Trinkt ChatGPT bald unser Wasser weg?

Ein Roboter tippt auf einer Tastatur. Symbolbild für den Wasserverbrauch von KI. | © Adobe Stock/M.Dörr & M.Frommherz
Wie viel Wasser wird verbraucht, wenn wir ChatGPT eine E-Mail schreiben lassen? Ein Überblick. | © Adobe Stock/M.Dörr & M.Frommherz
Generative KIs wie ChatGPT, Stable Diffusion oder Google Gemini versprechen Effizienz und praktische Anwendungsmöglichkeiten. Doch was Zeit sparen soll, kann an einem anderen Fleck der Welt Dürren, Waldbrände und steigende Energiekosten nach sich ziehen.

Wer sich von ChatGPT eine 100-Wörter-E-Mail generieren lässt, verbraucht damit einen halben Liter Wasser. Rechnet man das auf eine konservative Nutzung eines Large Language Models hoch – eine E-Mail pro Woche für jede zehnte arbeitende Person in den USA – entspricht das aufs Jahr gerechnet dem Wasserverbrauch von 1,5 Millionen Menschen an einem Tag. Mit dieser Statistik ließ die Washington Post 2024 aufhorchen. Seither hat sich die Zahl der aktiven ChatGPT-Nutzer:innen weltweit laut der Trend-Analyse-Plattform Exploding Topics, auf 800 Millionen verdoppelt. Und: Die neuen Modelle der Software sind nur noch energiehungriger geworden.

Die Effekte für Menschen und Umwelt könnten fatal sein, insbesondere nahe der Rechenzentren. Laut Daniel Bresette, Präsident der Non-Profit-Organisation Environmental and Energy Study Institute (EESI), werden höhere Kosten für Wasser und Energie die drängendsten Sorgen der Bevölkerung in der Nähe von Datencentern werden“.

Wieso trinkt ChatGPT Wasser?

Doch wie kann eine sogenannte künstliche Intelligenz überhaupt so viel Wasser verbrauchen? Die Antwort hierfür liegt in den Rechenzentren, wie das EESI in einem Artikel erklärt: Um eine generative KI zu betreiben, braucht es große Mengen an leistungsfähigen Prozessoren, wie sie auch in Laptops, Spielekonsolen und Smartphones verbaut sind. Hier werden sie jedoch zu Hunderten und Tausenden in großen Rechenzentren zusammengeschlossen.

Diese benötigen zum einen Energie. Gerade KI-Rechenzentren verbrauchen hierbei wesentlich größere Mengen als konventionelle Rechenzentren, wie Alexander Windbichler, CEO des österreichischen Rechenzentrum-Unternehmens Anexia, erklärt. Anexia betreibt weltweit über 100 Datenzentren. „Der große Unterschied zwischen einem Computer-Rechenzentrum für herkömmliche Rechenaufgaben und einem KI-Rechenzentrum ist der Energieverbrauch. Ein KI-Rechenzentrum benötigt zehn- bis 20-mal mehr Energie.“

Der große Unterschied zwischen einem Computer-Rechenzentrum
für herkömmliche Rechenaufgaben und einem KI-Rechenzentrum ist der Energieverbrauch.
Ein KI-Rechenzentrum benötigt zehn- bis 20-mal mehr Energie. 

Alexander Windbichler, CEO von Anexia

Zum anderen produzieren KI-Rechenzentren große Mengen an Hitze. Man kennt das von der Wärme, die ein Laptop generiert, wenn zu viele Webseiten geöffnet sind. Damit nichts überhitzt, muss man die vielen Prozessoren kühlen und das passiert bei KI-Rechenzentren meistens mit Wasser.

Das Problem der Kühlung

Genau diese Wasserkühlungen werden zum Problem. Gerade in Regionen, in denen viele Rechenzentren errichtet wurden, wie zum Beispiel in Loudoun County im US-Bundesstaat Virginia. Hier sind bereits rund 200 Datencenter in Betrieb, weitere sind geplant. Ihr Ausbau hat Folgen: In vier Jahren ist der Verbrauch von Trinkwasser durch Datencenter um 250 Prozent gestiegen.

Auf die Frage, ob so überhaupt noch genug Wasser für die Bevölkerung bleibe, gibt EESI-Präsident Bresette  nur für den Moment Entwarnung: „Die Trinkwasservorräte von Loudoun County reichen aus, um den aktuellen Bedarf von Rechenzentren, Haushalten und anderer Nutzung zu decken.“ Ob das auch in Zukunft der Fall bleiben wird, sei aber eine andere Frage. „Wasser ist ein begrenztes Gut, und ein deutlicher Anstieg der Nachfrage wird insbesondere in Zeiten anhaltender Dürre zu einer Belastung für die Vorräte führen.“

Bauvorhaben könnten Lage verschärfen

Das gilt nicht nur in den USA, sondern könnte zum Beispiel auch die Region Aragonien im Norden von Spanien betreffen, wie der Guardian berichtet. Dabei handelt es um genau eines jener Gebiete, das erst 2023 von starken Dürren und Waldbränden betroffen war. Hier will Amazon drei neue Datencenter errichten, die laut Plan fast 756.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr verbrauchen dürften. Das entspricht circa dem jährlichen direkten Wasserverbrauch von 16.000 Personen in Österreich.

In einem Antrag an die regionale Regierung fragte das US-Unternehmen an, sogar noch mehr verwenden zu dürfen. Das sei laut der Anfrage notwendig, da „der Klimawandel zu einem Anstieg der globalen Temperaturen führe und zu einer höheren Frequenz an Extremwetterereignissen, inklusive Hitzewellen.“ Ein Anstieg, der durch genau solche Bauvorhaben erst erzeugt und zusätzlich befeuert wird. Der Einfluss von Datencentern auf den globalen Stromverbrauch soll laut Schätzungen bis 2030 auf 945 Terrawattstunden verdoppeln. Das entspricht circa dem heutigen Stromverbrauch von Japan.

Auch Google und Microsoft, zwei andere Riesen des Rechenzentrum-Sektors mit diversen Bauvorhaben, betreiben Rechenzentren mit ähnlichen Bedingungen. 2023 räumte Microsoft ein, 42 Prozent des dafür genutzten Wassers stamme aus „Regionen mit Wasser-Belastung“ und Google gab an, dass 15 Prozent des Wasserverbrauchs in Gebieten mit „großer Wasserknappheit“ geschehe.

Die Lage in Österreich

Die Wasserversorgung in Österreich stellt seltener ein Problem dar als zum Beispiel in Aragonien, doch auch hierzulande steigt die Gefahr von Dürren laut einer Abschätzung für das österreichische Parlament, durchgeführt von den Instituten für Technikfolgenabschätzung der österreichischen Akademie der Wissenschaften und des Karlsruher Instituts für Technologie. Gleichzeitig boomen Rechenzentren, auch bei uns. Anexia-CEO Windbichler zufolge sei keine genaue Zahl bekannt, „allerdings würden wir die Anzahl der Rechenzentren in Österreich zwischen 50 und 100 schätzen.“ Unter anderem eröffnete Microsoft kürzlich drei Rechenzentren in Niederösterreich.

Sowohl für das EESI als auch Windbichler müssen Rechenzentren jetzt und in Zukunft als Wasserkreislauf betrieben werden. Wasser soll also nicht durchlaufen und zur Gänze in Wärmetauschern direkt an den Prozessoren verdampfen, sondern in einem geschlossenen System bleiben, das sogar noch positive Nebeneffekte erzielt. “Das Idealszenario wäre, wenn dieser Kreislauf mit einem Fernwärmenetz gekoppelt werden würde, damit die entstandene Wärme weiter genutzt werden kann“, so der Anexia-CEO. Schon jetzt nutzt die Wien Energie zum Beispiel die Abwärme eines Rechenzentrums, um die Klinik Floridsdorf zu beheizen.

Die vierte industrielle Revolution rauscht heran – angetrieben von KI. 🤖

Und siehe da: In einem Punkt ist sie der alten Dampfmaschine ähnlich: Sie ist politisch. Was das bedeutet, zeigt die Firma Eaton, die @johannes-gress.at für uns besucht hat. 👇

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— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@aundwmagazin.bsky.social) 13. Mai 2025 um 17:15

Es braucht klare und strenge Regeln, wie, wo und wann Rechenzentren für generative KI errichtet werden dürfen sowie einen weiteren Ausbau von Erneuerbaren. Bis dahin können Unternehmen ihren Anteil leisten, indem sie den Einsatz von Tools von Google Gemini oder DALL-E bewusst steuern, um den Energie- und Wasserbedarf zu minimieren. Muss wirklich jedes Foto für Marketing-Sujets von generativer KI erstellt werden? Jeder Quartalsbericht von ChatGPT korrigiert? Und: Ist es eine Option, die 100-Wörter-E-Mail doch selbst zu schreiben? Ein bewusster Einsatz dieser Tools kann in einem Rechenzentrum am anderen Ende der Welt die Energiekosten senken und damit auch die Wasserbelastung für die lokale Bevölkerung verringern.

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Über den/die Autor:in

Flo Born

Flo Born ist freie*r Jounalist*in aus Graz. They schreibt vor allem über Themen in den Bereichen Technologie, Stadtentwicklung und mentale Gesundheit.

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