Flexibilität aus Stabilität

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Inhalt

  1. Seite 1 - Kosten vs. Lebensqualität
  2. Seite 2 - Gefahr durch Profite für wenige
  3. Seite 3 - Warnung vor Privatisierungen
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Die Debatte um den Wirtschaftsstandort sollte nicht nur aus Sicht der Unternehmen geführt werden. Das Ziel lautet: für Wohlstand sorgen. Und auch wenn es Verbesserungspotenzial gibt, muss sich der sowohl stabile als auch flexible Wirtschaftsstandort Österreich nicht verstecken.
Abgesandelt: Dieses harte Urteil verpasste der damalige Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl dem österreichischen Wirtschaftsstandort. Das ist jetzt mehr als fünf Jahre her. Die Aussage blieb nicht ohne Folgen – und schon damals waren viele anderer Meinung als Leitl. Zudem hat sich seither einiges zum Positiven entwickelt. Außerdem stellt sich ganz allgemein die Frage: Was macht einen guten Wirtschaftsstandort aus? Welche Kriterien sollten herangezogen werden, um dies zu beurteilen? Ist es zum Beispiel nur oder in erster Linie die BIP-Entwicklung? Ist ein Standort dann gut, wenn die Gewinne möglichst stark wachsen? Oder sollte auch die Qualität in der Wirtschaft eine Rolle spielen? Die längerfristigen Entwicklungsmöglichkeiten einer Volkswirtschaft und der Wohlstand allgemein? Oder vielleicht gar so etwas wie eine gesunde Umwelt? Und überhaupt: Beeinflussen und bedingen diese Punkte einander nicht auch gegenseitig?

Zu kurz gegriffen

Zumeist sind es UnternehmerInnen und deren VertreterInnen, die sich über den Wirtschaftsstandort äußern – und recht oft fällt ihr Urteil nicht gerade positiv aus. Doch dieser Blick ist manchmal einseitig und greift zu kurz, weil er vieles außer Acht lässt, was für selbstverständlich genommen wird: zum Beispiel soziale Sicherheit, öffentlich finanzierte Infrastruktur, ein Bildungswesen, das zwar zu Recht kritisiert werden kann, aber doch viele gut qualifizierte Fachkräfte hervorbringt. Dazu gehören auch Planungssicherheit, ein umfangreiches Förderwesen, gute Löhne und zufriedene ArbeitnehmerInnen, die so gut wie nicht streiken – und überhaupt eine gute Partnerschaft zwischen ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebern.

Im Moment scheint die Standortdebatte ein wenig in Schieflage geraten zu sein. Christa Schlager, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik in der AK Wien, kritisiert, dass die ArbeitnehmerInnen nicht mehr mitgedacht würden: „Wir haben das Gefühl, dass die Beschäftigtenper­spektive verloren geht.“ Aber: „Um zu wirtschaften, braucht man sowohl die Ressource Arbeit als auch die Ressource Kapital. Es ist unsinnig, einen dieser wichtigen Parts außer Acht zu lassen.“ Das passiere aber, denn die Regierung verkündete eine Standortpartnerschaft zwischen ihr selbst, der Industrie und der „Wirtschaft“ – ein Begriff, der fälschlicherweise Beschäftigte ausschließt, auch wenn sie ebenfalls Teil dieser Wirtschaft sind. Die ArbeitnehmerInnen wurden denn auch in dieser Partnerschaft nicht einmal erwähnt. Die Standortdebatte sollte laut Schlager nicht nur aus der Sicht der Unternehmen geführt werden, sondern es gehe beim Wirtschaften vielmehr um das Thema Wohlstand für alle. „In einem hoch entwickelten Land wie Österreich, wo wir nicht auf eine Preis- oder Kostenführerschaft setzen, sind die Menschen sehr wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg“, sagt die AK-Expertin. „Wir sehen die Pläne der Regierung daher als kurzsichtig und zu unausgewogen an“, so Schlager.

Wir haben das Gefühl,
dass die Beschäftigtenper­spektive verloren geht.

Christa Schlager, AK Wien

Nur eines von 14 Unternehmen in Österreich setzt auf das Kostenargument, versucht seine KundInnen also durch besonders niedrige Preise zum Kauf seiner Produkte oder Dienstleistungen zu bringen. Und das ist etwas, was sehr für den Standort und vor allem seine Innovationskraft spricht, was wiederum als wichtig für die zukünftige stabile wirtschaftliche Entwicklung erachtet wird. „Man wird nicht österreichische Qualität zu lettischen Löhnen bekommen“, bringt es Markus Marterbauer, Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der AK Wien, auf den Punkt. Und das würde auch niemand wollen.

Neben harten Fakten wie der BIP-Entwicklung sind etwa auch eine hohe Lebensqualität und das Gefühl der Gerechtigkeit Faktoren, die einen guten Wirtschaftsstandort ausmachen. Laufen die Geschäfte wie derzeit gut, sollte sich das auch bei den Einkommen und nicht nur den Ausschüttungen an InvestorInnen auswirken. Foto (C) Adobe Stock / volff, Prostock-studio, cgdeaw, dule964

Lebensqualität von Bedeutung

Apropos Qualität: Dazu gehört auch Lebensqualität. Wo es sich nicht gut und gerne lebt, wollen vor allem hoch qualifizierte Menschen nicht hingehen oder bleiben. Die Arbeiterkammer hat 2018 erstmals den AK-Wohlstandsbericht (mittlerweile ist der Wohlstandsbericht 2022 erschienen) herausgegeben. Was sie unter Wohlstand versteht, wird schon auf der Titelseite des Berichts dargestellt, nämlich insgesamt fünf Punkte: ökonomische Stabilität, Vollbeschäftigung und gute Arbeit, hohe Lebensqualität, intakte Umwelt und fair verteilter materieller Wohlstand. „Breiter Wohlstand heißt breite Nachfrage und gute Geschäfte“, sagt AK-Expertin Schlager.

Genau genommen sind die Standortargumente aus Sicht von Wirtschaft und ArbeitnehmerInnen oft gar nicht so gegensätzlich. Letzten Endes wollen alle, dass es den Unternehmen gut geht und sie prosperieren. Denn das ist auch für die ArbeitnehmerInnen positiv und erhält ihre Arbeitsplätze, sofern sie nicht ersatzlos wegautomatisiert werden. Problematisch wird es nur, wenn sie nicht mehr genügend vom wirtschaftlichen Erfolg ihrer Arbeitgeber profitieren, sondern ein Großteil der Gewinne in den Händen von UnternehmerInnen und InvestorInnen landen. Das Gefühl der Gerechtigkeit, das auch durch Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft genährt wird, ist laut Markus Marterbauer „eine ganz wichtige Größe“. Es sei zudem „eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir in Österreich die Streikzeit in Sekunden statt in Tagen messen“.

Gefahr durch Profite für wenige

Profitieren hingegen nur wenige von einer an sich positiven Entwicklung, birgt das Gefahren. Laufen die Geschäfte wie in der aktuellen Phase der Hochkonjunktur gut, sollte sich das folglich auch in den Einkommen widerspiegeln. Markus Marterbauer sagt: „Es muss dafür gesorgt werden, dass die volkswirtschaftlichen Erträge gerecht verteilt werden.“ Probleme in der Einkommensverteilung sieht Marterbauer etwa bei Teilzeitbeschäftigten, die gerne mehr Stunden arbeiten würden, dazu aber nicht die Möglichkeit erhalten. Auch treffe dies bei Menschen mit unterbrochenen Erwerbskarrieren zu oder bei Ein-Personen-Unternehmen, die weder Kollektivverträgen unterstellt sind noch eine starke Interessenvertretung haben. Als positiv erachtet Marterbauer allerdings, dass Österreich eines der wenigen Länder ist, in denen auch die Selbstständigen in die Sozial- und Pensionsversicherung integriert sind. So umfasse der Sozialstaat annähernd 100 Prozent der Bevölkerung.

„Es muss dafür gesorgt werden, dass die volkswirtschaftlichen Erträge gerecht verteilt werden.“ Markus Marterbauer / Foto (C) Adobe Stock / volff, Prostock-studio, cgdeaw, dule964

Besonders niedrige Lohnquote

Aber zurück zu den Löhnen: Das Ausmaß an Gerechtigkeit und Fairness zeigt sich volkswirtschaftlich in der Kennzahl der Lohnquote gut. Dabei handelt es sich um den Lohnanteil am gesamtwirtschaftlichen Einkommen. Konkret misst die Lohnquote den Anteil der Einkommen unselbstständig Erwerbstätiger am Nettoinlandsprodukt. Sie lag 2017 bei knapp 68 Prozent. Der historische Höchstwert wurde vor gut 40 Jahren erreicht: Er lag 1978 bei 77,2 Prozent. Vor mehr als zehn Jahren, nämlich im Jahr 2007 und damit kurz vor der Finanzkrise, war die Lohnquote besonders niedrig: Sie lag bei gerade einmal 63 Prozent. Dass die Lohnquote vor allem zwischen 1995 und 2007 so stark gesunken ist, liegt laut Marterbauer unter anderem daran, dass in dieser Zeit besonders hohe Dividenden und andere Einkommen aus Vermögensbesitz ausgeschüttet wurden. Somit ging der Anteil der Einkommen aus Löhnen zurück. Der zweite Hauptgrund für diesen starken Rückgang des Lohnanteils am gesamtwirtschaftlichen Einkommen liegt laut Marterbauer an der kapitalfreundlichen Art der Globalisierung, deren Gewinne höchst ungerecht verteilt sind.

Wer über die Standortqualität eines Landes spricht, sollte nicht den Fehler machen und zu kurzfristig denken.

Wer über die Standortqualität eines Landes spricht, sollte laut Christa Schlager nicht den Fehler machen und zu kurzfristig denken. Unternehmen, die beispielsweise ihre industriellen Abfälle und Gifte in einen Fluss leeren oder in Länder abwandern, wo dies nicht geahndet wird, handeln aus ihrer Sicht vernünftig. Doch langfristig gesehen, zerstört dieses Verhalten die Umwelt und macht einen Standort unattraktiver. Daher betont Christa Schlager die wichtige Rolle des Staates, der gute Rahmenbedingungen schaffen und langfristige Ziele verfolgen muss: „Der Staat muss dafür sorgen, dass langfristig Wohlstand gelingt.“ Es gebe wichtige Herausforderungen, etwa die der Digitalisierung oder die Erreichung der Klimaziele. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, braucht es Investitionen, Innovationen und Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. In der Wirtschaftspolitik auf die Senkung der Abgabenquote und der Gewinnsteuern zu fokussieren sei eine falsche Prioritätensetzung, ärgert sich Schlager. Wichtig sei, jetzt die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft zu treffen.

„Schwache Gewerkschaften können weder ordentliche Löhne herausholen noch vernünftige Kompromisse erzielen.“ Markus Marterbauer / Foto (C) Adobe Stock / volff, Prostock-studio, cgdeaw, dule964

Wo sich wohl alle einig sind, ist, dass es positiv ist, wenn sich möglichst viele attraktive Betriebe im Land ansiedeln. Und das ist derzeit der Fall. So verkündete die Ansiedlungsagentur ABA Invest in Austria, die zum Wirtschaftsministerium gehört, vor einem Jahr einen Rekord an neuen Betriebsansiedlungen: Im Jahr 2017 waren es 344. Somit war 2017 das erfolgreichste Jahr in der 35-jährigen Geschichte der ABA. Und schon 2016 war mit 319 Ansiedlungen ein Rekordjahr gewesen. 2017 stieg zudem auch die mit den Neuansiedlungen verbundene Investitionssumme im Vergleich zu 2016 um 2,6 Prozent auf 723,85 Millionen Euro an. Die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze verzeichnete mit 2.672 einen leichten Zuwachs von 1,9 Prozent gegenüber 2016. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sagte anlässlich des Rekordes bei den Betriebsansiedlungen: „Der Standort Österreich punktet bei ausländischen Konzernen vor allem mit Stabilität und Sicherheit, hoher Osteuropa-Kompetenz, der Qualität und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie mit einem kaufkräftigen Markt.“

Der Standort Österreich punktet bei ausländischen Konzernen vor allem mit Stabilität und Sicherheit, hoher Osteuropa-Kompetenz, der Qualität und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie mit einem kaufkräftigen Markt.

Margarete Schramböck, Wirtschaftsministerin

Ein besonders wichtiges Argument für Unternehmen, sich anzusiedeln oder am Standort zu bleiben, ist die Infrastruktur. „Ein Unternehmen braucht neben seinen Produktionsmitteln auch günstige Rahmenbedingungen“, sagt Christa Schlager. Infrastruktur ist freilich ein sehr weites Feld. Dazu zählen zum einen physische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel gute Transportwege wie Autobahnen, Schifffahrt und Flugverbindungen, wenn etwas produziert wird oder auch wenn MitarbeiterInnen anreisen müssen. Da in Österreich derzeit rund 380 Unternehmen ihre Headquarters betreiben, sind Erreichbarkeit wie auch die generell gute Lebensqualität ein wichtiges Standortargument. Auch die Versorgung mit schnellen Internetverbindungen, also konkret der Breitbandausbau und die Investition in das 5G-Netz, sind in einem Umfeld der wachsenden Digitalisierung entscheidend. Hinzu kommt die Versorgung mit preiswerter und sauberer Energie. Zur Infrastruktur gehören aber auch soziale Sicherheit, Stabilität, Bildung und soziale Infrastruktur wie etwa gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Markus Marterbauer stellt dem Wirtschaftsstandort Österreich ein sehr gutes Zeugnis aus: Viel aus wenig gemacht.

Markus Marterbauer stellt dem Wirtschaftsstandort Österreich ein sehr gutes Zeugnis aus: Viel aus wenig gemacht

„Wir müssen uns keine Sorgen um den Standort machen.“ Die objektiven Umstände sprechen für Österreich als Wirtschaftsstandort. Vom „Absandeln“ sei Österreich meilenweit entfernt. Im Gegenteil: Österreich sei es sehr gut gelungen, aus nichts – denn nach dem Zweiten Weltkrieg gab es praktisch nichts, auf das man aufbauen konnte – viel zu machen. So ist Österreich etwa derzeit das Land mit der vierthöchsten Produktion pro Kopf in der EU. Jenen, die über die Situation und zum Beispiel über zu hohe Löhne und Lohnnebenkosten jammern, würde es vor allem um Verteilungsinteressen gehen.

In einigen Punkten hat Österreich Deutschland überholt, so etwa bei den Investitionen in die öffentliche Infrastruktur: Österreich investiert hier mit drei Prozent des BIPs vergleichsweise viel. Deutschland investiert lediglich zwei Prozent. Markus Marterbauer weist darauf hin, dass der deutsche Staat jährlich 30 Milliarden Euro zusätzlich investieren müsste, um auf das österreichische Niveau von drei Prozent zu kommen.

Forschungsquote besonders gut

Auch die allgemeine Investitionsquote ist mit 23,5 Prozent des BIP relativ hoch. Deutschlands Investitionsquote liegt bei 20,5 Prozent, was auch dem Durchschnitt der Eurozone entspricht. Weiters entwickelt sich die Industrieproduktion in Österreich sehr gut: Sie ist hierzulande seit 2015 dreimal so schnell gewachsen wie jene in Deutschland. Besonders gut entwickelt hat sich die Forschungsquote: Österreich nimmt mit aktuell 3,2 Prozent in der EU Platz zwei hinter Schweden ein. Folglich liegt auch hier Deutschland hinter Österreich.

Für Markus Marterbauer ist Österreich ein sehr stabiles Wirtschaftssystem und bezieht daraus wiederum einen hohen Grad an Flexibilität. Er stellt allerdings die Frage, wie lange das noch so bleibt, vor allem macht er sich Sorgen um das sozialpartnerschaftliche Konsensmodell: „Die Sozialpartnerschaft hat schon in der ersten schwarz-blauen Regierung angefangen, brüchig zu werden. Und jetzt fällt auf, dass die Verteilungskämpfe schwieriger geworden sind.“ Dabei seien starke Gewerkschaften gerade auch deshalb wichtig, weil sie bei Lohnverhandlungen die gesamtwirtschaftlichen Interessen mitdenken können, was ein Miteinander statt eines Gegeneinanders fördert. Das Gegenteil wäre ein Szenario, das sich wohl niemand wünschen kann: „Schwache Gewerkschaften können weder ordentliche Löhne herausholen noch vernünftige Kompromisse erzielen“, so Marterbauer

„Wir sind sehr gut aufgestellt, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen.“ Markus Marterbauer / Foto (C) Adobe Stock / volff, Prostock-studio, cgdeaw, dule964

Warnung vor Privatisierungen

Apropos kurzfristige Perspektive: Die AK warnt vor einer weiteren Privatisierung wichtiger Infrastrukturen. Unternehmen der Daseinsvorsorge wie die Post, die Telekom Austria, Verbund, ÖBB und Asfinag seien für Österreich von strategischer Bedeutung. Privatisierungsschritte, die zu einer Abwanderung der Entscheidungs- und Gestaltungsmacht aus der öffentlichen Hand führen, seien aus Sicht der Versorgungssicherheit und Leistbarkeit problematisch, da private Eigentümer engere Interessen verfolgen als öffentliche. Natürlich ist nicht alles wunderbar in Österreich, und einiges verlangt nach Verbesserung. So ist zwar die zweithöchste Forschungsquote in der EU ein Hingucker, gleichzeitig aber ist Österreich nicht ganz vorne dabei, wenn es um Grundlagenforschung geht: Österreich gibt dafür derzeit 22 Euro pro EinwohnerIn aus und gerät gegenüber den führenden Ländern ins Hintertreffen. Am meisten geben die skandinavischen Länder und Großbritannien in diesem Bereich aus, und an unangefochtener erster Stelle steht mit 97 Euro pro EinwohnerIn die Schweiz.

Besser werden kann Österreich auch bei der Lebensqualität, denn im OECD-Vergleich liegt man im Mittelfeld. Auch hier sticht Skandinavien wieder positiv hervor und punktet im Vergleich zu Österreich vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Lebenszufriedenheit und Work-Life-Balance. Bei der Bildung lässt sich zwar positiv vermerken, dass Österreich sowohl gute akademische, aber vor allem nicht akademische Fachkräfte hervorbringt, die von der Wirtschaft benötigt werden und für viele Unternehmen ein großes Standortargument darstellen. Besonders negativ stellt sich das Thema Bildungsvererbung dar, denn der Einfluss des sozioökonomischen Hintergrundes des Elternhauses ist hierzulande besonders hoch.

Herausforderungen

Und auch am Arbeitsmarkt sind die Herausforderungen groß. Die Digitalisierung nimmt dabei einen besonders hohen Stellenwert ein, da sie zu massivem Verlust von Arbeitsplätzen führen könnte. „Wir sind sehr gut aufgestellt, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen“, glaubt Markus Marterbauer. Und die Menschen müssen auf diese Veränderungen und die neuen Anforderungen am Arbeitsmarkt gut vorbereitet werden. Marterbauer hätte auch gar nichts dagegen, „wenn uns die Roboter mehr Arbeit abnehmen, solange die Produktivitätsgewinne fair verteilt werden und niemand zurückgelassen wird“.

Wir sind sehr gut aufgestellt, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen.

Markus Marterbauer, AK Wien

Auch hier wird sich die Frage der Standortqualität besonders stark zeigen und ob an alle Menschen im Land gedacht wird. Denn die AK betont, dass die Digitalisierung nicht nur aus technischem und betriebswirtschaftlichem Blickwinkel betrachtet werden sollte. Wichtig ist es auch, mögliche gesellschaftlich unerwünschte Entwicklungen und unmittelbar negative Auswirkungen auf die Beschäftigten zu berücksichtigen und zu minimieren. Auch wenn es derzeit wirtschaftlich sehr gut läuft, betont Markus Marterbauer: „Der nächste Abschwung kommt bestimmt. Ich glaube sogar, dass er schon begonnen hat.“ Und gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich die Qualität eines Standortes und wie stark und widerstandsfähig er ist.

Von
Alexandra Rotter

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 1/19.

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Über den/die Autor:in

Alexandra Rotter

Alexandra Rotter hat Kunstgeschichte in Wien und Lausanne studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin in Wien und schreibt vor allem über Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie und Zukunft.

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