Wer im Winter geboren wurde, kriegt weniger Pension

Ein Penionist zählt wegen Altersarmut sein Kleingeld. Er ist von der Pensionsaliquotierung betroffen.
Wer Ende des Jahres geboren wurde, schaut bei der Pensionsanpassung durch die Finger. | © Adobestock/bilderstoeckchen
Durch die sogenannte Aliquotierung der Pensionsanpassung wird die Pension zur Geburtslotterie. Wer später im Jahr geboren wurde, erhält weniger. Abhilfe könnte eine Klage schaffen.
Skorpione und Schützen haben Pech. Dafür muss man nicht an Horoskope glauben, das ist ein Fakt. Sie sind im letzten Quartal des Jahres geboren und gehen bei der aktuellen Pensionsanpassung leer aus. Denn die Pensionsaliquotierung sieht vor, dass es die volle Erhöhung nur für den ersten Kalendermonat gibt. Für jeden späteren Kalendermonat gibt es einen Abschlag von zehn Prozent. Wer im November oder Dezember Geburtstag hat, geht bei der Anpassung ab 2026 leer aus. Der Pensionistenverband Österreich (PVÖ) hat deswegen die Initiative „Klagen statt verzagen“ gegründet. Damit unterstützt er Menschen, die gegen diese Regelung vor den Verfassungsgerichtshof ziehen.

Wenn die Pension zur Geburtstagslotterie wird

„Wir brauchen dringend eine Klarstellung für die Neupensionist:innen 2022. Für sie ist die Pensionshöhe nach wie vor vom Sternzeichen abhängig. Denn wer später im Jahr Geburtstag hat, wird benachteiligt“, stellt Wolfgang Panhölzl klar. Er ist Abteilungsleiter Sozialversicherung bei der Arbeiterkammer (AK). Was diese Abhängigkeit finanziell bedeutet, macht ein Rechenbeispiel klar.

Ein Ehepaar in Pension rechnet ihre Bezüge nach. Wegen der Pensionsaliquotierung ist das auch nötig.
Auch wegen der Pensionsaliquotierung gilt: Besser genau nachrechnen. | © Adobestock/Kirsten D/peopleimages.com

Angenommen, Sie sind am 1. Jänner 2022 in Pension gegangen und bekommen 2.500 Euro monatlich. Dann erhalten Sie nach der Anpassung 2.645 Euro. Sind Sie aber später geboren und erst seit dem 1. November 2022 in Pension, erhalten sie nach der Anpassung nur 2.572,50 Euro. Das ist ein Unterschied von 72,50 Euro. Nach zwanzig Jahren Pension haben Sie so 20.300 Euro verloren. Und das nur, weil Sie das falsche Sternzeichen haben.

So funktioniert die Pensionsaliquotierung

Seit dem Jahr 2022 gibt es die bestehende Regelung zur Pensionsaliquotierung – also die Anpassung der Pension nach Antrittsmonat. Für jeden vergangenen Monat – gerechnet ab dem 1. Jänner – wird die Anpassung der Pension um 10 Prozent reduziert. Das bedeutet, dass es für Menschen, die im November oder Dezember in Pension gegangen sind, gar keine Anpassung mehr gäbe. Zumindest theoretisch.

Denn im Jahr 2023 kam immerhin die sogenannte Hälfte-Regelung. Sie soll eine sogenannte Nullanpassung verhindern. Seitdem, darf die Aliquotierung die Anpassung der Rente maximal halbieren. Die Rentenanpassung für das Jahr 2023 betrug 5,8 Prozent. Sie darf also nur auf 2,9 Prozent sinken. Angesicht der aktuellen Inflation führt das zu Reallohnverlusten für alle Pensionist:innen.

Monatliche Anpassungsfaktoren 2023 nach Antrittsmonat:

Monat Pensionsanpassung
Januar 5,8 Prozent
Februar 5,22 Prozent
März 4,64 Prozent
April 4,04 Prozent
Mai 3,48 Prozent
Juni 2,9 Prozent
Juli 2,9 Prozent
August 2,9 Prozent
September 2,9 Prozent
Oktober 2,9 Prozent
November 2,9 Prozent
Dezember 2,9 Prozent

Wer von der Pensionsaliquotierung betroffen ist

Im Jahr 2022 haben rund 100.000 Personen erstmalig eine Alterspension in Anspruch genommen. Dazu kommen 13.000 Personen mit Invaliditätspension und 33.000 Menschen, die eine Hinterbliebenenleistung erhalten. Etwa 90 Prozent dieser Personen sind von der Pensionsaliquotierung betroffen, rechnet die AK vor.

Doch damit ist das Problem noch nicht eingegrenzt. Denn aktuell ist die Aliquotierung für zwei Jahre ausgesetzt. „Wir haben mittlerweile drei Klassen von Pensionist:innen: Jene, die 2022 in Pension gegangen sind, haben zumindest die Hälfte des eigentlichen Anpassungswertes bekommen. Die 2023er und 2024er-Neupensionisten bekommen im ersten Pensionsjahr die volle Pensionsanpassung. Und ab 2025 gilt – Stand heute – wieder das Dauerrecht, da bekommen die Neupensionist:innen im Jahr 2026 zum Teil gar keine erste Anpassung“, erläutert Peter Kostelka, Präsident des PVÖ.

Die Pensionsaliquotierung abschaffen

Dieser „Wildwuchs“ müsse dauerhaft abgeschafft werden, fordert Kostelka. Und gibt Betroffenen auch ein entsprechendes Werkzeug an die Hand. Die Initiative „Klagen statt verzagen“. Hier haben bereits einige tausend Personen Unterstützung dabei bekommen, den Klageweg zu beschreiten. 150 davon sind bereits beim Verfassungsgerichtshof und 1.500 sind bei den Arbeits- und Sozialgerichten anhängig. Es geht dabei um die dauerhafte Abschaffung der Aliquotierung bei der ersten Pensionsanpassung – auch rückwirkend für das Jahr 2022.

Die AK und Rechtsanwalt Dr. Michael Rohregger unterstützen den PVÖ dabei. Mitglieder erhalten auf Wunsch ein Muster für den Bescheidantrag sowie die Klage und bis zum Urteil Beratung. Zusätzlich gibt es ein bundesweites Call-Center, in dem sich Betroffene kostenlos informieren können. Von Montag bis Freitag sind von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr Expert:innen unter 0800-22 00 30 erreichbar.

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Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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