Ingrid Reischl und Tom Schmid im Interview: Was uns gehört!

Ingrid Reischl und Tom Schmid setzen sich dafür ein, dass die Leistungsausschüsse in der Pensions- und Unfallversicherung wieder eingeführt werden. Dort haben Versichertenvertreter:innen bis zum Jahr 2018 konkrete Ansprüche der Menschen verhandelt und oftmals Leistungsverbesserungen erreicht. | © Markus Zahradnik

Inhalt

  1. Seite 1 - Wenn Arbeitgeber:innen blocken
  2. Seite 2 - Warum Leistungen verlorengehen
  3. Seite 3 - Wie zum Schaden der Versicherten abgebaut wird
  4. Seite 4 - Warum Versicherte vors Arbeits- und Sozialgericht ziehen
  5. Seite 5 - Wie Menschen bei Schicksalsschlägen geholfen wird
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Was braucht eine gut funktionierende Selbstverwaltung, und wie nützt sie Arbeitnehmer:innen und Versicherten? ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Ingrid Reischl und Sozialpolitikexperte Tom Schmid verdeutlichen, wie die Sozialversicherung wieder näher zu den Menschen rücken kann.
Die DNA der Selbstverwaltung: In Systemen der Selbstverwaltung werden Verwaltungsaufgaben des Staates an Organisationen übertragen, die dann durch Delegierte oder Versichertenvertreter:innen ihre Finanzmittel eigenständig verwalten – und damit selbst über die Verwendung der von den Mitgliedern eingehobenen Beiträge entscheiden. Der Staat verfügt dabei über kein Weisungsrecht, er hat nur Aufsichtsrechte. In der Praxis sind Gemeinden ebenso selbstverwaltet wie Hochschulen, Vereine oder öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Auch die gesetzlichen Interessenvertretungen wie Arbeiterkammern und Wirtschaftskammern sowie die freien Berufe zählen dazu.

Alle fünf Jahre entscheiden alle unselbstständig Beschäftigten bei den Arbeiterkammerwahlen über die Zusammensetzung der sozialen Selbstverwaltung. Sie wählen die Kammerrät:innen, die in die Gremien der Sozialversicherung entsandt werden. Diese Delegierten ziehen in die Führungsetagen der Sozialversicherungsträger ein. Sie bestimmen dann, wofür die eingehobenen Beiträge zur Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung ausgegeben werden. Kammerrät:innen haben detailreiche Einblicke in die Problemlagen der Arbeitnehmer:innen. Aus diesem Wissen heraus können sie als Versichertenvertreter:innen im Rahmen der Gesetze optimal gestalten, wie die einbezahlten Beiträge in der Sozialversicherung verwendet werden.

Eine Mehrheit der Arbeitnehmervertreter:innen in den Gremien würde
die Sozialversicherung wieder näher zu den arbeitenden Menschen bringen.  

ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Ingrid Reischl und Sozialpolitikexperte Tom Schmid kritisieren, dass es für die Vertreter:innen der Arbeitnehmer:innen in der sozialen Selbstverwaltung aufgrund gesetzlicher Änderungen immer schwieriger werde, Verbesserungen im Leistungsrecht für Beschäftigte durchzusetzen. Der Grund? In allen Entscheidungsgremien der Sozialversicherung können die Arbeitgebervertreter:innen jede Entscheidung blockieren. Das sei skandalös, weil die Arbeitgeber:innen bei der Gesundheitskasse gar nicht versichert, also auch nicht betroffen sind. Dennoch treffen sie weitreichende Entscheidungen für die Menschen.

Die Abhilfe? Arbeitnehmervertreter:innen müssten wieder die Mehrheit in den Gremien ihrer Sozialversicherung bekommen, um die Interessen der Beitragszahler:innen vertreten zu können. Um das zu erreichen, fordern Reischl und Schmid, dass die sogenannten Leistungsausschüsse von Pensions- und Unfallversicherung, in denen Vertreter:innen von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen bis 2018 gemeinsame sozialpartnerschaftliche Lösungen für konkrete Ansprüche der Menschen aushandelten, wieder aktiviert und personell stärker besetzt werden. Die Reduktion der Versichertenvertreter:innen habe bewirkt, dass viele Beschäftigte mit der Selbstverwaltung weniger vertraut sind. Die Unzufriedenheit mit dem Gesundheitssystem wachse. Die Menschen haben keine Anlaufstelle mehr, und vielen fehle die Information, was ihnen eigentlich zustehe. Die Leistungsausschüsse würden die Sozialversicherung wieder näher zu den arbeitenden Menschen bringen.

Inhalt

  1. Seite 1 - Wenn Arbeitgeber:innen blocken
  2. Seite 2 - Warum Leistungen verlorengehen
  3. Seite 3 - Wie zum Schaden der Versicherten abgebaut wird
  4. Seite 4 - Warum Versicherte vors Arbeits- und Sozialgericht ziehen
  5. Seite 5 - Wie Menschen bei Schicksalsschlägen geholfen wird
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Über den/die Autor:in

Andrea Rogy

Andrea Rogy schreibt unter anderem für die NÖN und arbeitet als Lektorin
im Studiengang Soziale Arbeit an der Fachhochschule St. Pölten.

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