund begonnen und blieb dann ehrenamtlich dabei. Die Freiwilligenarbeit managt er neben dem Geschichte- und Theologiestudium und einem Nebenjob. Wenn es wirklich gut läuft, arbeitet er dort 30 bis 40 Stunden im Monat. Freiwillige wie Fabian Wallner sorgen mit ihrer Arbeit gerade im ländlichen Raum für eine funktionierende Infrastruktur. Bei extremen Wetterverhältnissen, wie zuletzt in Kärnten und Osttirol, sind es viele ehrenamtliche KatastrophenhelferInnen, die Familien evakuieren, umgestürzte Bäume beseitigen und gesperrte Straßen wieder freiräumen. Eine wichtige Änderung für die HelferInnen: Seit 1. September gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts durch den Arbeitgeber.

Immenser Wert

Österreich ist ein Land des Zusammenhalts: Laut einer Umfrage im Dezember 2016 für das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz leisten rund 3,5 Millionen Menschen in Österreich Freiwilligendienste in über 125.000 Vereinen und gemeinnützigen Einrichtungen. Das entspricht etwa 46 Prozent der Bevölkerung. Der Anteil von Männern und Frauen ist inzwischen annähernd gleich groß. Ehrenamtliche Arbeit deckt viele Bereiche ab – vom Rettungs- und Katastrophendienst über den Sportsektor bis hin zu Sozialem und Kultur. Meist stehen Organisationen und Vereine dahinter. Informelle Freiwilligenarbeit passiert auf privater Basis, etwa wenn jemand Nachbarn oder Bekannte bei der Hausarbeit oder handwerklichen Tätigkeiten unterstützt.

Auch für die Demokratie spielt ehrenamtliche Arbeit eine wichtige Rolle. Denn in den Vereinen kommen Menschen zusammen, auf Festen können sie sich austauschen und Probleme der Gemeinschaft diskutieren. Auf diesem Weg kann so etwas wie gesellschaftlicher Zusammenhalt entstehen. Aber auch die Integration von Menschen, die aus dem In- oder Ausland zugezogen sind, kann so gelingen.

Fabian Wallner ist seit seinem Zivildienst 2017 als ehrenamtlicher Rettungssanitäter beim Samariterbund: „Es ist toll, helfen zu können.“

Eva More-Hollerweger ist Bereichsleiterin „Non-Profit-Organisationen und Zivilgesellschaft“ an der WU Wien, für sie hat Freiwilligenarbeit einen wichtigen „sozialen und gesellschaftlichen Wert,für jene, denen geholfen wird, und für die Helfenden selbst“. Häufig genannte Motive: „Die Freude an der Tätigkeit und der Wunsch, anderen zu helfen, aber auch Wissen weiterzugeben und zu erwerben.“

Die Freude an der Tätigkeit und der Wunsch, anderen zu helfen, aber auch Wissen weiterzugeben und zu erwerben. Einige suchen auch etwas Sinnstiftendes, das sie im Berufsalltag manchmal vermissen.

Eva More-Hollerweger, WU Wien

Viele wollen auch einen Blick über den Tellerrand werfen. „Einige suchen auch etwas Sinnstiftendes, das sie im Berufsalltag manchmal vermissen“, erklärt die Wissenschafterin. Für das ehrenamtliche Engagement wenden die Menschen im Schnitt rund fünf Stunden pro Woche auf, für die Nachbarschaftshilfe vier. Politik, Sport und Katastrophenhilfe sind klassische Männerdomänen, im kirchlichen, sozialen und Gesundheitsbereich engagieren sich mehr Frauen. Sechs von zehn Freiwilligen sind berufstätig.

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Über den/die Autor:in

Sandra Knopp und Udo Seelhofer

Sandra Knopp ist freie Journalistin für verschiedene Radio und Printmedien, und hat die Themen Arbeitsmarkt, Soziales und Gesellschaftspolitik als Schwerpunkte. Udo Seelhofer war früher Lehrer und arbeitet seit 2012 als freier Journalist. Seine Schwerpunkte sind Gesellschaft, soziale Themen und Religion. Im Team wurden sie beim Journalismuspreis „Von unten“ 2017 für ihre Arbeit&Wirtschaft Reportage „Im Schatten der Armut“ ausgezeichnet.

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