Interview: Mitbestimmen und etwas verändern wollen

Inhalt

  1. Seite 1 - Mitbestimmung von Anfang an
  2. Seite 2 - Neue Bewegungen, klassische Medien
  3. Seite 3 - Populismus überwinden
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Susanne Hofer ist die erste weibliche Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend. Demokratie ist für sie mehr, als zu einer Wahl zu gehen. Als politikverdrossen nimmt sie ihre AltersgenossInnen nicht wahr. Das Schlimmste, was Politik machen könne, sei, junge Menschen daran zu hindern, wenn sie sagen, sie wollen mitbestimmen.

Bei Politik geht es ganz oft um die kleine Ebene, nicht nur um die „große Politik“.

Was entgegnest du jemandem, der sagt: „Es bringt eh nichts, sich zu engagieren oder mitzubestimmen, die Politik macht ohnehin, was sie will“?

Am besten funktioniert das mit Positivbeispielen wie mit unserer „JVR bleibt!“-Kampagne oder mit unserer „Internatskosten weg!“-Kampagne. Wir waren einfach stark, haben uns eingemischt, haben zusammengehalten, haben versucht, alle Bereiche in unserer Gesellschaft darüber zu informieren, warum unsere Anliegen wichtig sind, und haben damit einen Einfluss auf die Politik genommen. Politik heißt ja nicht nur, die Bundesminister oder den Bundeskanzler von etwas zu überzeugen, sondern da geht es ganz oft um die kleine Ebene – etwa mit dem Bürgermeister in dem Dorf oder in der Stadt, in der man wohnt, zu reden. Oder eine andere Jugendorganisation, die Landjugend zum Beispiel, mitzunehmen und davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, dass wir Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stark sind und unsere Rechte eingehalten werden müssen. Wir müssen unsere Erfolge viel mehr verbreiten.

Ist das nicht die Aufgabe von PolitikerInnen?

Man muss immer wieder darauf hinweisen, dass sich in der Vergangenheit nichts bewegt hätte, wenn sich nicht auch „normale“ Leute aufgerafft und engagiert hätten. Es braucht die Zivilgesellschaft, es braucht einfach Leute, die sich für ein gutes Miteinander und eine gerechte Gesellschaft einsetzen.

Es braucht die Zivilgesellschaft, es braucht einfach Leute, die sich für ein gutes Miteinander und eine gerechte Gesellschaft einsetzen.

Das heißt auch, darauf zu schauen, dass es nicht zu dem Punkt kommt, wo es kippt, wo irgendwer oder eine kleine Gruppe einen großen Nachteil hat – wo Minderheiten als Sündenböcke dienen, wo jemand leidet, wo Hetze passiert und Hass die Politik dominiert. Dem müssen wir entgegenwirken und aus der Geschichte lernen, damit es nicht eskaliert.

Populismus ist auf dem Vormarsch. Nicht nur in den USA, auch in Europa und Österreich. Was kann hier die Antwort sein? Wie dem entgegenwirken?

Ich glaube, dass das ein großer Auftrag an die Bildung ist. Die Schule muss hier mitwirken, und Politik muss auch in der Schule interessant gestaltet werden. Auch hier geht es wieder um das Reflektieren, klarzumachen: PolitikerInnen wollen nicht immer das Beste für einen und schon gar nicht für alle. Da braucht es Aufklärung.

PolitikerInnen wollen nicht immer das Beste für einen und schon gar nicht für alle.

Es geht darum, dass man informiert ist, dass einem bewusst ist, dass Populismus passiert. Ich glaube, vielen ist das nicht klar und viele wollen auch wieder von einer starken Persönlichkeit, einem starken Bundeskanzler, geführt werden. Da muss man schon im Auge haben: Setzt sich diese Person auch für meine Interessen ein oder nicht? Nur weil am Plakat steht: „Es ist Zeit für Neues“, heißt das nicht, dass „Neues“ etwas Gutes ist, dass „Neues“ etwas Gutes für den Großteil der Gesellschaft ist.

Warum hast du als Vorsitzende der größten Jugendgewerkschaft kandidiert?

Die Gewerkschaftsjugend hat schon so viel erreicht. Vor allem in Zeiten, in denen wir wieder vor einer Regierung stehen, die mit sehr viel Populismus arbeiten wird, braucht es uns, braucht es eine starke Stimme der jungen ArbeitnehmerInnen. Wir müssen stärker werden, müssen junge Menschen überzeugen, sich zu engagieren. Wir müssen jungen Menschen das Werkzeug in die Hand geben, unterscheiden zu können, was gut und was nicht gut für sie ist. Wir sind das Verbindende der ArbeitnehmerInnen, und ich will den jungen Leuten den Stolz zurückgeben und ihnen zeigen, dass arbeiten zu gehen etwas Gutes und nichts Schlechtes ist.

ich will den jungen Leuten den Stolz zurückgeben und ihnen zeigen, dass arbeiten zu gehen etwas Gutes und nichts Schlechtes ist.

Ich habe deshalb kandidiert, weil ich ArbeitnehmerInnen und Lehrlingen zeigen will, was Solidarität ist. Ich will ihnen zeigen: Wenn man zusammenhält, kann man was bewegen. Die Österreichische Gewerkschaftsjugend kann das gut. Wir bestehen aus vielen unterschiedlichen Menschen – KellnerInnen, FriseurInnen, Bürokaufleuten, MetallerInnen. Wir halten zusammen, weil wir etwas verändern wollen und weil wir wollen, dass sich in der Welt etwas bewegt. Das ist so etwa Schönes, und da will ich einfach mitgestalten. Ich will, dass wir noch viel stärker und lauter werden und dass viel mehr Leute von der Gewerkschaftsjugend erfahren. Das ist ein ganz kleines Ziel. (lacht)

Von
Barbara Kasper

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/19.

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