Die große Frage: Sind Frauen der Spielball der Krise?

Porträt Käthe Leichter
Käthe Leichter beschrieb bereits 1926, was Krisen für Frauen bedeuten. | © Institut für Historische Sozialforschung/AK Wien
In Krisen sind sie leichte Beute: Frauen. Denn in diesen Zeiten zeigt sich, wer am meisten leidet, wenn das Leben teuer wird oder Arbeitsplätze abgebaut werden. Davon berichtete Käthe Leichter schon 1926.

Die Arbeitswelt ist bereits abseits von Krisen für viele Frauen ein hartes Pflaster. So unterbrechen sie nicht nur für Pflegearbeit und Kinderbetreuung vielfach ihre Karrieren, sondern landen daraufhin auch viel zu oft in prekären Arbeitsverhältnisse mit niedrigen Löhnen. Das bedeutet nicht nur eine ungewisse Zukunft, sondern auch ein niedriges Einkommen, das sich schlussendlich auf die Pension auswirkt. Alles freiwillig? Mitnichten. Denn die Gesellschaft sieht Betreuungs- und Pflegearbeit weiterhin als scheinbar gottgegebenes Frauenthema.

So sind selbst im Jahr 2023 Ganztagsschulen- und kindergärten, vor allem im ländlichen Raum, eine Ausnahmeerscheinung. Beruf und Kinder zu vereinen – auch ohne Krise ein Drahtseilakt. Und nicht erst die Corona-Pandemie zeigte, wie auf dem Rücken der Frauen die Wirtschaft am Laufen gehalten wird. Die meisten Alleinerziehenden sind noch immer weiblich und dass besonders sie durch die aktuellen Preissteigerungen massiv in die Ecke gedrängt werden, lässt sich nicht von der Hand weisen. Dazu kommt, dass Frauen in prekären Arbeitsverhältnissen Arbeitsschutz und geregelte Arbeitszeiten nur vom Hörensagen kennen.

Frauen und Krisen: Die großen Verlierer:innen?

Für Käthe Leichter war bereits 1926 klar: Die Krisenverlierer:innen sind Frauen. Denn wenn sie davon spricht, dass die „Wirtschaftskrise sich dort auswirkt, wo die Linie des geringsten Widerstandes ist – eben bei den arbeitenden Frauen“, werden die Parallelen zur Gegenwart deutlich. 1926 ging das „Gespenst des Abbaues“ um und befeuerte den chronisch weiblichen Zwiespalt, „entweder auf den oft primitivsten Schutz zu verzichten oder arbeitslos zu werden“, zusätzlich.

Dazu gesellte sich eine indirekte Betroffenheit weiblicher Beschäftigter. „Mit ihrem Verdienst auch den anderer arbeitslos gewordener Familienmitglieder zu bestreiten“, war die Realität vieler Frauen. Das wiederum wussten die vorrangig männlichen Unternehmer für ihre Zwecke auszunutzen, Arbeitsschutz und gesetzlich begrenzte Arbeitszeiten wurden zu absoluten Fremdwörtern. Und die Frauen? Sie berichteten von „80- bis 100-stündigen Arbeitswochen“. Und das alles in einer kapitalistischen Gesellschaft, „die von der Heiligkeit der Frau phantasiert und doch die schwersten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schädigungen der Frauen ruhig hinnimmt, sobald sie ein Mittel bedeuten, die Betriebskosten zu senken“.

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