EU-Budgetpläne stoßen auf Widerstand

EU-Kommissionspräsidentin stellt in Brüssel die neuen Budgetpläne der EU vor. | © Yves Herman / REUTERS / picturedesk.com
EU-Kommissionspräsidentin stellt in Brüssel die neuen Budgetpläne der EU vor. | © Yves Herman / REUTERS / picturedesk.com
Der von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf für den mehrjährigen Haushalt sieht mehr Mittel für Wettbewerbsfähigkeit und Verteidigung vor – auf Kosten von Landwirtschaft und ländlicher Regionen. Soziales spielt keine Rolle.
Es geht um die gigantische Summe von zwei Billionen Euro für den EU-Haushalt 2028 bis 2034. Am 16. Juli 2025 wurde der mehrjährige Finanzrahmen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel präsentiert. Bisher umfasst das Budget von 2021 bis 2027 1,2 Billionen Euro.

Von der Leyens Ziel ist es, den Haushalt stärker auf Wettbewerbsfähigkeit und Verteidigung auszurichten, die bisherige Ausgabenstruktur radikal zu ändern und neue Einnahmen zu erschließen.

  • Der größte Topf der neuen Budgetstruktur heißt „Nationale und regionale Partnerschaften“ und enthält 865 Milliarden Euro. Darunter fallen die bisher größten Posten Agrar- und Regionalförderungen.
  • Der zweite Fonds „Europäische Wettbewerbsfähigkeit“ umfasst 410 Milliarden Euro und soll neue Investitionen, auch im Rüstungsbereich, ermöglichen.
  • Der dritte Topf „Global Europe“ mit 200 Milliarden Euro dient der Außenpolitik.
  • Der vierte Topf betrifft Ausgaben für Verwaltung und Personal in Höhe von 107 Milliarden Euro.
  • Ein Sonderfonds mit 100 Milliarden Euro soll den Wiederaufbau der Ukraine unterstützen.

Soziales unter Druck

Der EU-Haushalt speist sich bisher zu zwei Dritteln aus Zahlungen der 27 Mitglieder, die aus Steuergeldern stammen. Um das höhere Budget und damit die Ausgaben zu finanzieren, schlägt die Kommission neben den bisherigen Eigenmitteln – Zolleinnahmen und ein fixer Anteil der Mehrwertsteuer – zusätzliche Finanzierungsquellen vor:

  • eine Abgabe für Unternehmen ab einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro,
  • eine Abgabe auf nicht recycelten Elektroschrott
  • und einen Anteil an nationalen Tabaksteuern, was den Preis für eine Packung Zigaretten um bis zu zwei Euro verteuern dürfte.

Expert:innen kritisieren, dass kleine landwirtschaftliche Betriebe, strukturschwache Regionen, Klima- und Naturschutz sowie Soziales als Verlierer aussteigen. Für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll es künftig 300 Milliarden anstatt wie bisher 386,6 Milliarden Euro geben. Besonders umstritten ist, dass die EU weiterhin Milliarden an landwirtschaftliche Betriebe nach Flächengröße verteilt – ein System, von dem vor allem Großbetriebe profitieren.

Für Investitionen, Reformen, Armutsbekämpfung und Inklusion sind 14 Prozent der nationalen Mittel vorgesehen – ein vergleichsweise geringer Anteil. Zudem besteht die Gefahr, dass diese Mittel in der Praxis verwässert werden. Bislang war Soziales und Beschäftigung durch einen eigenen, wenn auch begrenzten, Fördertopf klar definiert. Das scheint sich nun zu ändern.

Today we present the EU budget for 2028-2034.

It’s a budget for a new era, that matches Europe’s ambition.

That addresses Europe’s challenges.

That strengthens our independence.⁩

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— Ursula von der Leyen (@vonderleyen.ec.europa.eu) 16. Juli 2025 um 16:17

Widerstand gegen Haushaltspläne

Für Agrar- und Regionalgelder sollen Regierungen künftig nationale Pläne für die Verwendung der Mittel vorlegen. Manche EU-Abgeordnete und EU-Kenner warnen bereits vor einer „Renationalisierung“, die zulasten gemeinsamer EU-Ziele, der Regionen oder bestimmter Zielgruppen gehen könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass EU-skeptische Länder die Gelder nach eigenem Gutdünken vergeben, auch wenn die EU-Kommission die Einhaltung strenger Regeln verlangt.

Wie der soziale Zusammenhalt in der EU verbessert, Armut bekämpft und Beschäftigung gesichert werden können, darüber gibt es keine ausführlichen Hinweise in den Kommissionsplänen. Hier sind Gewerkschaften und Interessensvertretungen gefordert, ihre Anliegen klar zu artikulieren. Auch das EU-Parlament spielt eine Rolle, es muss das Budget mit absoluter Mehrheit beschließen, die 27 Regierungen einstimmig. Die Verteilungskämpfe haben begonnen: Widerstand regt sich beim größten Nettozahler Deutschland, in Frankreich drohen Bauernaufstände und Ungarns Premier Viktor Orbán kündigte bereits an, die Verhandlungen boykottieren zu wollen – er bezeichnet den Vorschlag polemisch als „Ukraine-Budget“.

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Über den/die Autor:in

Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig ist freie Journalistin, Autorin und Brüssel-Korrespondentin für den Kurier. Ihre universitäre Ausbildung führte sie nach Wien und Bogotá, wo sie sich mit den Schwerpunkten Politik, Soziologie und Geschichte beschäftigte.

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