Schlupflöcher, Greenwashing und Hoffnungsschimmer bei der COP28

Hände halten Baumskulptur. Symbol der Erhaltung und Schutz der Natur im Rahmen der COP28 in Dubai.
Eine Skulptur am Rande der COP28 in Dubai. | © Adobestock/Mike Dot
Bei der COP28 bleibt der große klimapolitische Wurf aus. Doch die Staatengemeinschaft hat im Kampf gegen die Klimakatastrophe Fortschritte gemacht.
Den erhofften Ausstieg aus der fossilen Energie hat die Staatengemeinschaft auf der COP28 (Conference of the Parties) nicht beschlossen. Immerhin soll es eine „Abkehr“ geben. Außerdem haben die 197 Länder einen Finanztopf für klimabedingte Schäden beschlossen. Das allein sind bereits konkretere Ergebnisse, als viele Expert:innen vor der Konferenz in Dubai erwartet hatten. Dass mit Sultan Ahmed Al Jaber ausgerechnet der CEO eines Ölkonzerns Präsident der Veranstaltung war, hatte im Vorfeld nicht gerade Vertrauen in die Veranstaltung zum Kampf gegen die Klimakatastrophe geweckt. Das zähe Ringen um den Abschlusstext zeigte dann auch, dass die Skepsis angebracht war.

Abschlusstext der COP28

Die 28. COP in Dubai wird nicht zu einem Synonym des Klimaschutzes werden, wie es das Klimaabkommen von Paris oder das Kyoto-Protokoll geschafft haben. Zu gering sind die Fortschritte, zu vieles bleibt ungelöst. Doch die Ergebnisse gehen immerhin deutlich weiter, als es viele vorab erwartet hatten. Das Abschlussdokument ­­– oder „UAE-Consensus“, wie es COP-Präsident Sultan Al Jaber nennt –  umfasst 21 Seiten. Alle 197 haben sich darüber verständigen können. Die vier zentralen Inhalte:

  • Verdreifachung der erneuerbaren Energien und Verdoppelung der Energieeffizienz bis zum Jahr 2030,
  • Abkehr von fossilen Brennstoffen in Energiesystemen innerhalb dieses „kritischen Jahrzehnts“,
  • Förderung von emissionsfreien und emissionsarmen Technologien (Erneuerbare Energien, Wasserstoff, Kernenergie sowie Kohlenstoffabscheidung und -speicherung),
  • Reduzierung der Nicht-CO₂-Emissionen bis zum Jahr 2030 (insbesondere Methan).
Eine Fahen der COP28 weht vor blauem Himmel im Wind.
Bei der COP28 haben sich nach heftigen Diskussion 197 Länder auf einen Kompromiss geeinigt. | © Adobestock/Rafael Henrique

Im Text ist auch die Erkenntnis verankert, dass die Nationen bislang nicht auf dem richtigen Weg seien, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Dies sei nur möglich, wenn die Treibhausgase schnellstmöglich reduziert würden. Zum ersten Mal überhaupt haben damit die fossilen Energien als Ganzes den Weg in einen COP-Abschlusstext gefunden.

Konkret heißt es, dass die globalen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 nur um 5,3 Prozent gegenüber 2019 sinken würden, wenn die aktuell vorliegenden national festgelegten Beiträge (NDC) vollständig umgesetzt würden. Tatsächlich brauche es aber eine Verringerung um 43 Prozent bis zum Jahr 2030, um 60 Prozent bis zum Jahr 2035 und Netto-Null-Emissionen bis zum Jahr 2050. Zumindest, wenn das 1,5-Grad-Ziel eingehalten werden sollte.

Streit um den Abschlusstext der COP28

Dass es überhaupt zu einem klimapolitisch vergleichsweise ambitionierten Abschluss gekommen ist, ist vorwiegend den europäischen Ländern geschuldet. Gegen die geforderte Formulierung des „Ausstiegs aus den fossilen Brennstoffen“ hatte es erbitterten Widerstand von den arabischen Ländern gegeben. Entsprechend unpräzise fiel der erste Entwurf einer Abschlusserklärung aus, den Sultan Ahmed Al Jaber am vorletzten Tag der COP28 präsentiert hatte. Für die Vertreter:innen europäischer Länder, der Inselstaaten und der Klimaschutzbewegung stellte das Papier einen Affront dar.

„Nicht akzeptabel“, nannte Deutschland Außenministerin Annalena Baerbock das Papier. „Fassungslos über ein derart unverbindliches Papier“, war Martin Kaiser, Geschäftsführer von Geenpeace Deutschland. Und die Gruppe der Inselstaaten AOSIS resümierte: „Komplett unzureichend, unsere Stimmen wurden nicht gehört.“ Die COP28 musste daher verlängert werden. Das ist allerdings nicht unüblich, da die entsendeten Vertreter:innen geänderte Beschlüsse häufig mit ihren Regierungschefs abstimmen müssen. Bei 197 teilnehmenden Ländern ist die Zeitverschiebung dabei mitunter enorm.

Kritik am Abschlusspapier der COP28

Doch auch der erreichte Kompromiss stellte längst nicht jeden zufrieden. Bereits beim Abschlussplenum der COP kritisiert Samoa im Namen der Inselstaaten, dass zwar das Ende der „ineffizienten“ Subventionen für Fossile Energien erwähnt ist, es aber keine Definition des Begriffs gäbe. Auch die Aufforderung, den globalen Emissionshöchststand spätestens im Jahr 2025 zu erreichen, sei nicht im Text.

Greenpeace Österreich stört sich vor allem an den bestehenden Lücken.  „Besorgniserregend ist jedoch, dass das Abschlussdokument Schlupflöcher enthält, die gefährlichen Scheinlösungen wie der Kohlenstoffspeicherung oder Atomkraft Tür und Tor öffnen. Österreich darf sich davon nicht beirren lassen und muss auch hierzulande Öl- und Gasprojekten eine klare Absage erteilen“, so Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich.

Sie betont jedoch auch die positiven Aspekte der Abschlusserklärung. „Endlich wird der Teufel beim Namen genannt. Die fossile Industrie, die mit ihrem skrupellosen Handeln das Klima zerstört und Menschenleben bedroht, hat ein Ablaufdatum erhalten. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorn und ein echter Hoffnungsschimmer am Horizont.“

Ausgleichsfonds „Loss and Damage“

Ein weiterer zentraler Punkt der COP28 ist der Ausgleichsfonds „Loss and Damage“. Reiche Nationen können hier Geld einzahlen, mit dem dann Entwicklungsländer schnell beim Wiederaufbau nach klimabedingten Naturkatastrophen unterstützt werden. Bereits zum Start der Konferenz sagten Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate jeweils 100 Millionen Dollar zu.

Auch Österreich wird sich finanziell beteiligen und zahlt 35 Millionen Euro:

  • 20 Millionen Euro gehen in den „Adaption Fund“, der bereits im Rahmen des Kyoto-Protokolls gegründet wurde.
  • 12 Millionen Euro stehen für das World Food Programm für Maßnahmen in der Sahel-Zone
  • 3 Millionen Euro fließen in CREWS (Climate Risk Early Warning Systems). Ein Finanzierungsmechanismus, der Projekte in den am wenigsten entwickelten Ländern finanziert, um Frühwarndienste einzurichten.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler bei der Abschlusskundgebung der COP28 in Dubai.
„Wir müssen weg von den fossilen Energien. Das hat die Weltgemeinschaft heute beschlossen.“, erklärt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nach der COP 28. | © BMK/Cajetan Perwein

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sieht in der Abschlusserklärung der COP28 durchaus einen Erfolg. „Der Hammer ist gefallen, der Beschluss ist gefasst. Die Welt verabschiedet sich von den fossilen Energien. Das ist ein riesiger Schritt nach vorne“, fasst sie ihren Standpunkt zusammen. Österreich selbst hinkt den eigenen Zielen allerdings hinterher. „Wir sind mit gedämpften Erwartungen nach Dubai gekommen. Die letzten Tage haben gezeigt, wie schwierig und mühsam die Verhandlungen sind. Umso wichtiger und umso bedeutsamer ist diese Einigung. Klar: Nicht alles im Text ist so gut, wie wir es uns gewünscht haben“, schränkt Gewessler allerdings auch ein. Doch gerade angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen sei die erzielte Einigung von hoher Bedeutung.

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Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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