Eine Schraube wird 10.000-mal öfter geprüft als ein Lehrling

Inhalt

  1. Seite 1 - Der Ruf der Lehrausbildung
  2. Seite 2 - Die Fachkräftemilliarde
  3. Seite 3 - Die Arbeitsbedingungen in der Lehrausbildung
  4. Seite 4 - Die Qualität der Lehrausbildung
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Arbeit&Wirtschaft sprach mit der ÖGJ-Vorsitzenden Susanne Hofer. Für die Vorsitzende der Gewerkschaftsjugend ist die Lehre ein höherer Bildungsweg – muss aber gut bezahlt und qualitativ hochwertig sein. Schmalspurausbildungen wie zum Fahrradmonteur lehnt sie ab.

Im Interview
„Das heißt, dass junge Menschen eine Ausbildung brauchen, mit der sie in ihrem Leben weiterkommen. Die Spezialisierungen sind schön und gut, aber was mache ich mit einer Person, wenn ihr Beruf verschwindet?“

Laut einer AMS-Studie geht der Trend überall zu mehr Diversifizierung wie Spezialisierung. z.l.ö. hat dazu noch unklare Ziele im Bereich Weiterbildung formuliert. Wir haben schon die ÖGJ-Kompetenzchecks gestreift. Wie sehen die konkret aus?

Sie sollen wie eine kleine Lehrabschlussprüfung zur Hälfte der Lehrzeit aussehen, damit nicht auf einmal alles aus drei, vier Lehrjahren abgefragt wird. Lehrlinge haben noch nie zuvor so eine riesige Prüfungssituation durchlaufen. Es wird nicht kontrolliert, wie weit ihr Wissensstand ist, was noch passieren muss, damit sie die Lehrabschlussprüfung schaffen. Eine Schraube wird 10.000-mal öfter geprüft, bevor sie rausgeht, ein Lehrling nur einmal nach der Ausbildung.

Es wird nicht kontrolliert, wie weit ihr Wissensstand ist, was noch passieren muss, damit sie die Lehrabschlussprüfung schaffen. Eine Schraube wird 10.000-mal öfter geprüft, bevor sie rausgeht, ein Lehrling nur einmal nach der Ausbildung. 

Wenn wir über Spezialisierung reden, ist es wichtig, dass diese auf einer ganz breiten Basis aufbaut. Das heißt, dass junge Menschen eine Ausbildung brauchen, mit der sie in ihrem Leben weiterkommen. Die Spezialisierungen sind schön und gut, aber was mache ich mit einer Person, wenn ihr Beruf verschwindet? Natürlich sind Weiterbildungen gut und wichtig, es soll in sie investiert werden. Wir glauben aber, das Entscheidende ist eine breite Basis.

Schmalspur-Lehrberufe wie FahrradmonteurIn etwa sehen wir nicht als Lehrausbildung. Wenn mal eine Maschine die Fahrradreparatur übernimmt, habe ich kein breites Paket anzubieten, kann ich damit nichts anfangen. Dafür lerne ich nicht drei, vier Jahre.

12-Stunden-Tag, Österreichische Gesundheitskasse, Kürzungen bei der überbetrieblichen Ausbildung – momentan stehen zahlreiche soziale Errungenschaften unter Beschuss. Wie schwer trifft das Lehrlinge?

Die, die in der Kette ganz unten sind, trifft es immer am härtesten. Wenn ich mit 18 schon anfange zwölf Stunden täglich zu arbeiten, muss ich das ja noch relativ lange durchziehen. Wir haben das also noch unser ganzes Arbeitsleben vor uns. Die Regierung fordert von uns Flexibilität ein, die kommt aber einzig und allein der Arbeitgeberseite zugute. Für junge Menschen wäre eine echte Flexibilität aber nur mit Arbeitszeitverkürzung zu haben, bei der sie auch selbst mitentscheiden können, wann und wie lange sie arbeiten.

Die Regierung fordert von uns Flexibilität ein, die kommt aber einzig und allein der Arbeitgeberseite zugute. 

Wie will die ÖGJ in diesem Klima ihre Forderungen durchsetzen und die Jugend dafür begeistern?

Ich glaube, dass genau das die Chance ist, oder die Notwendigkeit, sich jetzt mal endlich wieder zu organisieren und für die eigenen Rechte zu kämpfen. Man sieht ja schon allein in Wien, wie viele Leute momentan auf die Donnerstagsdemos gehen. Wir sehen es auch am Zulauf, es kommen immer wieder junge Menschen zu uns, die sich bei uns engagieren, die mitarbeiten wollen und sagen: Ich gestalte meine Zukunft mit. Junge Menschen interessiert das, sie wollen ihre Zukunft wieder selbst in die Hand nehmen.

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  1. Seite 1 - Der Ruf der Lehrausbildung
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Über den/die Autor:in

Zoran Sergievski

Zoran Sergievski, geboren 1988 in Hessen, freier Journalist und Lektor. Studierte Publizistik in Wien. Schreibt seit 2007 für diverse Websites, Zeitschriften und fürs Radio, am liebsten über Medien, Rechtsextreme und Soziales. Lebt mit Kleinfamilie in Wien.

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