Das Aussterben des Wiener Hausherrn
Illegale Kündigungen, drastische Mietenerhöhungen oder Reparaturen, die bewusst unterlassen werden, um Wohnungen unbewohnbar zu machen: Für viele Mieter:innen ist das bittere Realität. Hintergrund all dessen ist ein Immobilienmarkt, der längst außer Kontrolle geraten ist – und gewerbliche Investor:innen, die vor allem den Profit vor Augen haben.
Auf einem überhitzten Markt explodieren
die Preise, und das Gebäude muss erst refinanziert werden.
Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik und Wohnen
Simulationsschulungen
In der Pressekonferenz der AK am 5. Mai 2025 erklärte Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik und Wohnen: „Auf einem überhitzten Markt explodieren die Preise, und das Gebäude muss erst refinanziert werden. Die Strategie ist dann häufig: Die Mieter:innen müssen raus. Der klassische Wiener Hausherr stirbt aus.“ Rund 70 Prozent der Käufe seit dem Jahr 2000 wurden von gewerblichen Investor:innen getätigt.
Angst unter Mieter:innen
„Mieter:innen mit alten, unbefristeten Verträgen stehen aus Sicht der Käufer:innen den Renditen im Weg“, erklärt Mara Verlič von der AK Wien. „Deshalb wird Druck auf sie ausgeübt – damit sie freiwillig ausziehen.“ Dieser Druck kann unterschiedlich aussehen: durch eine zunehmend ungemütliche Wohnsituation, den Abbau von Sicherheitsmaßnahmen oder das bewusste Unterlassen notwendiger Reparaturen oder durch Mieterhöhungen sollen Mieter:innen aus ihren Wohnungen vertrieben werden.
“Wir wollten uns die Mietshäuser in Wien wissenschaftlich ansehen – das hat die TU Wien für uns gemacht. Was tut sich am Markt?“, so @thomasritt.bsky.social #AK Leiter Abteilung Kommunal & Wohnen. „Wir haben auch einen qualitativen Teil, wo man sieht, wie sich das auf die Mieter:innen auswirkt.“
— @Arbeiterkammer (@arbeiterkammer.at) 5. Mai 2025 um 10:04
Mietwucher, also illegal überhöhte Mieten, ist laut AK eher die Regel als die Ausnahme. Dabei sind im Altbau die Mieten gesetzlich durch den Richtwertmietzins begrenzt. Seit einem Jahr bietet die Arbeiterkammer einen Service an, der Mieter:innen hilft, ihre Miete zu prüfen und sie gegebenenfalls auch bei einer Klage unterstützt. Doch viele nehmen dieses Angebot nicht in Anspruch – aus Angst, ihre Wohnung zu verlieren.
Forderungen der Arbeiterkammer
Die AK fordert ein modernes und transparentes Mietrecht, das spekulativen Geschäftsmodellen einen Riegel vorschiebt und insbesondere bei Mieterhöhungen Schutz bietet. Dies wird im Regierungsprogramm nicht berücksichtigt. Thomas Ritt sagt dazu: „Derzeit dürfen Investitionen ins Gebäude über zehn Jahre auf die Miete umgelegt werden. Bei einer neuen Dacheindeckung kann das die Miete massiv erhöhen. Wir fordern deshalb einen Berechnungszeitraum von 20 Jahren für langfristige Investitionen.“
Ein weiteres Problem sei die Befristung von Mietverträgen. Viele scheuen sich, sich gegen unrechtmäßige Mieterhöhungen zu wehren. Auch hier sieht die Arbeiterkammer dringenden Handlungsbedarf.
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