Mit Szenarien in die Zukunft

Foto (C) Jai Wanigesinghe

Inhalt

  1. Seite 1 - Fragen über Fragen
  2. Seite 2 - 4 Zukunftsszenarien
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Das Projekt „Mitbestimmung 2035“ stellt für die Diskussion über die Zukunft von Arbeit und Mitbestimmung interessante Grundlagen zur Verfügung.
Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist in vollem Gange und somit auch die Mitbestimmung im Betrieb. Doch sie ist keine Naturgewalt. Wie sich die Arbeitsbeziehungen und -abläufe im Zuge dieses Prozesses verändern werden, hängt maßgeblich davon ab, wie und mit welchen Zielsetzungen digitale Technologien genutzt werden, in welchem gesellschaftlichen Kontext sie sich entfalten und wie die Interessen der Beschäftigten dabei einbezogen werden.

Fragen über Fragen

In dem Zusammenhang stellt sich eine Vielzahl an Fragen: Wie können die Möglichkeiten des zeit- und ortsflexiblen Arbeitens auch den ArbeitnehmerInnen einen echten Mehrwert bringen? Welche Daten werden erhoben und wie werden sie verwendet? Welche Anforderungen ergeben sich für die Aus- und Weiterbildung? Wie können wir sicherstellen, dass es nicht zu einer Enthumanisierung der Arbeit und einer Zunahme von prekärer Arbeit kommt? Wie kann der Strukturwandel sozial gestaltet werden?

Dies sind nur einige der Schauplätze, wo unterschiedliche Interessen austariert und faire Spielregeln ausgehandelt werden müssen. Die Hans-Böckler-Stiftung hat sich gemeinsam mit dem Institut für prospektive Analysen im Rahmen des Projekts „Mitbestimmung 2035“ mit diesem Themenfeld beschäftigt.Foto (C) Jai Wanigesinghe

Man liest und hört in diesen Tagen immer wieder, dass wir in einer Welt leben, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz gekennzeichnet ist. Eine zentrale Herausforderung unserer Zeit ist also, dass wir Entscheidungen mit Blick auf die Zukunft unter höchst unsicheren Rahmenbedingungen treffen müssen.

Aus heutiger Sicht sind viele wichtige Fragen noch offen und unterschiedliche Pfade vorstellbar, wie Digitalisierung unsere Arbeits- und Lebenswelt verändern wird. Um dennoch konstruktiv darüber diskutieren zu können, legten wir dem Projekt das Konzept der Szenarien zugrunde. Diese können uns unterstützen, Orientierung zu finden.

Aus heutiger Sicht sind viele wichtige Fragen noch offen und unterschiedliche Pfade vorstellbar, wie Digitalisierung unsere Arbeits- und Lebenswelt verändern wird.

Szenarien handeln von Veränderungen, die sich aus heutiger Sicht schwer abschätzen lassen. Sie stellen unterschiedliche, aber in sich gleichermaßen plausible Zukunftsverläufe dar. Statt eine eindeutige Antwort auf die Frage nach der Zukunft zu geben wie bei einer Prognose, werden zentrale Unsicherheiten mit Blick auf die Zukunft identifiziert: Welche Faktoren werden einen maßgeblichen Einfluss haben, sind aber aus heutiger Sicht in ihrer künftigen Ausprägung hochgradig ungewiss? Welche kausalen Zusammenhänge könnten die eine oder die andere Entwicklung vorantreiben? Was wären dann die jeweiligen Auswirkungen?

Bei „Mitbestimmung 2035“ wurden vier unterschiedliche, aber gleichermaßen plausible Zukunftsszenarien der Digitalisierung der Arbeitswelt entwickelt.
Mithilfe von Szenarien können wir den Blick für längerfristige Chancen und Risiken weiten und so auch die Integrität unseres Handelns stärken. Gute Szenarien sind plausibel, aber zugleich auch neuartig und herausfordernd. Sie eröffnen uns neue Perspektiven. Bei „Mitbestimmung 2035“ wurden vier unterschiedliche, aber gleichermaßen plausible Zukunftsszenarien der Digitalisierung der Arbeitswelt entwickelt. Sie zeigen verschiedene Chancen und Herausforderungen auf, die in der Zukunft für Akteure der Mitbestimmung eine mehr oder weniger große Rolle spielen könnten. Die Szenarien bieten einen Orientierungsrahmen, um aktuelle Entwicklungen sowie bestehende Handlungsstrategien zu bewerten und neue Gestaltungsspielräume für eine wirksame Mitbestimmung zu erschließen.

Peak PerformanceFoto (C) Jai Wanigesinghe

Im ersten Szenario wird die Digitalisierung vorangetrieben, um Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Leistungsdruck und die permanente Optimierung der eigenen Performance prägen den Arbeitsalltag. Chancen und Risiken liegen hier oft dicht beieinander, die persönliche Verhandlungsmacht orientiert sich am Marktwert und die Polarisierung der Beschäftigungsverhältnisse nimmt weiter zu. In immer mehr Bereichen kommt es zum Wettbewerb zwischen Mensch und Maschine.

Persönliche Entfaltung

Im zweiten Szenario trägt die Digitalisierung zu mehr individuellen Gestaltungsspielräumen, Flexibilität und Vielfalt in der Arbeitswelt bei. Staatliche Standards sichern die Teilhabe sowie eine ausgewogene Verteilung der Früchte der Digitalisierung und verhindern Machtmissbrauch. Die Arbeitgeber-Reputation ist angesichts des begrenzten Arbeitskräfteangebots ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen.

Zusammenhalt

Im dritten Szenario vollzieht sich die Digitalisierung eingebettet in kollektiven Aushandlungsprozessen und demokratischen Unternehmensstrukturen. Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern tragen so maßgeblich dazu bei, dass der technologische Wandel und effiziente Produktionsweisen mit Beschäftigungssicherheit, guten Arbeitsbedingungen und individuellen Präferenzen Hand in Hand gehen.

Reset

Im vierten Szenario führen Digitalisierung und Automatisierung nicht nur zu einem drastischen Verlust an Arbeitsplätzen, sondern auch zur Ausbreitung prekärer, inhumaner Arbeitsbedingungen. Das erzeugt massiven Widerstand und Konflikte, aus denen schließlich neue Ansätze von kollektivem Handeln und Solidarität sowie alternative Wirtschaftskonzepte hervorgehen.Foto (C) Jai Wanigesinghe

Die vier Szenarien verdeutlichen in ihrer Gesamtzusammenschau, in welchem Maße die Zukunft der Digitalisierung der Arbeitswelt offen ist und was auf dem Spiel steht. Damit möchten wir dazu beitragen, der Digitalisierung eine Richtung zu geben. Unser Anspruch muss sein: Nicht abzuwarten, was passieren wird, sondern die Zukunft selbst aktiv mitzugestalten, indem wir unsere Anliegen in einen längerfristigen und größeren Bezug stellen, zugleich aber zu fragen: Was können wir heute tun, damit es in eine gute Richtung geht?

Anregungen und Materialien:
www.mitbestimmung.de/mb2035

Von
Michael Stollt und Sascha Meinert
Hans-Böckerl-Stiftung und Institut für prospektive Analysen

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/19.

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