Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung – wer bezieht was?

Illustration einer Schulklasse
Illustration (C) Natalia Nowakowska
Wie genau unterscheiden sich diese Notstandshilfe, Mindestsicherung und Arbeitslosengeld? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein? Zahlen, Daten, Fakten zum Status Quo.
Die Arbeitslosenversicherung mit dem Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe bilden in Kombination mit den Sozialleistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung die Basis des sozialen Netzes in Österreich. Dazu gehören auch die Pflege und die Pension.

Arbeitslosengeld: strenge Regeln

Bezüge aus der Arbeitslosenversicherung sind an diverse Kriterien, wie bereits erworbene Versicherungszeiten, gekoppelt. Eine Voraussetzung ist es, in Österreich oder einem anderen EU-Staat unselbstständig, und versicherungspflichtig gearbeitet zu haben.

Wer zum ersten Mal Arbeitslosengeld beantragt und jünger als 25 Jahre ist, muss zumindest 26 Wochen des vorhergehenden Jahres einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen sein. Ab dem 25. Lebensjahr sind es 52 Wochen in den zwei vorhergehenden Jahren. Bei wiederholtem Antrag reichen 28 Wochen innerhalb eines Jahres.

Eine weitere wichtige Voraussetzung ist die aktive Arbeitssuche und auch die Teilnahme an AMS-Kursen ist beispielsweise vorgeschrieben. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, muss mit einer Geldsperre von mindestens sechs Wochen rechnen. Bei weiteren Verstößen kann die Ausschlusspflicht auch verlängert werden. Dreimaliges Vergehen hat den Ausschluss aus der Arbeitslosenversicherung zur Folge. Man erhält kein Arbeitslosengeld mehr. Strenge Regeln also.

Durschnittsbezug Arbeitslosengeld pro Monat

Durchschnittsbezug Frauen
2022
€ 958

Durchschnittsbezug Männer
2022
€ 1.159

Im Schnitt lag der Arbeitslosengeldbezug deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.371 Euro. Den aktuellsten Daten zufolge erhielten bezugsberechtigte Frauen im Jahr 2022 durchschnittlich 958 Euro und Männer 1.159 Euro.

Grundsätzlich wird Arbeitslosengeld für 30 Wochen gewährt. Der Anspruch kann sich um bis zu vier Jahre erhöhen. Anfangs werden 55 Prozent des letzten einschlägigen Nettolohns ausbezahlt, beispielsweise 935 Euro bei einem Einkommen von 1.700 Euro netto. Hinzukommen kommen Ergänzungsbeträge und Familienzuschläge. Das entspricht höchstens 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens, in unserem Beispiel also 1.360 Euro. Die Auszahlung kann sich verzögern, wenn etwa mit der Kündigung noch Resturlaub offen war. Im Jahr 2022 waren 221.100 Menschen arbeitslos gemeldet in Österreich.

Grundsätzlich gilt: Je länger Arbeitslosengeld bezogen wird, desto geringer wird es. Je länger jemand in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, desto länger kann man Unterstützung beziehen. Danach ist nur mehr der Bezug der Notstandshilfe möglich.

Notstandshilfe: am Limit

Die Versicherungsleistung der Notstandshilfe kann unbegrenzt bezogen werden, wird aber höchstens für je 12 Monate bewilligt. BezieherInnen müssen also nach spätestens einem Jahr einen neuen Antrag stellen. Dieser kann schon erfolgen, bevor der Bezug des Arbeitslosengeldes endet.

Die Höhe des Notstandsgeldes wird anhand des aktuell gültigen Existenzminimums bzw. dem daraus abgeleiteten Ausgleichszulagenrichtsatz (AR) errechnet. Der beträgt im Jahr 2024 1.217,96 Euro für Alleinstehende und 1.921,46 Euro für Paare. Wie beim Arbeitslosengeld richtet sich die Höhe der Notstandshilfe nach den geleisteten Arbeitslosenversicherungs-Beiträgen. Für das Jahr 2024 hat die Regierung die Basisleistung für eine alleinlebende Person auf maximal 1.156 Euro festgelegt.

Durchschnittlicher Tagessatz Notstandshilfe

Durchschnittsbezug Frauen
2022
€ 27,00

Durchschnittsbezug Männer
2022
€ 30,70

Ohne angerechnetes Einkommen bekommen Sie in der Regel 95 Prozent des Grundbetrags Ihres Arbeitslosengeldes und 95 Prozent des Ergänzungsbetrags. Wichtig: Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes muss unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz des ASVG liegen. Ist der Grundbetrag höher, liegt die Höhe der Notstandshilfe bei 92 Prozent. Im Schnitt erhielten Frauen im Jahr 2022 27 Euro pro Tag, Männer 30,70 Euro. Seit dem 1. Juli 2018 wird das Partnereinkommen in die Berechnung des Anspruches nicht mehr miteinbezogen. Davon profitieren vor allem Frauen mit niedrigem Einkommen.

Nach sechs Monaten wird die Notstandshilfe gedeckelt. Je nach vorherigem Arbeitslosengeldbezug wird eine Obergrenze eingezogen. Für 2024 gelten folgende Leitlinien:

  • Höchstens 40,60 Euro pro Tag, wenn Sie zuvor 20 Wochen Arbeitslosengeld bezogen haben
  • Höchstens 47,33 Euro pro Tag, wenn Sie zuvor 30 Wochen Arbeitslosengeld bezogen haben.
  • Haben Sie aufgrund ihres Alters zwischen 39 und 52 Wochen Arbeitslosengeld bezogen, wird die Notstandshilfe nicht gedeckelt.
Zahlen zu Arbeitslosengeld und Notstandshilfe
In Österreich bezogen im Jahr 2022 durchschnittlich 108.935  Arbeitslosengeld. Die Personen erhielten im Schnitt 35,89 Euro pro Tag. Im gleichen Zeitraum gab es im Jahresdurchschnitt 124.292 Menschen, die eine Notstandshilfe bezogen.
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Was Arbeitslosengeld und Notstandshilfe gemeinsam haben

Der Antrag auf Arbeitslosengeld sowie auf Notstandshilfe erfolgt immer beim zuständigen Arbeitsmarktservice im Wohnbezirk. Beide Leistungen werden monatlich im Nachhinein ausbezahlt. Bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 518,44 Euro darf ohne Abschläge dazuverdient werden. Man ist in beiden Fällen krankenversichert, ohne Sozialbeiträge zahlen zu müssen. Angehörige ohne eigene Krankenversicherung sind mitversichert.

Je älter jemand ist, je länger berufstätig und je besser gebildet, desto höher sind die Bezüge während der Arbeitslosigkeit. Männer sind statistisch gesehen durchwegs besser versorgt als Frauen. Man kann Arbeitslosengeld, respektive Notstandshilfe und gleichzeitig auch Mindestsicherung beziehen.

Mindestsicherung: von Land zu Land

Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld und zur Notstandshilfe ist die Bedarfsorientierte Mindestsicherung – allgemein nur Mindestsicherung – keine Arbeitslosenleistung. Sie ist eine Sozialleistung, also steuerfinanziert. Bedürftige müssen nicht eingezahlt haben, um bezugsberechtigt zu sein.

EU-BürgerInnen müssen aber mindestens fünf Jahre rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich leben. Menschen, die Mindestsicherung zusätzlich zu ihrem geringen Einkommen beziehen, nennt man AufstockerInnen. Darunter sind prekär Beschäftigte und solche, die in Teilzeit tätig sind. Insgesamt macht die Bedarfsorientierte Mindestsicherung seit Jahren unter ein Prozent der Sozialausgaben aus. Eine Diskussion um vermeintliche Belastungen der Staatskasse durch die Mindestsicherung und Kürzungen in diesem Bereich ist also fehl am Platz.

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist landesgesetzlich geregelt und der Antrag muss im Wohnbezirk gestellt werden. Die Höhe der Unterstützungsbeträge ist bundesweit unterschiedlich. Arbeitsfähige Personen, das sind etwa ÖsterreicherInnen, EU-BürgerInnen und anerkannte Flüchtlinge, müssen sich jedoch beim AMS vormerken lassen und ihre Arbeitswilligkeit beweisen.

Bei allen Unterschieden zwischen Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe ist immer die soziale Notlage das wesentliche Anspruchskriterium für alle Leistungen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin. Die Notlage liegt dann vor, wenn durch eigene Mittel wie Sparbuch, Lohn, Familienbeihilfe usw. der Lebensunterhalt nicht bestritten werden kann.

AsylwerberInnen können erst Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen, wenn das Verfahren positiv abgeschlossen ist. Davor verbleiben sie in der sogenannten Grundversorgung. Entscheidend ist, dass sie Unterstützung erhalten. Allerdings wurden die Leistungen für diese Personengruppen in Nieder- und Oberösterreich gekürzt. In einer aktuellen Entscheidung des europäischen Gerichtshofes wurde klargestellt, dass eine geringere Mindestsicherung für Asylberechtigte mit einem befristeten Aufenthaltsrecht rechtswidrig ist.

Weiterführende Artikel auf dem A&W-Blog

Kein Auskommen mit dem Arbeitslosengeld in Österreich Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik Leben in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung Herausforderungen bei der Wiener Mindestsicherung

Über den/die Autor:in

Zoran Sergievski

Zoran Sergievski, geboren 1988 in Hessen, freier Journalist und Lektor. Studierte Publizistik in Wien. Schreibt seit 2007 für diverse Websites, Zeitschriften und fürs Radio, am liebsten über Medien, Rechtsextreme und Soziales. Lebt mit Kleinfamilie in Wien.

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