Was müssen Betriebsrät:innen über Künstliche Intelligenz wissen?

Was müssen Betriebsrät:innen über Künstliche Intelligenz wissen? | © Markus Zahradnik
Was müssen Betriebsrät:innen über Künstliche Intelligenz wissen? | © Markus Zahradnik
Die Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Beschäftigten sind da, und sie sind enorm. Was Betriebsrät:innen jetzt wissen müssen, beantwortet Sebastian Klocker, ÖGB-Experte für Digitalisierung.
Künstliche Intelligenz spielt bereits in nahezu allen Arbeitsbereichen eine Rolle. In vielen Fällen sorgt sie für mehr Effizienz und nimmt dem Menschen unliebsame Tätigkeiten ab. Doch die möglichen Gefahren, die sich durch ihre Nutzung auftun, dürfen nicht aus dem Sichtfeld geraten. Besondere Bedeutung beim Schutz von Arbeitnehmer:innen gegen Künstliche Intelligenz kommt Betriebsrät:innen zu. Was Betriebsrät:innen jetzt wissen müssen, beantwortet Sebastian Klocker, ÖGB-Experte für Digitalisierung.

Welche KI-Formen gibt es?

Sebastian Klocker: Künstliche Intelligenz umfasst auch im Betrieb verschiedene Technologien: Eine Grundform sind regelbasierte Systeme, die nach festen Vorgaben arbeiten und beispielsweise in der automatisierten Vertragsprüfung eingesetzt werden.

Deutlich flexibler ist das maschinelle Lernen, bei dem die KI in großen Datenmengen Muster erkennt und sich durch Erfahrung selbst verbessert. Diese Technologie wird teils schon in der Personalrekrutierung genutzt, um Bewerbungen zu analysieren und geeignete Kandidat:innen vorzuschlagen. Zudem wird sie eingesetzt, um Schichtpläne zu optimieren oder Maschinen vorausschauend zu warten.

Eine besonders leistungsfähige Weiterentwicklung ist das Deep Learning, das komplexe Zusammenhänge erfassen kann, beispielsweise bei Gesichtserkennungstechnologien oder bei der automatischen Übersetzung von Kund:innenanfragen.

Was ist generative KI?

Eine Sonderform des Deep Learning, wie ChatGPT zum Beispiel. Unternehmen setzen diese Technologie etwa für die automatisierte Kund:innenkommunikation oder zur Unterstützung von Mitarbeiter:innen in der Dokumentenerstellung ein.

Auch die prädiktive KI gewinnt immer mehr an Bedeutung. Sie wertet große Datenmengen aus, um zukünftige Entwicklungen vorherzusagen. Insbesondere im Personalmanagement hilft sie, Engpässe frühzeitig zu erkennen und saisonale Auslastungsschwankungen zu berücksichtigen. Zu dem Ganzen gibt es noch KI-gestützte Entscheidungshilfen, die Banken und Finanzinstitute beispielsweise nutzen, um Kreditrisiken zu bewerten.

Kann der Betriebsrat beim Einsatz von KI mitentscheiden?

Das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) räumt dem Betriebsrat umfassende Mitbestimmungsrechte bei der Einführung von KI-Systemen ein, insbesondere wenn Beschäftigtendaten verarbeitet oder Kontrollmechanismen eingeführt werden. In den regelmäßigen Beratungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung könnte KI immer wieder Thema sein.

Der Betriebsrat muss gerade bei der Planung und Einführung neuer Technologien angehört werden; wenn nötig, muss er Informationen aktiv einfordern, um mögliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmer:innen abschätzen zu können.

„Der Betriebsrat hat umfassende Mitbestimmungsrechte bei der Einführung von KI-Systemen“, weiß Digitalexperte Sebastian Klocker vom ÖGB. | © Markus Zahradnik

Wann hat der Betriebsrat ein Vetorecht?

Wenn, so das ArbVG, KI zur Überwachung oder Verhaltenskontrolle von Arbeitnehmer:innen eingesetzt wird und damit die Menschenwürde berührt. Darüber hinaus ist eine Betriebsvereinbarung verpflichtend, wenn personenbezogene Daten von Arbeitnehmer:innen über das gesetzlich vorgegebene Maß hinaus verarbeitet werden. Dies betrifft nahezu alle KI-gestützten Systeme, die beispielsweise über die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeiterfassung hinausgehen.

Was tun, wenn das Thema KI sehr komplex ist?

Der Betriebsrat sollte dann von seinem Recht Gebrauch machen, Expert:innen beizuziehen, etwa aus der Gewerkschaft. Auch die Konsultation von z. B. Datenschutz- oder IT-Expert:innen ist möglich, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig ist. KI ist neu und technisch anspruchsvoll –Expert:innen können helfen, die Funktionsweise zu verstehen und Risiken abzuschätzen.

Welche Gesetze sind bei künstlicher Intelligenz noch zu beachten?

Die Einführung von KI-Systemen im Betrieb berührt aktuell neben dem ArbVG die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und den AI Act der EU. Die DSGVO regelt, wie personenbezogene Daten verarbeitet werden dürfen, und räumt den Beschäftigten umfassende Rechte ein, wenn ihre Daten von KI-Systemen verwendet werden.

Beschäftigte haben das Recht auf Auskunft und Kopie ihrer Daten, das Recht auf Berichtigung sowie das Recht auf Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten. Artikel 22 der DSGVO legt fest, dass Arbeitnehmer:innen nicht ausschließlich einer automatisierten Entscheidung unterworfen werden dürfen, wenn diese erhebliche Auswirkungen auf sie hat – etwa bei Beförderungen, Kündigungen oder Gehaltsanpassungen. Der Betriebsrat sollte daher darauf bestehen, dass menschliche Kontrollmechanismen eingebaut werden. Die DSGVO schützt unsere Grund- und Freiheitsrechte.

Künstliche Intelligenz – Chance oder Bedrohung? 🤖 Sie automatisiert, vereinfacht … oder macht sie uns überflüssig? Informatikerin Johanna Pirker (@joeyprink.bsky.social) erklärt in ihrem Gastkommentar, warum wir KI nicht fürchten, sondern gestalten sollten. 👇

[image or embed]

— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@aundwmagazin.bsky.social) 7. Mai 2025 um 17:00

Was regelt der AI Act?

Er schafft erstmals einen spezifischen Rechtsrahmen für den Einsatz von KI in Europa und teilt KI-Systeme in verschiedene Risikostufen ein, wobei Hochrisiko-KI strengen Auflagen unterliegt.

KI-Systeme, die im Bereich Beschäftigung, Personalmanagement und Zugang zur Selbstständigkeit eingesetzt werden, gelten in der Regel als Hochrisiko-Systeme, wenn sie wesentliche Entscheidungen über Arbeitnehmer:innen beeinflussen. Diese Systeme müssen transparent, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei funktionieren. Dazu gehören klare Dokumentationspflichten, menschliche Kontrollmechanismen und regelmäßige Überprüfungen, um Verzerrungen oder ungerechtfertigte Benachteiligungen zu vermeiden.

Sind KI-Schulungen verpflichtend?

Die EU-Verordnung fordert, dass alle Personen, die mit KI-Systemen arbeiten, über eine „angemessene KI-Kompetenz“ verfügen, und diese hängt unter anderem von den Vorkenntnissen der Beschäftigten, dem Anwendungsbereich der KI sowie den betroffenen Zielgruppen ab. Um das zu erfüllen, müssen Unternehmen entsprechende Schulungen anbieten.

Weiterführende Artikel

Wie die KI eine Industrielle Revolution vorantreibt

KI: So verändert Digitalisierung die Medien

„Eine KI ist nie neutral – sie braucht den Menschen als Aufsicht“

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.
Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten für den Zweck der Versendung und Verwaltung des Newsletters sowie des Gewinnspiels zu. Diese Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden. Details dazu finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Über den/die Autor:in

A&W Magazin

Die Arbeit&Wirtschaft widmet sich mit Schwerpunkten unterschiedlichen Themen der Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik – online mehrmals wöchentlich, im Print-Magazin mit sechs Heften pro Jahr. Die Artikel des Print-Magazins fließen in das Online-Magazin ein.

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.